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Großer Lauschangriff im Parlament

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Die Grünen machten die Geheim-Sitzung mittels Live-Übertragung öffentlich.

„Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten“, argumentiert der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser mit dem Totschlagargument der Überwachungs-Fans. Aus Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung, die heute im Justizausschuss im Parlament beschlossen werden soll, filmen die Grünen die nicht öffentliche Sitzung mit und übertrugen sie live auf Peter Pilz’ Internet-Kanal. Trotz der Protestaktion stimmten die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP zu. Jetzt ist der Weg frei für den Gesetzesbeschluss im Plenum des Parlaments.

Sehen Sie hier das Video der turbulenten Sitzung!

Mit dem Beschluss am Mittwoch wird eine EU-Richtlinie von 2006 umgesetzt. Künftig sollen alle Verbindungsdaten von Handy oder Internet sechs Monate lang beim Anbieter gespeichert werden. Somit ist genau ersichtlich, wer wen wann kontaktiert hat oder wer wann welche Seite im Internet besucht hat. Und zwar ohne dass ein konkreter Verdacht gegen den Benutzer vorliegt. Auf richterlichen Beschluss können die Behörden auf die Daten zugreifen, wenn die jeweilige Person einer Straftat verdächtigt wird, für die über ein Jahr Gefängnis droht. Allerdings gibt es bei dieser Beschränkung der Staatsmacht über die privaten Daten der Bürger eine Vielzahl an Ausnahmen.

Aktion geht weiter
Die Aktion dauerte vorläufig nur wenige Minuten. Die Kamera wurde entdeckt und die Sitzung unterbrochen. „Offensichtlich wollen die Überwacher nicht überwacht werden“, feixt Steinhauser. Zuvor hatten fünf Experten teils harsche Kritik an dem Gesetz geübt. „Aber die Regierung wollte den Beschluss nicht vertragen, sondern in zehn Minuten durchpeitschen.“ Ab 13 Uhr wurde die Sitzung fortgesetzt. Die Grünen filmten weiter mit.

Netz der Überwachung
Die Grünen befürchten massiven Missbrauch. Und: „Gleichzeitig ist die Maßnahme ineffizient: Mafia und Terroristen können die Überwachung technisch leicht umgehen. Normale BürgerInnen, die nichts Böses wollen, aber sich vielleicht „auffällig“ zivilgesellschaftlich organisieren, bleiben als kleine Fische im Netz der Überwachung gefangen“, sagt Steinhauser.

Zwar hatte sich SPÖ-Verkehrsministerin Doris Bures bis zuletzt gegen die Richtlinie gesträubt. Die ÖVP-Ministerinnen Claudia Bandion-Ortner (Justiz) und Maria Fekter (Inneres)wollten wesentlich weiter reichende Befugnisse. Doch auch der Kompromiss stellt die Grünen nicht zufrieden, daher die Aktion. „Die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP wollen sicher nicht verbergen, wer für die Einführung der nie dagewesenen Massenüberwachung namens Vorratsdatenspeicherung verantwortlich ist. Sie haben daher von der Aufzeichnung ihrer Argumente ihres Abstimmungsverhaltens nichts zu befürchten“, höhnt Steinhauser.

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