Gipfel in Paris

Nehammer zu Treffen mit Putin bereit

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Bundeskanzler Karl Nehammer traf Frankreichs Emmanuel Macron, Deutschlands Olaf Scholz und mehere weitere Regierungschefs zum Ukraine-Gipfel. Macron warnte vor Putins Angriff auf Europa: "Putin darf nicht gewinnen."

Paris/Wien. Anlässlich des zweiten Jahrestages des russischen Angriffskriegs hat der französische Präsident Emmanuel Macron bei einem Sondergipfel in Paris zu einem gemeinsamen "Sprung" bei der Ukraine-Hilfe aufgerufen. 21 Staats- und Regierungschefs nahmen an dem Treffen teil. Bundeskanzler Karl Nehammer sprach sich dabei für Verhandlungen mit Russland aus. Es gehe darum, "volle Solidarität" mit Kiew zu zeigen und sich gleichzeitig dafür "einzusetzen, dass das Sterben ein Ende" hat.

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Im dritten Kriegsjahr müsse "mehr" getan werden, sagte der Kanzler (ÖVP) am Montagnachmittag gegenüber österreichischen Journalisten in Paris. Der Westen brauche mehr Verbündete auf der Welt. Nehammer plädierte dafür, die BRICS-Staaten "viel stärker einzubinden", um ausreichend Druck auf Russland und Präsident Wladimir Putin ausüben zu können, den Angriffskrieg zu beenden. Der Staatengruppe gehören außer Russland unter anderem Brasilien, Indien, China und Südafrika an. Nach den Gesprächen erklärte Nehammer, dass auch andere Länder bei der Ukraine-Unterstützungskonferenz diese Position geteilt hätten. Er nannte etwa Irland, Slowenien und Griechenland.

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Nehammer zu Treffen mit Putin bereit

Man müsse Putin klar machen, "dass die Kriegsform, die er gewählt hat, die Russische Föderation und ihn in eine Sackgasse führt." Und, so ergänzte Nehammer: "Es braucht auch Putin am Verhandlungstisch, weil wir sonst keinen Frieden erreichen werden." Nehammer war der letzte westliche Regierungschef, der Putin persönlich getroffen hat. Er schloss auch ein künftiges Treffen mit Putin nicht aus: "Wenn es dienlich ist, wenn es hilft, würde ich es auch wieder tun."

Macron warnte zum Auftakt der Konferenz vor Angriffen auf Europa: "Russland bereitet neue Angriffe vor", meldete die französische Nachrichtenagentur AFP. Eine Verhärtung Russlands sei sichtbar. Die härtere Linie habe sich durch den Tod des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny gezeigt, aber auch durch Desinformationskampagnen im Westen. "Die allgemeine Feststellung heute ist, dass unser aller Sicherheit auf dem Spiel steht", betonte Macron.

"Russland darf den Krieg nicht gewinnen"

"Russland darf den Krieg nicht gewinnen", erklärte Macron. "Ein gemeinsamer Sprung von uns allen ist nötig." Die Konferenzteilnehmer sollten darüber beraten, wie die Ukraine-Hilfe verstärkt, aber auch besser an die ukrainischen Bedürfnisse angepasst werden könne. Mit konkreten Hilfszusagen wurde jedoch nicht gerechnet.

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Eine "gefährliche Eskalation der Spannungen" mit Russland befürchtete der slowakische Ministerpräsident Robert Fico. Einzelne Länder, die er nicht namentlich nennen wollte, seien offenbar bereit, eigene Soldaten direkt in die Ukraine zu schicken. Das aber würde Russland nicht zum Einlenken bewegen, sehr wohl aber die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts vergrößern. Für den Konflikt gebe es "keine militärische Lösung", sagte Fico. Stattdessen müsse eine Gruppe von EU-Staaten versuchen, Gespräche mit Russland aufzunehmen. Nur so könne man die Ukraine vor noch mehr Zerstörung und Toten bewahren und eine Ausweitung des Kriegs verhindern.

21 europäischen Staatschefs im Elysee-Palast

Die 21 europäischen Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter der USA, Kanadas und Großbritanniens waren auf Initiative Macrons im Elysee-Palast zusammengekommen. Vorläufigen Informationen zufolge waren die Staats- und Regierungschefs von Rumänien, Polen, Finnland und Litauen sowie der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der britische Außenminister David Cameron, der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez, der geschäftsführende niederländische Ministerpräsident Mark Rutte und seine Amtskollegen aus Belgien, Irland, Slowenien, Kroatien, der Tschechischen Republik, Dänemark, Estland, Finnland, Griechenland, Lettland, Luxemburg, Norwegen, Portugal und anderen Ländern ihre Teilnahme bei dem kurzfristig anberaumten Treffen dabei.

Die Vereinigten Staaten wurden durch den stellvertretenden US-Außenminister für europäische und eurasische Angelegenheiten, James O'Brien, und Kanada durch Verteidigungsminister Bill Blair vertreten. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ließ sich durch einen Vizeaußenminister vertreten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nahm per Videoschaltung teil.

"Streben nach einer Verhandlungslösung"

Nehammer betonte, Selenskyjs Friedensplan ebenso zu unterstützen wie die geplante Friedenskonferenz in der Schweiz. "Es braucht das Streben nach einer Verhandlungslösung und das Stärken der Menschen in der Ukraine." Eine Verhandlungslösung sei nur möglich, wenn niemand denke, dass er in der stärkeren Position sei. "Die Russische Föderation darf keinen Erfolg haben."

Auch die am Montag erfolgte Zustimmung Ungarns zum NATO-Beitritt Schwedens zeige, "dass ein Großteil der Strategie Russlands fehlgeschlagen ist", betonte Nehammer. "Das russische Narrativ einer gefährlichen NATO wird nach diesem Krieg viel realistischer als davor, weil die Staaten jetzt alle aufrüsten." Und er fügte hinzu: "Wenn es darum ging, mit dieser Aktion die russischen Sicherheitsinteressen auszubauen, dann war das ein klarer Fehlschlag."

Jede Eskalation betrachte Nehammer sorgenvoll

Jede Eskalation des Krieges betrachte er sorgenvoll, sagte Nehammer von der APA darauf angesprochen, dass Tschechiens Präsident Petr Pavel 20 Tschechen erlaubt hat, in der ukrainischen Armee zu kämpfen. "Umso mehr NATO-Staaten in den Konflikt involviert werden, umso unsicherer wird die Lage für uns alle."

Die Ukraine hatte am Sonntag beklagt, dass die westlichen Verbündeten die versprochenen Waffen verspätet liefern. Angesichts der Blockade der US-Militärhilfe für die Ukraine lastet derzeit besonderer Druck auf den europäischen Staaten, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland zu unterstützen. Mehrere Staaten, darunter Deutschland, Frankreich, Italien und Kanada haben jüngst bilaterale Sicherheitsabkommen mit der Ukraine geschlossen. Österreich will dem Land keine militärische Hilfe zukommen lassen, sieht sich aber als einer der größten Geber humanitärer Hilfe. Laut Bundeskanzleramt sind bereits 210 Millionen Euro an bilateraler Hilfe an die Ukraine geflossen.

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