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Kurz rechnet ab

"Empfinde Urteil als extrem ungerecht"

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Im großen Interview mit Niki Fellner in FELLNER!LIVE rechnet Sebastian Kurz mit der Justiz, der Politik und seinen Kritikern beinhart ab.

In FELLNER!LIVE erklärte Ex-Kanzler Sebastian Kurz im Talk mit Niki Fellner seine Gemütslage nach dem erstinstanzlichen Urteil von acht Monaten bedingt wegen falscher Zeugenaussage, das noch nicht rechtskräftig ist: "Es geht mir eigentlich noch nicht anders als am Tag des Urteils. Ich bin relativ gefasst, aber ich finde es sehr ungerecht. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass das Verfahren so ausgehen kann."

Berufung. Natürlich werde er in Berufung gehen: "Ich habe mit vielen Juristen geredet. Die halten es nicht für denkbar, dass man wegen Nuancen verurteilt wird. Deshalb gehen wir in Berufung. Ich bin sehr optimistisch für die zweite Instanz."

Das "Feedback vieler Experten" sei der Grund dieses Optimismus: "Sie alle haben mir geraten, das Urteil anzufechten. Ich habe so viel Restvertrauen ins System, dass wir das gewinnen werden."

Polit-Justiz. Ob er sich als Opfer eines Polit-Urteils und einer politischen Justiz sehe, beantwortete Sebastian Kurz so: "Natürlich geht es da um ein politisches Setting. Da war zuerst der U-Ausschuss, dann haben Politiker die Strafanzeige gegen mich geschrieben, die letztlich das gesamte Verfahren ausgelöst hat. Ich muss ein Urteil im Rechtsstaat natürlich zur Kenntnis nehmen, auch wenn ich es sehr ungerecht empfinde und ich meine Meinung dazu klar äußern werde."

Kurz fühlt sich von der WKStA (Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft) doch auch politisch verfolgt: "Natürlich habe ich eine Politik mit Ecken und Kanten gemacht. Damit macht man sich nicht nur Freunde. Leider gibt es einen Trend, mit der Justiz über Strafanzeigen und Prozesse Politik zu machen. Ich finde das nicht gut für die Demokratie, da Politik eher ein Wettbewerb der besten Ideen sein sollte. Außerdem kennt jeder Polit-Interessierte das Setting eines U-Ausschusses mit vielen Zwischenrufen und in meinem Fall einer vierstündigen, sehr emotionalen Befragung. Würde man bei allen den Maßstab anlegen, den man bei mir genommen hat, würden sehr viele Menschen strafrechtlich verfolgt werden müssen. Selbst der Richter hat bestätigt, dass ich nicht falsch ausgesagt habe, sondern nur der Grad der Einbindung zu gering dargestellt wurde. Deshalb wehre ich mich gegen das Urteil und hoffe, dass das gut ausgeht."

Abrechnung mit Schmid. Für seinen Ex-Weggefährten Thomas Schmid hat Kurz wenig schmeichelhafte Worte übrig: "Da stellt sich einer hin und sagt, dass er eine Lebensbeichte abgelegt hat und ein guter, anderer Mensch geworden ist. Und dann fabriziert er danach einen Lebenslauf, in dem er behauptet, 2017 eine Geiselbefreiung gemanagt zu haben. Diesem Menschen wird jetzt mehr geglaubt als allen anderen Zeugen." Kurz hält es sogar für denkbar, dass Schmid jetzt trotzdem den Kronzeugenstatus erhält: "Ich habe mittlerweile das Gefühl, dass da alles möglich ist."

Der Ex-Kanzler glaubt auch nicht, dass sein Verfahren den anlaufenden Wahlkampf beeinflussen werde: "Da geht es um die Zukunft und nicht um vier Jahre zurückliegende Aussagen. Deshalb bin ich optimistisch für die ÖVP, wo jetzt ein neues Team einen sehr guten Wahlkampf liefern wird."

Comeback? Comeback-Pläne hegt Kurz, so sagt er, jedenfalls keine: "Ich habe vor zwei Jahren die Politik verlassen, weil ich durch die vielen Vorwürfe die Freude an der Arbeit verloren habe. Ich habe mein Jahrzehnt in der Politik sehr genossen, wir haben auch sehr viel weiter gebracht, insbesondere in der Zeit mit der FPÖ. Das war großartig, aber jetzt bin ich Vater und Unternehmer - und das mit großer Begeisterung."

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