ÖSTERREICH-Interview

Strache: "Ich bin kein Mimoserl"

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Der FPÖ-Chef trifft vor dem 1. Mai ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner zu einem Interview-Streit über Rosenkranz und FPÖ-Zukunft.

HC Strache wirkt angeschlagen. „Seit drei Monaten plagt mich eine schwere Grippe“, sagt der FP-Chef mit leichter Heiserkeit und tiefen Augenringen. „Aber ich schone mich nicht, ich arbeite 20 Stunden am Tag, schlafe nur vier Stunden, geh zusätzlich jeden Tag ins Fitness-Studio, um mich für die Wien-Wahl fit zu machen.“

HC Strache tritt zum Boxkampf seines Lebens an – zur Schlacht um Wien. Wie ein Wilder drischt er im Interview auf seinen Lieblingsgegner Michael Häupl ein. Die Niederlage von Barbara Rosenkranz hat er bereits verdaut – an ihrer Niederlage sind die bösen Journalisten (vorwiegend ÖSTERREICH) die Schuldigen.

Jetzt will Strache die FPÖ neu aufstellen – mit seinen Vertrauten Kickl, Vilimsky, Haimbuchner und Scheuch an der Spitze. Offiziell setzt er sich für die Wien-Wahl 20% als Latte, im Stillen träumt HC freilich von einem Ergebnis jenseits der 30-%-Marke. Damit will er – so Straches Traum – Häupl und Faymann stürzen. Dem ÖSTERREICH-Herausgeber bot er auf der Dachterrasse seines Büros schon mal Wetten an, dass danach im Herbst der Rücktritt von Häupl und Faymann folgen werde. „Nach Wien“, so Strache, „werden die Karten in Österreichs Politik völlig neu gemischt.“

ÖSTERREICH: Sind Sie eigentlich mit den mickrigen 16 Prozent, die Barbara Rosenkranz bei den Präsidentenwahlen erhalten hat, zufrieden?

HC Strache: Ich weiß, dass wir die möglichen Potenziale nicht nutzen konnten, die bei dieser Wahl da gewesen wären – aber ich finde 16 Prozent überhaupt nicht mickrig, sondern sehr beachtlich, wenn man die Umstände bedenkt, unter denen dieses Ergebnis zustande gekommen ist.

ÖSTERREICH: Welche Umstände waren das, außer dass Barbara Rosenkranz die denkbar schlechteste mögliche Kandidatin war?

Strache: Sie war die bestmögliche Kandidatin – aber die Umstände waren gegen sie. Da haben einmal alle Parteien außer der SPÖ und uns zur Wahlenthaltung oder zum Weißwählen aufgerufen, da ist das Amt enorm abgewertet worden – und dann hat unter Federführung Ihrer Zeitung eine wahre Hexenjagd auf Barbara Rosenkranz begonnen!

ÖSTERREICH: Entschuldigung bitte, aber wo soll da eine Hexenjagd gewesen sein?

Strache: Sie haben steckbriefliche Fotos der Kinder von Frau Rosenkranz veröffentlicht, um sie als Mutter lächerlich zu machen – Sie haben die Kinder fotografiert und an den Pranger gestellt. Sie sind die vierte Gewalt im Staat und sollten mit Ihrer Verantwortung sorgfältiger umgehen.

ÖSTERREICH: Wir haben keine Kinder fotografiert – die Fotos hat Frau Rosenkranz selbst am Beginn des Wahlkampfs verteilt, weil sie sich als Parademutter darstellen wollte – das zur Klarstellung. Ich habe den Eindruck, Sie sind in diesem Wahlkampf ein bisserl ein Mimoserl geworden, weil das Ergebnis für Sie eine kräftige Watsche war.

Strache: Ich bin überhaupt kein Mimoserl, aber es verursacht mir Unbehagen, wenn Sie in Ihrem Blatt ein Hassvideo gegen mich öffentlich machen, das ich zwar seit zwei Jahren kenne und auch dem Verfassungsschutz gemeldet habe, das ich aber bewusst nicht in der Öffentlichkeit haben will...

ÖSTERREICH: Schön langsam: Mit dem Hassvideo haben Sie eine Theater-Inszenierung veranstaltet – nicht wir.

Strache: Sie haben das auf die Titelseite getan, Sie haben Werbung für dieses Hassvideo gemacht.

