Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) will Vollzeit-Jobs stärken und Einschränkungen bei den Sozialleistungen bei Teilzeit-Arbeit. Kabarettist Lukas Resetarits kommt der Vorstoß gar nicht gut an.
"Minister Nosferatu Kocher, die hässliche Fratze des Neoliberalismus, hat neue Ideen: Teilzarbeitende Menschen dürfen nur teilzeitkrank sein, teilzeitverhungern und können dann teilzeitsterben", ließ der 75-Jährige ordentlich Dampf ab. Doch Resetarits wurde noch deftiger: "Möge ihn der Teufel holen. APAGE KOCHER", schrieb der Schauspiel-Star weiter und fügte ein sich übergebendes Emoji an.
Minister Nosferatu Kocher, die hässliche Fratze des Neoliberalismus, hat neue Ideen: Teilzarbeitende Menschen dürfen nur teilzeitkrank sein, teilzeitverhungern und können dann teilzeitsterben. Möge ihn der Teufel holen. APAGE KOCHER!????
— Lukas Resetarits (@LukasResetarits) February 14, 2023
Kritik auch von Opposition
Kochers Forderung hat umgehend zu massiver Kritik von Opposition und Gewerkschaft geführt. Auslöser der Aufregung war die Aussage von Kocher im "Kurier", wonach Menschen, die freiwillig weniger arbeiten, auch weniger aus dem Sozialtopf erhalten sollen. Außerdem forderte der Minister ein Umdenken der Sozialpartner bei den im Regelfall höheren Einkommen im Alter.
"Wir brauchen weitere Schritte, um Vollzeitbeschäftigung attraktiver zu machen, wie eine geringere Abgabenbelastung und noch treffsicheren Einsatz von Sozialleistungen. In Österreich wird wenig unterschieden bei Sozial- und Familienleistungen, ob jemand 20 oder 38 Stunden arbeitet. Wenn Menschen freiwillig weniger arbeiten, dann gibt es weniger Grund, Sozialleistungen zu zahlen", so der Minister zum "Kurier".
SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch reagierte heute auf die Kocher-Aussage "in aller Schärfe": "Gegen den Arbeitskräftemangel fällt der Regierung nichts ein, außer die Situation für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer per Gesetz zu verschlechtern. Dabei müsste es doch genau umgekehrt sein", polterte er. Insgesamt sei Kochers Vorstoß ein unsozialer Angriff auf die Familien und "das Unsinnigste, was er gehört habe, seit die FPÖ-Ministerin Beate Hartinger-Klein behauptet hatte, man könne von 150 Euro im Monat gut leben".
Für die freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch zeigt die Aussage von Kocher "wie dieser familienfeindliche und neoliberale ÖVP-Minister wirklich tickt". "Denn lapidar zu sagen, dass junge Mütter informiert werden sollten, dass sie bei längerer Erziehungszeit einen massiven Verlust bei ihrer zukünftigen Pension in Kauf nehmen müssen, zeugt schon von sozialer Armut", so Belakowitsch.
Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, wurde ebenfalls deutlich: "Minister Kocher soll seine frauenfeindlichen Vorschläge zur Bestrafung von Teilzeitarbeit sofort zurückziehen." Sie rechnet vor: "80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Viele Teilzeit arbeitende Frauen haben keine andere Wahl, weil die öffentliche Hand nicht ausreichend ganztägige Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stellt."
Kocher warnte heute auch davor, die langfristigen Folgen von Teilzeitjobs zu negieren. "Wer mit 68 Jahren in Pension geht, der erhält deutlich mehr Pension im Monat als bei Pensionsantritt mit 62 Jahren. Aus wirtschaftlicher Betrachtung zahlt es sich jedenfalls aus, länger zu arbeiten", gibt der Arbeitsminister zu bedenken.
Die Unternehmen würden bereits auf die demografischen Veränderungen reagieren und Mitarbeiter bitten, länger im Berufsleben zu bleiben. "Es wird aber auch bei den Sozialpartnern ein Umdenken stattfinden müssen, weil ältere Arbeitnehmer am Ende ihrer Erwerbstätigkeit kollektivvertraglich oft mehr verdienen und damit teurer sind", so der Appell des Ministers.
Zu der geringen Beschäftigungsquote von geflüchteten Menschen aus der Ukraine hielt Kocher fest: "Einige Vertriebene wollen bald in die Ukraine zurückkehren und sehen keine Notwendigkeit, in Österreich zu arbeiten. Andere arbeiten auch im Homeoffice - für ukrainische Firmen. Wie es mittel- und langfristig weitergeht, müssen wir uns natürlich anschauen."