Klima-Kommentar von Fridays For Future

Erholungsgebiet vs. Autobahn: Wem gehört der Raum?

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Jede Woche schreiben Klima-Aktivist*innen auf oe24.at zum Thema Klimakrise in Österreich. 

Mirjam Hohl und Alexander Schilling erklären heute, wieso die Lobau-Autobahn keine Verkehrsentlastung bringt und warum vor allem arme Menschen draufzahlen

Teil 1: Auto vor Mensch – wo bleibt die Fairness?

Milliarden ausgeben für Menschen, die sich mehr leisten können als andere: Klingt unfair? Ist es auch! Abgase, Lärm, Umwelt- und Klimazerstörung: Mit dem Bau neuer Autobahnen zahlen vor allem Ärmere drauf. Aber warum wird die Lobau-Autobahn dann gebaut? Was steckt wirklich dahinter? In zwei Teilen zeigen wir, welche Auswirkungen die geplanten Straßen auf die Menschen, die Umwelt und das Klima haben, und welche Alternativen es gibt.

Seit den 70er Jahren hat das fast schon heilige Auto eine Sonderstellung unter den Verkehrsmitteln. Obwohl zwei Drittel der Wiener*innen überhaupt keinen PKW besitzen, sind Verkehrsflächen meist für Autos reserviert. Menschen, die mit dem Rad unterwegs sind oder einfach nur durch die Gegend spazieren wollen, ziehen den Kürzeren. Wer Geld hat und sich ein Auto leisten kann, wird hier klar bevorzugt. Fair ist das nicht.

Straßenbau: Wieso arme Menschen draufzahlen

Aber was jetzt kommen soll, setzt in Sachen Unfairness noch einen oben drauf: Es werden noch mehr Straßen gebaut! Mit mehreren Milliarden Euro, die dafür ausgegeben werden sollen, stellt die geplante Lobau-Autobahn alle bisherigen Wiener Straßenbauprojekte in den Schatten. Finanziell Schwächergestellte zahlen drauf: Den Menschen wird so noch mehr Platz genommen. Was sie dazubekommen sind Lärm und Abgase. Das betrifft vor allem jene, die sich keine Wohnung mit Balkon oder ein Haus mit Garten leisten können.

Gerade während der Corona Pandemie waren und sind Menschen immer mehr auf den öffentlichen Raum angewiesen. Man braucht Platz, um sich zu treffen, zu spielen, oder um sich in der Natur zu bewegen. Die Realität ist eine andere: Auf den meisten Gehsteigen ist nicht einmal Platz, um den vorgegebenen Mindestabstand einzuhalten. Weil das alles andere als fair ist, kocht seit einigen Wochen der Protest - in Form von regelmäßigen Demonstrationen – gegen die geplante Autobahn hoch. Doch worum geht es dabei überhaupt?

Fakten: Was ist bei der Lobau-Autobahn geplant?

Die Lobau-Autobahn besteht nicht, wie viele denken, bloß aus einem Tunnel. Das Projekt besteht aus mehreren Straßenabschnitten: Der S1 Außenring Schnellstraße vom Knoten Schwechat bis Süßenbrunn, der S1 Spange und der Stadtstraße Aspern. Die Stadtstraße, die eigentlich eher Autobahn-Charakter hat, verbindet gemeinsam mit der S1 Spange die Außenring Schnellstraße mit der Südosttangente A23. Die S1 Außenring Schnellstraße soll bei Groß-Enzersdorf in die Erde eintauchen und die Lobau im Tunnel unterqueren. Eine ganze Menge Asphalt also.
Während die S1 Außenring Schnellstraße, die Spange und der Lobau-Tunnel in der Zuständigkeit der Bundesregierung liegen, wurde die Stadtstraße von der Wiener Stadtregierung beschlossen. Die Zeit drängt: Schon in den letzten Woche haben die ersten Vorarbeiten für den Bau der Lobau-Autobahn begonnen. Einige Teilstrecken könnten schon diesen Sommer errichtet werden.


