Wirbel um Demos

Grüne vergleichen Sobotka mit Erdogan

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Sobotka muss für seine Pläne harte Kritik einstecken.

Gegen die von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) geplante Einschränkung des Demonstrationsrechts formiert sich eine breite Allianz der Zivilgesellschaft. Auch aus den Reihen der SPÖ und der Grünen kam scharfer Protest: Der Chef der roten Gewerkschafter, Wolfgang Katzian, warf Sobotka "Ignoranz und Ahnungslosigkeit" vor und forderte die ÖVP auf, ihren Minister einzubremsen.

"Erinnern an Erdogan"

Für den Grünen Verfassungssprecher Albert Steinhauser ist die angedachte Einschränkung des Demonstrationsrechts inakzeptabel. "Innenminister Sobotka hat keinen Respekt vor der Verfassung und ihren Grundrechten. Derartige Vorstöße erinnern an die politische Vorgangsweise des türkischen Staatspräsidenten Erdogan", meinte er in einer Aussendung.

"Das Recht auf freie Meinungsäußerung und somit auf Demonstrationen ist aus gutem Grund in der Verfassung verankert und kann glücklicherweise nicht auf Zuruf geändert werden. Ein insbesondere von Gewerkschaften hart erkämpftes Grundrecht ist kein Spielfeld für Politiker mit Profilierungsdrang", kritisiete Katzian die "Verhaltensauffälligkeiten" Sobotkas. "Das Demonstrationsrecht ist genau wie die Pressefreiheit, das Versammlungsrecht oder das Koalitionsrecht Grundpfeiler jeder Demokratie."

Online-Petition

Auch Heinz Patzelt von Amnesty International kritisierte im Ö1-Morgenjournal "serienweise schwerst menschenrechtswidrige, verfassungsrechtlich undenkbare Vorschläge" Sobotkas. Am Demonstrationsrecht dürfe nicht herumgedeutelt werden. Das gilt aus Patzelts Sicht auch für "Spaßdemos": "Ich nehme sehr viel lieber eine Spaßdemo in Kauf, die allen lästig ist und unzweifelhaft das Demonstrationsrecht konterkariert, als einen Innenminister und eine Regierung zu haben, die entscheidet, wer gegen sie demonstrieren darf und wer nicht."

Die Menschenrechtsorganisation SOS-Mitmensch hat bereits eine Online-Petition gegen die Beschränkung des Demonstrationsrechts gestartet (http://go.apa.at/GoZBX72o). Ebenfalls online mobilisiert der Verein epicenter.works (früher AK-Vorrat) gegen die Überwachungspläne der Regierung (http://www.überwachungspaket.at). Und der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) hat eine Hotline eingerichtet (0650/9828555), bei der allfällige Verletzungen der Pressefreiheit bei den Akademikerball-Demos am Freitagabend gemeldet werden können.

Die Umweltorganisation Greenpeace fordert Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) auf, Sobotkas "demokratiepolitisch inakzeptablen Vorschlag" umgehend zurückzuweisen. Die geforderte Haftung des Demonstrationsleiters für Sachbeschädigungen könnte laut Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit für kleinere Initiativen und Privatpersonen "den sicheren Ruin" bedeuten. "Wie stellt sich der Innenminister das vor: einen einzelnen Versammlungsleiter für das Verhalten von mehr als 100.000 DemonstrantInnen verantwortlich und haftbar zu machen?", fragt sich auch Lui Fidelsberger von der HOSI Wien, die mit der jährlichen Regenbogenparade eine der größten Demonstrationen der Stadt organisiert.
 

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