Bei Studien über zugelassene Medikamente müssen Patienten informiert werden.
Anwendungsbeobachtungen mit bereits zugelassenen Arzneimitteln, die auch als Marketing-Instrumente der Pharma-Industrie dienten, haben in der Vergangenheit immer wieder für öffentliche Diskussionen samt dem Geruch von Korruption und Bestechung geführt. Transparenz schaffen soll jetzt eine neue Verordnung des Gesundheitsministeriums, wie Ressortchef Alois Stöger (S) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz erklärte.
Missbrauchsgefahr
"Wir sehen das als wichtigen Schritt, die
Sicherheit von Patienten zu erhöhen. (...) Kritische Stimmen haben gesagt,
die Anwendungsbeobachtungen würden zu einem Marketing-Instrument
missbraucht. (...) Mir ist wichtig, dass die Patienten aufgeklärt werden.
Transparenz und Sicherheit ist das oberste Gebot", so der Minister.
Im Kern geht es um Studien, bei denen niedergelassenen Ärzte bereits zugelassene und zum Teil von den Krankenkassen bereits bezahlte Arzneimittel im Auftrag von Pharma-Unternehmen in der täglichen Praxis verschreiben und die Erfahrungen dokumentieren sollen. Dafür bekommen sie eine Aufwandsentschädigung. Das Umstellen von Patienten auf diese Arzneimittel, höhere Entschädigungen etc. sorgten teilweise für einen ausgesprochen schlechten Ruf.
Über Teilnahme aufgeklärt
Mit 1. September tritt nun
eine neue Verordnung in Kraft. Erstens müssen Patienten über eine allfällige
Teilnahme aufgeklärt werden. Diese Verpflichtung gab es jetzt schon laut
Ärztegesetz. Neu ist ein elektronisches Register beim Bundesamt für
Sicherheit im Gesundheitswesen, in dem alle diese Studien verzeichnet sein
müssen. Darin müssen die Verantwortlichen, das verwendete Arzneimittel, der
geplante Zeitraum der Studie und die Region, die voraussichtliche Zahl der
Patienten, das Ziel sowie Name und Anschrift der voraussichtlich
teilnehmenden Ärzte, Zahnärzte, Krankenanstalten und Apotheken aufscheinen -
weiters ein Mustervertrag bezüglich der Entschädigung. Am Ende jeder dieser
Untersuchungen muss es einen Schlussbericht mit den Ergebnissen geben. Die
Grundinformationen über die Studien werden auch öffentlich zugänglich sein.
Der Chef der österreichischen Arzneimittelagentur AGES PharmMed, Marcus Müllner: "In Deutschland gibt es eine Registrierungspflicht bei den Krankenkassen. Wir rechnen in Österreich mit rund 1.000 Anwendungsbeobachtungen im Jahr." Dies sei allerdings bloß die Verringerung der deutschen Zahlen um den Faktor Zehn. Aus Ärztekreisen ist hingegen zu hören, dass solche Studien in der Zahl in den vergangenen Jahren stark abgenommen haben. Selbst große Pharmakonzerne dürften jeweils nur eine Handvoll solcher Untersuchungen in Österreich betreiben, meint man in der Arzneimittelindustrie.
Trennlinie zu "Seeding-Studien"
Die Transparenz - so
Müllner - soll jedenfalls die Qualität der Studien erhöhen, die auch als
Datenquelle für allfällig in den Zulassungsstudien für ein Arzneimittel
nicht bemerkte mögliche Nebenwirkungen herangezogen werden könnten.
Zusätzlich soll eine Trennlinie zu reinen "Seeding-Studien"
(Marketing) gezogen werden. Und weil gerade letzteres verhindert werden
soll, bekommt der Hauptverband der Sozialversicherungsträger mit der
Verordnung "auf begründetes Verlangen" ein Anrecht darauf, in
die Daten des Registers bis hinunter zu den beteiligten Ärzten Einschau zu
halten. Sozusagen für den Fall, dass in einem politischen Bezirk wegen einer
dort durchgeführten bezahlten Anwendungsstudie plötzlich die Verschreibung
des verwendeten Arzneimittels abrupt in die Höhe schnellt.