Falsche Argumente: Politik will noch mehr Straßen

Hinter dem Bau der Lobau-Autobahn stehen vor allem ÖVP, SPÖ und FPÖ. Das Hauptargument ist, dass Orte am Wiener Stadtrand durch die Lobau-Autobahn verkehrsentlastet werden sollen. Jene Autos, die heute jeden Tag die Straßen in Wohngebieten verstopfen, sollen wo anders fahren. Allerdings löst man das Stauproblem nicht, man verlagert es nur. Was hinzukommt: Mit den Straßenbauplänen ist noch mehr Straßenverkehr zu erwarten - mehr dazu später.
Außerdem wird behauptet, die Lobau-Autobahn wäre für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region Aspern/Seestadt notwendig. Allerdings ist das wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Laut einer Studie der TU Wien wird die Lobau-Autobahn die wirtschaftliche Entwicklung in der betroffenen Gegend sogar schwächen. Auch bei der Umgestaltung der Mariahilfer Straße wurde behauptet, dass die Begegnungszone den Umsatz der Geschäfte verringern würde. Tatsächlich war das Gegenteil der Fall.

Führt die Lobau-Autobahn wirklich zu einer Verkehrsentlastung?

Kurz gesagt: Nein. Das Verkehrschaos ist da, weil wir nach wie vor Unmengen an Platz und Geld verwenden, um den Autoverkehr "zum fließen" zu bringen, obwohl wir schon längst wissen, dass Autos innerhalb der Stadt einfach nicht fließen können. Ein Auto benötigt stehend (!) 10m² Platz. Da kann man noch so oft an Ampelschaltungen schrauben und noch mehr Fahrspuren bauen.
Angebot schafft Nachfrage: Werden Straßen gebaut, werden auch mehr Anreize geschaffen, Autos zu benutzen. Und wem kann man schon verübeln, sich in einer Welt mit breiten Straßen und schmalen, schlecht ausgebauten Radwegen ein Auto zu kaufen? Wenn Platz und Geld für Autoverkehr statt Öffis oder Radwege ausgegeben wird, ist es logisch, dass mehr Menschen das Auto benutzen werden. 

Warum die Autobahn wirklich gebaut wird

Der Grund, warum die Autobahn dennoch durch ein Naturschutzgebiet gebaut wird, ist hier wie so oft derselbe: Geld. Die ASFiNAG hat Momentan einen milliardenhohen Schuldenberg und soll als Aktiengesellschaft auch noch Profit machen. Geld macht sie - ohne Rücksicht auf Verluste - mit LKW-Maut und Autobahn-Vignette. Daher soll Wien zum internationalen Transitknotenpunkt werden. Die Lobau-Autobahn soll dabei Teil von gleich zwei Schwerverkehr-Korridoren werden - nämlich von Italien nach Polen und von Griechenland/Bulgarien nach Deutschland.
In Zukunft werden also nicht nur die üblichen Autos, sondern auch noch haufenweise Transit-LKW die Straßen Wiens verstopfen.

Derzeit befindet sich der Anteil des Transit-Verkehrs auf der A23 im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Die meisten Fahrzeuge auf der A23 haben Ziel oder Quelle in Wien und brauchen gar keine Umfahrungsstraße. Das heißt durch den Bau von Lobau-Autobahn und Co. wird der Transitverkehr erst richtig Fahrt aufnehmen – zum Leidwesen der Umwelt und der Anrainer*innen: Internationalen Studien zufolge spüren finanziell Schwächergestellte die Auswirkungen von Umweltverschmutzung und Klimakrise am stärksten und sterben früher an den Folgen.

Klingt nach einer ziemlich katastrophalen Bilanz des geplanten Straßenbauprojektes? Das ist noch nicht mal alles! Denn auch die Klimakrise wird durch die Lobau-Autobahn weiter angefeuert und die Natur in der Lobau gefährdet. Welche Alternativen zu den geplanten Straßen die Politik eigentlich in Betracht ziehen sollte, lesen Sie im zweiten Teil.
  

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