Brüssel, Bayern, Israel, Berlin – innerhalb einer Woche absolviert Kurz einen Polit-Marathon.
Heute soll Sebastian Kurz die Holocaustgedenkstätte in Yad Vashem in Jerusalem besuchen und einen Kranz niederlegen. Anknüpfend an die historische Rede von Franz Vranitzky 1993 möchte der VP-Regierungschef auch erneut die Mitverantwortung Österreichs an den NS-Gräueltaten betonen. Das wird Kurz bei seiner dreitägigen Israel-Reise auch bei seinem heutigen Essen mit österreichischen Holocaustüberlebenden hervorstreichen. Für Kurz ist die Visite in Jerusalem bereits der dritte – und zugleich brisanteste – Höhepunkt der vergangenen Tage. Am Mittwoch reiste er samt seiner gesamten türkis–blauen Regierung zu einem Ministerrat nach Brüssel, wurde dort von EU–Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker geherzt, bevor er weiter zum EVP-Gipfel nach München flog. In Bayern feierten die europäischen Konservativen den jungen Österreicher wie einen Superstar. Seine Kampfparolen gegen Migration sind dort der Schlager.
Gute Beziehungen
In Israel erwarten Kurz – trotz FPÖ-Regierungsbeteiligung – wohl auch freundlich gesinnte Gesprächspartner. Vor allem Israels Premier Benjamin Netanjahu – die Situation zwischen Israel und Gaza ist derzeit wieder angespannt – sieht ihn wohlwollend. Am Boykott der israelischen Politik gegenüber der FPÖ wird das freilich nichts ändern. Aber das „klare Bekenntnis zum jüdischen Staat Israel der österreichischen Bundesregierung“ – so Kurz im Interview – werde in Jerusalem geschätzt. Am Dienstag steht noch ein Besuch bei Israels Präsidenten Rivlin an, bevor es für den „fliegenden Kanzler“ weiter nach Berlin geht. Dort wird er zunächst von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel empfangen, um danach neben Merkel eine Rede vor dem CDU–Wirtschaftsforum zu halten.
Kurz: "Respektieren Israels Entscheidung"
ÖSTERREICH: Sie haben dem israelischen Fernsehen im Vorfeld Ihres Besuches in Jerusalem gesagt, Ihre Regierung sei die am meisten pro-israelische Österreichs. Wie äußert sich das?
Sebastian Kurz: Es gibt ein klares Bekenntnis der österreichischen Regierung für den jüdischen Staat Israel. Und wir sind uns auch unserer Verantwortung aufgrund unserer Geschichte zum Staat Israel bewusst. Wir sind der Sicherheit Israels verpflichtet.
ÖSTERREICH: Eine Verlegung der österreichischen Botschaft in Israel steht aber nicht zur Debatte, oder?
Kurz: Dazu muss eine Lösung am Verhandlungstisch gefunden werden. Das ist im Moment noch nicht der Fall, daher ist eine Verlegung der Botschaft derzeit kein Thema.
ÖSTERREICH: Das offizielle Israel unterhält aber keine offiziellen Kontakte mit Ihrem Koalitionspartner FPÖ. Das Land realisiert alle FPÖ-„Einzelfälle“ und dürfte nicht so rasch seine Position zur FPÖ verändern, nicht?
Kurz: Das ist die Entscheidung von Israel, die wir natürlich respektieren. Mein Besuch soll unsere guten Kontakte zu Israel vertiefen. Ich habe mit Premier Netanjahu und vielen weiteren Politikern Treffen.
ÖSTERREICH: Vor Ihrer Abreise haben Sie noch eine „Aktion scharf“ gegen auslandsfinanzierte Moscheen und Imame beschlossen. Wozu jetzt?
Kurz: In Österreich gibt es und darf es keinen Platz für Radikalisierungen oder den politischen Islam geben. In der Vergangenheit, unter dem damaligen Bundeskanzler, wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Islamgesetzes (Anmerkung: Novellierung 2015) nicht ausgeschöpft. Das haben wir jetzt nachgeholt. Eine Prüfung des Kultusamtes hat Verstöße von sieben Moscheen gegen das Islamgesetz festgestellt, die nun geschlossen werden. Und auslandsfinanzierte Imame dürfen hier nicht mehr predigen.
ÖSTERREICH: Aber geht es um Hassprediger oder Auslandsfinanzierung?
Kurz: Jenen, die auslandsfinanziert werden, wird dir Berechtigung entzogen, als Imame hier zu praktizieren, weil das gegen das Islamgesetz verstößt.
ÖSTERREICH: Welche Länder finanzieren das?
Kurz: Es laufen Ermittlungen, aber derzeit betrifft es vor allem die Türkei. Wir werden solche Auslandsfinanzierungen nicht zulassen und uns auch nicht von Präsident Erdogan einschüchtern lassen.
ÖSTERREICH: Internationale Medien berichten nun auch, dass es ein Gipfeltreffen zwischen Russlands Putin und Donald Trump in Wien geben soll, das sie vorbereiten?
Kurz: Das ist die Entscheidung der beiden Präsidenten. Wir können dazu nichts sagen.