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© oe24

Strache mit ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner / Foto: Pauty

ÖSTERREICH: Sie sind ein Mimoserl geworden – wo bitte war die Hexenjagd gegen Barbara Rosenkranz? Wer war die Hexe – und wo war die Jagd?

Strache: Sie haben versucht, die Barbara Rosenkranz ins Nazi-Eck zu drängen und sie zur Ewiggestrigen zu machen – und Sie haben ihr Dinge unterstellt, die sie nie gesagt und auch nie gedacht hat.

ÖSTERREICH: Das mit dem Verbotsgesetz und mit den Gaskammern haben wir erfunden – oder geträumt?

Strache: Das haben Sie – und alle Medien – bewusst falsch interpretiert. Ich bleibe dabei: Es war eine ­Hexenjagd.

ÖSTERREICH: Wollen Sie mit diesem Theater um die Hexenjagd nicht davon ablenken, dass Sie der Dame die Latte auf 35% gelegt haben und sie mit 16% spektakulär darunter geblieben ist?

Strache: Wir hatten im Vorfeld des Wahlkampfes Analysen, die uns gezeigt haben, dass wir mit einem Kandidaten, der sich staatstragend und bürgerlich präsentiert, tief in die ÖVP-Wählerschichten eindringen könnten – das ist nicht gelungen. Aber die Analysen zeigen, dass die FPÖ bei einem richtigen Kandidaten und der richtigen Präsentation die Möglichkeit hat, ein Potenzial von bis zu 30 % zu erreichen. Und dieses Potenzial will ich in Zukunft ausschöpfen.

ÖSTERREICH: Ist es richtig, dass Sie bei der Bundespräsidentenwahl ursprünglich selber antreten wollten?

Strache: Das ist richtig. Ich habe lange überlegt, ob ich selbst antreten soll, weil viele Bürger an mich herangetreten sind, die gemeint haben, ich wäre die richtige Alternative zu Heinz Fischer. Der Zuspruch war groß – aber mein Problem war, dass meine Berater mir versichert haben, dass ich mit einer Kandidatur für die Hofburg dem Bürgermeister Häupl die Chance geben würde, die Wien-Wahl vorzuverlegen. Für mich ist aber die Wien-Wahl 2010 die wichtigste Wahl. Und ich wollte Häupl nicht die Chance geben, meine Kandidatur für Wien zu verhindern.

ÖSTERREICH: Sie selbst hätten 30% bei der Präsidentenwahl für Strache möglich gehalten?

Strache: Es macht keinen Sinn, da jetzt im Nachhinein zu spekulieren. Aber ich weiß, dass diese 30%, die ich genannt habe, eine richtige Einschätzung und Analyse sind und ein HC Strache ein Potenzial von 30 % hat – zum Beispiel hier in Wien.

ÖSTERREICH: Da lachen jetzt aber die Hühner – Ihre Partei hat bei der Präsidentenwahl in Wien gerade 16% erreicht – ohne Grüne, ohne ÖVP.

Strache: Sie vergleichen bewusst Äpfel mit Birnen. Das war eine Persönlichkeitswahl, keine Parteiwahl. Das war Rosenkranz, nicht Strache. Hier in Wien ticken die Uhren anders. Und ich garantiere Ihnen: Sie werden in Wien im Herbst einen völlig anderen Wahlausgang erleben. Wir haben hier eine Situation, wo bei Fischer 58% der Wähler in Wien gar nicht mehr zur Wahl gegangen sind. Wir leben in einer Stadt, die die SPÖ voll Arroganz und Präpotenz seit Jahren heruntergewirtschaftet hat, wo nur noch Freunderlwirtschaft und Korruption regieren. Wenn 58% nicht mehr wählen gehen – glauben Sie nicht, dass diese 58% eine andere Politik wollen?

ÖSTERREICH: Ich bezweifle nur, dass diese 58% automatisch Sie wählen.

Strache: Natürlich nicht, ich bin ein Realist. Aber Wien braucht eine Befreiung von der sozialistischen Allmacht. Wien braucht die Befreiung von der SPÖ, die diese Stadt regiert, als wäre sie ihr Eigentum, und die den Bürger nicht mehr ernst nimmt und die auch kein soziales Herz mehr hat – nicht für die Arbeitslosen, nicht für die Arbeiter. Was Häupl macht, ist asozial.

ÖSTERREICH: Und das wollen Sie als Bürgermeister ändern?

