Heftiger Schlagabtausch

Hass-Duell zwischen Kurz und Kern

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Kern drohte Kurz mit "freiem Spiel der Kräfte" im Parlament.

SPÖ und ÖVP stehen vor dem Ende der Zusammenarbeit auf Regierungsebene. Grund ist das Nein des designierten ÖVP-Obmanns Sebastian Kurz zum SP-Wunsch, das Vizekanzler-Amt zu übernehmen. Sollte Kurz sich weiter verweigern, "dann wird sich der politische Entscheidungsfindungsprozess ins Parlament verlagern", kündigte SPÖ-Chef Christian Kern ein "freies Spiel der Kräfte" im Parlament an.

Wüste Szenen spielten sich am Dienstagvormittag im Parlament ab: Der neue Chef der ÖVP, Sebastian Kurz, versuchte bei der Nationalratssitzung, seine Beweggründe für das Polit-Beben der letzten Tage zu erläutern. Dabei kam es zum Eklat: Als Kurz seine Rede beginnt, gibt es Buhrufe - scheinbar aus der SPÖ-Fraktion! Kurz muss seine Rede immer wieder unterbrechen, weil er von Zwischenrufen unterbrochen wird.

Heftige Differenzen

Der Dienstagvormittag war von taktischen Spielchen und nervösen Telefonaten der Regierungsmitglieder und deren Mitarbeiter geprägt. Bereits in der Früh zeichneten sich die heftigen Differenzen ab, als die SPÖ-Minister vor Beginn der Ministerratssitzung nachdrücklich einforderten, dass Kurz und nicht - wie vom künftigen VP-Chef gewünscht - Justizminister Wolfgang Brandstetter bis zur Wahl das Amt des Vizekanzlers übernimmt. Kurz müsse Verantwortung übernehmen, so der Tenor der roten Parteigranden.

Davon unbeeindruckt schlug Kurz in der Regierungssitzung Brandstetter als Vizekanzler vor. "Ich hoffe, dass der Vorschlag angenommen wird." Bereits zuvor hatte Kurz seine Ablehnung der Amtsübernahme unter anderem mit seiner starken Reisetätigkeit als Außenminister begründet.

Die Argumente fanden beim bisherigen Koalitionspartner keinen Anklang. "Wenn man sich der Verantwortung entzieht, ist es eine klare Ansage", sagte SP-Chef Kern im Anschluss an die Regierungssitzung. Es sei dann "irrelevant", wer Vizekanzler werde, denn "dann wird sich der politische Entscheidungsfindungsprozess ins Parlament verlagern", und zwar "unter Einbeziehung der Opposition". Die Arbeit auf Regierungsebene wäre damit de facto beendet.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat in seiner Erklärung vor dem Nationalrat ferner betont, dass die Regierung auch in den kommenden Monaten ihre verfassungsmäßigen und europäischen Verpflichtungen vollumfänglich wahrnehmen wolle. Man werde in ruhiger Arbeit Stabilität gewährleisten und Unordnung bis hin zum Chaos verhindern.

Inhaltliche Arbeit beendet

Dass er die gemeinsame inhaltliche Arbeit in der Regierung beendet, begründete Kern damit, dass sich ÖVP-Chef Sebastian Kurz weigere, Vizekanzler zu werden. Verantwortung habe man nicht nur zu übernehmen, wenn die Sonne scheine, sondern auch, "wenn es einem nicht zum persönlichen Vorteil gereichen mag", meint der SPÖ-Vorsitzende in Richtung des Außenministers.

Die Absage von Kurz an den SPÖ-Wunsch, dem zurückgetretenen Reinhold Mitterlehner als Vizekanzler zu folgen, war auch der Grund für das weitere Aufreißen der Gräben zwischen den bisherigen Koalitionspartnern. Dies hatte sich am Dienstag bereits in der Früh abgezeichnet, nachdem Kurz im Ministerrat Brandstetter als Neubesetzung bzw. Harald Mahrer als neuen Wirtschaftsminister vorgeschlagen hatte.

"Falsche Leute" am Tisch

SP-Chef Kern erklärte daraufhin, die Arbeit nun ins Parlament zu verlagern und gegebenenfalls Beschlüsse auch ohne die ÖVP, mit den Stimmen anderer Fraktionen, durchzubringen - wörtlich sprach er von einer "großen Chance" für die Oppositionsparteien. Freilich waren es keinesfalls Zweifel an der Qualifikation Brandstetters, die Kern zu diesem Schritt veranlassten. Vielmehr begründete er das Vorgehen mit der Weigerung von Kurz, Vizekanzler zu werden. Damit entziehe sich dieser der Verantwortung, so der Vorwurf. Denn diese habe man nicht nur zu übernehmen, wenn die Sonne scheine, sondern auch, "wenn es einem nicht zum persönlichen Vorteil gereichen mag", sagte Kern in einer Erklärung im Nationalrat in Richtung des Außenministers.

Darüber hinaus argumentierte der SPÖ-Chef seinen Schritt auch damit, dass die Regierungsarbeit in den vergangenen Monaten nur schleppend vorangegangen sei - und zwar deshalb, weil seitens des Koalitionspartners die "falschen Leute" am Tisch gesessen seien und andere im Hintergrund die Fäden gezogen hätten. Diesem Szenario wolle er sich nicht erneut aussetzen, gab er zu verstehen, daher sei es "völlig irrelevant", wer Vizekanzler werde, sofern es nicht Kurz sei.

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