Die neue Justizministerin Maria Berger attackiert Jörg Haider in der Ortstafel-Frage und fordert eine Änderung des Fremdengesetzes.
ÖSTERREICH: Sie sind die erste SPÖ-Justizministerin seit dem legendären
Christian Broda. Wollen Sie in seine Fußstapfen treten?
Maria
Berger: Ehrlich gesagt, die Fußstapfen von Christian Broda sind mir zu groß.
Das war damals eine ganz andere Zeit. Da war der Bedarf an Veränderung
riesig. Heute ist das nicht mehr so.
ÖSTERREICH: Der Streit um die Studiengebühren vergiftet den Start der
Regierung. Sehen Sie einen Ausweg?
Berger: Der Bundeskanzler führt
derzeit Gespräche, um der Regelung eine brauchbare Richtung zu geben.
ÖSTERREICH: Die Maßnahmen sollen abgefedert werden?
Berger:
Ja.
ÖSTERREICH: Sie wollen vor allem in Gleichstellungsfragen aktiv werden.
Wann werden homosexuelle Partnerschaften vor dem Gesetz gleichberechtigt
sein?
Berger: Ich will nicht gleich mit dem Adoptionsrecht für
homosexuelle Paare beginnen, sondern bei den täglichen Problemen, etwa bei
der Gleichstellung im Vermögensrecht.
ÖSTERREICH: Ein Bereich, der indirekt ihr Ressort betrifft, ist die
Ortstafelfrage. Seit Jahren verhindert Jörg Haider hier die Umsetzung der
Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes. Die Koalition will bis Sommer ein
Ortstafel-Gesetz umsetzen. Wie soll das funktionieren?
Berger:
Haider versucht, unter Berufung auf die Volksmeinung den
Verfassungsgerichtshof zu ignorieren. Das ist nicht Demokratie. Wie aber ein
Gesetz strukturiert sein müsste, damit Haider es umsetzt, weiß ich nicht.
Die Möglichkeiten des Bundes einzuschreiten, sind beschränkt.
ÖSTERREICH: Man muss also auf Haiders Pension warten, damit sich etwas
ändert?
Berger: Oder ein Amtsenthebungsverfahren einleiten. Ich
glaube aber, dafür sind die Mehrheiten im Kärntner Landtag nicht gegeben.
ÖSTERREICH: Helmut Elsner tanzt der österreichischen Justiz mit
Einsprüchen gegen seine Auslieferung aus Frankreich auf der Nase herum. Was
können Sie tun?
Berger: Wir werden weiterhin alles versuchen,
damit Elsner so schnell wie möglich ausgeliefert wird.
ÖSTERREICH: Ihre Vorgängerin ist wegen angeblicher Weisungen gegenüber
der Staatsanwaltschaft angegriffen worden. Werden Sie selbst Weisungen
erteilen?
Berger: Ich werde da sehr zurückhaltend sein.
ÖSTERREICH: Hätten Sie als Justizministerin dem Fremdengesetz von
Schwarz-Orange zugestimmt?
Berger: Das Gesetz hat Folgen, etwa für
gemischte Ehen, die mir nicht gefallen.
ÖSTERREICH: Es muss also repariert werden?
Berger: Ich sehe
da schon Bedarf.
ÖSTERREICH: Sie fahren am Wochenende zu Ihrem ersten informellen
EU-Ministerrat. Als EU-Abgeordnete waren Sie immer dafür, Macht von den
Ministerräten wegzubringen. Jetzt sind Sie selbst Ministerin. Bleiben Sie
bei dieser Forderung?
Berger: Ja, absolut. Ich will ein
Zwei-Kammern-Parlament auch auf europäischer Ebene. Das Pendant zum
Europäischen Parlament sollte ein Legislativrat sein.
ÖSTERREICH: Was tun mit der Europäischen Verfassung?
Berger:
Man sollte so viel als möglich, so schnell als möglich übernehmen.