Konnte parteiinterne Wahl für sich entscheiden - 51-Jährige seit 2010 im Gemeinderat.
Spitzenkandidatin zu werden stand zwar nie auf ihrer "Lebensplan-To-do-Liste", wie sie in einem Interview verriet, nun ist sie es trotzdem: Birgit Hebein führt die Grünen in die Wien-Wahl 2020. Damit steht nach der langjährigen Frontfrau Maria Vassilakou erneut eine Frau an der Spitze der Grünen.
Hebein (51) sitzt seit 2010 für die Grünen im Gemeinderat und ist dort Sprecherin für Soziales und Sicherheit. Davor war sie fünf Jahre lang Bezirksrätin und Klubobfrau in Rudolfsheim-Fünfhaus. Außerdem war Hebein von 2000 bis 2002 bei der grünen Gewerkschaft AUGE aktiv. Vor ihrer politischen Karriere arbeitete die diplomierte Sozialarbeiterin unter anderem im Bahnhofssozialdienst der Caritas Wien und bei der Arbeitsgemeinschaft für Wehrdienstverweigerung.
Fokus auf Armutsbekämpfung und Soziales
Ihren beruflichen Anfängen ist Hebein inhaltlich auch in ihrem politischen Leben treu geblieben. Sie legt ihren Fokus auf Armutsbekämpfung und soziale Gerechtigkeit. Als Beispiele für ihre Arbeitsschwerpunkte nennt sie die Ausbildung junger Menschen, den Umgang mit obdachlosen Menschen sowie die Mindestsicherung. Denn als Sozialsprecherin war Hebein im vergangenen Jahr maßgeblich an den Verhandlungen über das neue Wiener Mindestsicherungsmodell beteiligt. Das von der SPÖ umgesetzte Alkoholverbot am Praterstern kritisierte sie scharf.
Auch im internen Wahlkampf legte sie ihren Fokus auf die Sozialpolitik. "Ohne soziale Sicherheit gibt es keinen sozialen Frieden", betonte sie. Als politisches Ziel rief sie aus, "den Menschen die Möglichkeit zu geben, ihr Schicksal selbst zu bestimmen". Außerdem setzte Hebein auf die Tatsache, dass sie die einzige Frau unter den etablierten Kandidaten war: "the future is female" lautete das Motto ihres Wahlkampfspots. Als "hartnäckige Verhandlerin", zäh und erfahren beschreibt sie sich selbst.
Hebein wurde am 13. Jänner 1967 in Villach geboren. Ihre Jugend verbrachte die Tochter eines Maurers und einer Hausfrau in einem kleinen Dorf in Kärnten. Heute lebt sie mit ihren beiden Kindern im fünfzehnten Bezirk.
Präsentation am Dienstagvormittag
Die neue Spitzenkandidatin Birgit Hebein wird morgen, Dienstag, im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert, die für 11.00 Uhr in der Wolke 21 im Saturn-Tower angesetzt ist. Dort sollen dann auch die Details zum Abstimmungsergebnis verkündet werden. Denn die Grünen haben mit der brieflichen Abstimmung Neuland beschritten, wobei sie sich für einen relativ komplexen Modus entschieden.
Fünf Personen standen zur Abstimmung, neben Hebein waren dies Rathaus-Klubchef David Ellensohn, Gemeinderat Peter Kraus, der Meidlinger Bezirksrat Benjamin Kaan und die Ärztin Marihan Abensperg-Traun. Zwei Wochen lang hatten Parteimitglieder sowie registrierte externe Wähler Zeit, an der Wahl teilzunehmen. Stimmberechtigt waren rund 3.400 Personen.
Wer persönlich sein Votum abgeben wollte, konnte dies am Montag in einem Wahllokal in der Parteizentrale in der Lindengasse tun. Wie die Partei am Montag mitteilte, haben sich letztendlich 2.600 Menschen an dem grünen Urnengang beteiligt.
Für Sieg war einfache Mehrheit nötig
Für den Sieg war eine einfache Mehrheit nötig - also mindestens 50 Prozent plus eine Stimme. Da dies auf Anhieb angesichts fünf Konkurrenten eher unwahrscheinlich zu schaffen ist, haben die Grünen in dem Modus eine Art Stichwahl eingebaut. In diesem als "Instant-Runoff" bekannten System ist vorgesehen, dass Wähler nicht nur ihren Favoriten nennen, sondern auch die anderen Bewerber reihen.
Gibt es bei der Auswertung der Erststimmen keinen klaren Sieger, wird unter Berücksichtigung der nachgereihten Namen weiter ausgezählt - und zwar so lange, bis der Gewinner klar feststeht. Dieses System kam heute zur Anwendung, wie es auf APA-Anfrage hieß. Nähere Einzelheiten zum Ergebnis sollen morgen bekanntgegeben werden.
Bisher erfolgte die Wahl stets durch das größte Parteigremium, die Landesversammlung. Eine solche findet kommenden Samstag statt, Hebein wird dort ihre Antrittsrede halten. Danach werden die Delegierten zur Debatte um das weitere Prozedere der Listenerstellung schreiten.
Denn der neue Modus betraf vorerst nur die Vorgangsweise für die Spitzenkandidatur. Ob ein ähnliches System auch bei der Reihung der restlichen Plätze zum Einsatz kommt bzw. wie dieses im Detail aussieht, wird erst entschieden.