Strache: Ich habe gesagt, ich stehe als Bürgermeister-Kandidat zur Verfügung, wenn meine Partei das will. Mein Ziel ist, dass wir in Wien deutlich die 20-%-Marke überspringen und die SPÖ nicht mehr mit absoluter Mehrheit regieren kann.

ÖSTERREICH: Mit 20% werden Sie aber kaum Bürgermeister werden können – dann regiert Häupl mit der ÖVP weiter.

Strache: Natürlich ist das längst paktiert – die Herrschaften wollen dann ihr erfolgloses rot-schwarzes Modell von der Bundesregierung in Wien fortsetzen – für Wien wäre das eine Katastrophe, grob fahrlässig. Aber wenn ich deutlich über 20% komme, dann wird es noch am Wahltag in der ganzen SPÖ ein Erdbeben geben. Dann wird der Bürgermeister Häupl Geschichte sein und die Stadträtin Brauner wird Bürgermeisterin werden, unter Garantie – und dann wird es auch keinen Kanzler Faymann mehr geben, sondern Hundstorfer wird Faymann als Kanzler ablösen. Das wird längst vorbereitet.

Strache über die FPÖ-Zukunft, die Griechenland-Krise und Botox - Lesen Sie hier den zweiten Teil des Interviews.

ÖSTERREICH: Das glauben Sie aber nicht ernst, dass Sie mit 20% bei der Wien-Wahl die Republik erschüttern?

Strache: Mein Vorbild ist Kärnten. Dort hat die SPÖ wie in Wien mit absoluter Allmacht regiert – und heute ist sie in absoluter Bedeutungslosigkeit versunken, und die FPÖ ist stimmenstärkste Partei. Das ist das langfristige Ziel in Wien.

ÖSTERREICH: Da müssen Sie vorher ordentlichen Schwung in Ihre zuletzt recht verschlafene Truppe bringen. Mit Verlaub: Die FPÖ stagniert in allen Umfragen.

Strache: Wir erreichen 25%, wenn wir unseren Erfolgsweg Richtung positive Zukunftspartei gehen. Mein Zukunftsweg ist, die FPÖ als soziale Heimatpartei zu positionieren, als Mitte-Rechts-Kraft, in der wir weder eine neoliberale Politik machen noch ein Geschichts- oder Vergangenheitsverein sind. Wer ständig über die Vergangenheit diskutieren will, der ist bei uns falsch. All dieses Gerede über Verbotsgesetz und Nazis will ich nicht mehr hören – ich will eine moderne, zukunftsfähige Partei sicherstellen, in der wir die Gegenwarts- und Zukunftsprobleme ansprechen. Und dafür will ich schon in den nächsten Wochen jene Persönlichkeiten, die meinen Erfolgsweg in den letzten Jahren mitgetragen haben, sichtbarer machen. Das ist ein Harald Stefan, ein Norbert Hofer, mein Generalsekretär Kickl, ein Harald Vilimsky, eine Barbara Kappl, ein Landesparteiobmann Haimbuchner oder unser Kooperationspartner Uwe Scheuch – das sind die Leute, die neben mir in Zukunft das Gesicht der FPÖ verstärkt prägen werden.

ÖSTERREICH: Von Rosenkranz, Graf, Mölzer ist da nicht mehr die Rede?

Strache: Die Rede ist davon, dass dieser HC Strache eine ganz großartige und tolle Mannschaft hinter sich hat, die er in den nächsten Monaten deutlich sichtbarer und bekannter machen wird.

ÖSTERREICH: Das Vergangenheitsgeschwafel von Rosenkranz, Graf und Mölzer geht Ihnen auf die Nerven.

Strache: Interpretieren Sie mich nicht wieder bewusst falsch. Ich habe deutlich in diesem Interview gesagt: Wir sind kein Geschichtsverein und keine Vergangenheitspartei. Die Namen Rosenkranz und Graf habe ich nicht genannt.

ÖSTERREICH: Das ist ja das Interessante. Die Verbotsgesetz-Diskussion der Frau Rosenkranz geht Ihnen offenbar auf die Nerven.

Strache: Mir geht auf die Nerven, dass unsere politischen Mitbewerber jede Gelegenheit nützen, um über die Vergangenheit zu diskutieren. Die Menschen interessieren sich aber für die Lösung ihrer Probleme in der Gegenwart – die wollen wissen, wer den Wahnsinn stoppt, dass ihr mühsam erworbenes Geld nach Griechenland verblasen wird.

ÖSTERREICH: Das bringt Sie auf die Palme.

Strache: Das bringt nicht nur mich auf die Palme – sondern alle Österreicher. Wir haben einen völlig unglaubwürdigen Finanzminister, der monatelang gepredigt hat, dass es keine Steuererhöhungen geben darf – und der jetzt Massensteuern in der Höhe von 4,5 Milliarden einführen will. Und während er den Österreichern brutalste Steuererhöhungen diktiert, hat er überhaupt kein Problem damit, zwei Milliarden nach Griechenland in den Wind zu schießen.

ÖSTERREICH: Da sind Sie dagegen?

Strache: Da ist jeder vernünftige Mensch dagegen. Das sagt Ihnen jeder Ökonom, dass jeder Cent, den Sie da hinunterzahlen, nie mehr zurückbezahlt werden kann. Das ist ein verstecktes zweites Bankenpaket, das da abläuft. Wieder hilft dieser Finanzminister den Banken statt den Bürgern.

ÖSTERREICH: Sie behaupten: Die zwei Milliarden sind weg.

Strache: Genau – die sind hundertprozentig verloren. Deshalb müssen wir ehrlich sagen: Es wäre vernünftiger, im Mittelmeerraum die alten Weichwährungen wieder einzuführen.

ÖSTERREICH: Das heißt: Griechenland, Spanien, Italien – raus aus dem Euro?

Strache: 75 Prozent der Griechen wollen ohnehin selbst die Wiedereinführung der Drachme. Wenn wir weiter in ein Fass ohne Boden einzahlen, dann heißt das, dass wir selbst alle unsere Ersparnisse verlieren und uns in Kürze in derselben Situation befinden wie die Griechen. Die Euro-Einführung war von Anfang an ein Irrglaube. Deshalb kann die Lösung nur heißen: Sofortige Verhandlungen mit Griechenland, dass die Drachme wieder eingeführt wird und wir bis zur Umstellung Hilfe geben – und danach ist Schluss.

ÖSTERREICH: Soll Österreich aus dem Euro aussteigen?

Strache: Es wäre vernünftiger gewesen, nicht Mitglied der EU zu werden und so wie die Schweiz unsere alte Währung zu behalten – da würden wir heute viel besser dastehen.

ÖSTERREICH: Beobachter sagen, Sie wirken derzeit gesundheitlich angeschlagen.

Strache: Ich habe seit Monaten einen hartnäckigen Schnupfen und eine Grippe, die ich nicht loswerde, deshalb bin ich etwas heiser – aber ich bin sicher gesundheitlich nicht angeschlagen. Sie könnten froh sein, wenn Sie so fit wären wie ich. Oder vergleichen Sie den Häupl mit mir – wer ist da fitter?

ÖSTERREICH: Sie sind nicht angeschlagen?

Strache: Das ist lächerlich. An einem Tag sind in Ihrer Zeitung Fotos, da bin ich todkrank mit Ringen unter den Augen, die ich nicht habe – am nächsten Tag bin ich ein Fitnessidol mit Schönheits-OP.

ÖSTERREICH: Haben Sie Botox gespritzt wie Ihr Vorbild Berlusconi?

Strache: Hörn’S auf – das ist lächerlich. Ich brauch kein Botox. Richtig ist, wie Sie schreiben, dass ich ein Fitnessprogramm mache. Ich bin jemand, der seinen Körper fit hält und der gleichzeitig einen 20-Stunden-Arbeitstag lebt.

ÖSTERREICH: Das geht sich aber nicht aus: 20 Stunden Arbeit, 3 Stunden Fitness – wann schlafen Sie dann?

Strache: Das ist die Wahrheit. Ich habe im Wahlkampf – so wie jetzt – 20-Stunden-Arbeitstage, wo ich nur 4 Stunden schlafe. Das macht den Unterschied zwischen mir und meinen Mitbewerbern aus. Deshalb schaue ich nach ­einem Wahlkampf auch nicht so frisch aus.

ÖSTERREICH: Und das haben Sie auch im Wiener Wahlkampf vor?

Strache: Das wird auch in Wien der Fall sein. Ich werde in Wien Tag und Nacht wahlkämpfen – weil diese Stadt geht sonst vor die Hunde. Wir haben hier eine Stadt, in der der Bürgermeister notorisch alle wichtigen Dinge verschläft. Ich werde mich bis zum Umfallen dafür einsetzen, dass er aufwacht.

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