Deutet baldigen Abschied an

Hebein rechnet mit den Wiener Grünen ab

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Sie werde "mittelfristig" nicht mehr Parteivorsitzende sein.

Die scheidende Vizebürgermeisterin Birgit Hebein signalisiert nach ihrer Niederlage im Rathausklub einen vorzeitigen Abschied von der Parteispitze der Wiener Grünen an. Sie werde "mittelfristig" nicht mehr Parteivorsitzende sein, sagte sie am Montag vor Journalisten - ohne dabei trotz mehrmaligen Nachfragens einen konkreten Zeitpunkt zu nennen. Die Gründung einer eigenen Liste schloss sie aus.
 
Sie wolle die inhaltliche und strukturelle Neuausrichtung der Partei, wofür ein eigener Ausschuss eingerichtet werden soll, "in den nächsten Wochen" noch begleiten und ihre Nachfolge an der Spitze "gut vorbereiten", bekräftigte Hebein ihre bereits am Samstag in der Landesversammlung getätigten diesbezüglichen Aussagen. Bis zu ihrem Abgang werde sie jedenfalls die Funktion der Parteichefin "ehrenamtlich" ausführen. Eigentlich wurde Hebein bis Ende 2021 in ihre Führungsposition gewählt.
 
Welche Rolle sie in weiterer Zukunft bei den Wiener Grünen spielen wird, sei noch völlig offen. Nur so viel: "Ich bin der Partei zutiefst verbunden und werde der grünen Idee treu bleiben." Die Gründung einer eigenen Partei sei "völlig ausgeschlossen".
 

"Alteingesessene haben sich durchgesetzt"

Hebein wiederholte am Montag zudem ihre Diagnose, wonach sich ein Riss durch die Partei ziehe - konkret zwischen Rathausklub und Basis. Das "Manöver", bei dem die Mehrheit der Mandatare sie als von der Basis breit gewählte Listenerste nicht zur Klubchef oder nicht amtsführenden Stadträtin gewählt hat, habe zu internen Irritationen geführt. Die Frage sei jetzt: "Wie kriegen wir Klub und Partei wieder zusammen?" Denn es sei wichtig, dass beide "engstens" kooperieren.
 
Die Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin, die mit dem Ende der rot-grünen Ära am morgigen Dienstag endgültig ihr Büro räumen muss, erinnerte daran, dass sie im November 2018 von einer breiten Mehrheit zur Spitzenkandidatin und Parteichefin gewählt worden sei. Als solche habe sie bei der Wien-Wahl nun das historisch beste Ergebnis eingefahren. Und dann hätten "ein paar Wenige" entschieden, sie mit keiner Funktion mehr zu betrauen. "Die Alteingesessenen im Klub haben sich durchgesetzt", so Hebeins Befund.
 
Wie es soweit kommen konnte bzw. vor allem wie eine ähnliche Situation in Zukunft vermieden werden kann, darüber soll nun ein noch einzusetzender Ausschuss beraten. Wie dieser Prozess genau ablaufen und wer im Gremium vertreten sein wird, ist aber noch offen. Hebein selbst betonte am Montag einmal mehr, dass sie sich in den vergangenen 17 Monaten - seit ihrem Amtsantritt als Vizebürgermeisterin und Ressortchefin - nie um eine "Hausmacht" im Klub gekümmert, sondern ihren Fokus stets auf Inhalte gelegt habe. Das sei ihre bewusste Entscheidung gewesen.
 
"Und ja, Politik ist manchmal hart", beschrieb sie ihre Nicht-Nominierung in den grünen Rathaus-Reihen. Was ihre Nachfolge an der Parteispitze anbelangt, habe sie keine Wunschkandidatin bzw. keinen Wunschkandidaten, versicherte die Noch-Chefin.
 

Hebeins größter Fehler

Ob sie Fehler gemacht habe? "Sicher sogar", meinte Hebein. Sie sei eben keine bequeme Politikerin. "Mein größter Fehler war zu unterschätzen, wie früh die SPÖ in den Wahlkampf einsteigen wird", räumte sie ein. Denn ab dem Frühjahr sei es nicht mehr möglich gewesen, mit dem Koalitionspartner bereits vereinbarte Projekte auch umzusetzen - etwa die verkehrsberuhigte Innenstadt oder den verpflichtenden Abbiegeassistenten, der seit Juli unterschriftsreif ausgearbeitet sei. Dass Rot-Grün nicht fortgesetzt wird, finde sie äußerst schade: "Das war die einzige progressive Regierung in ganz Österreich." Die SPÖ habe hier eine "rein machtpolitische Entscheidung" getroffen, die inhaltlich nicht nachvollziehbar sei.
 
Für die Grünen sei die Oppositionsbank aber auch eine Chance: "Die Wiener Grünen werden lauter sein." Denn nun müsse man keine Kompromisse mehr schließen, sondern könne "vieles offen ansprechen" und könne in der Bevölkerung "offensiv" um Projekte werben. Wobei Hebein für ihre Partei in Anspruch nimmt, in den vergangenen Jahren Standards etwa im Klimaschutzbereich gesetzt zu haben, hinter die es kein Zurück mehr gebe.
 
"Vieles im Koalitionspapier ist grüne Politik", so ihr Urteil über den Regierungspakt von SPÖ und NEOS. Man werde nun "genau hinschauen", dass die "ambitionierten Ziele" wie CO2-Neutralität bis 2040 und die Halbierung der Verkehrsemissionen in den kommenden zehn Jahren von Rot-Pink auch umgesetzt werden. Und Hebein ließ mit der Ansage aufhorchen, dass die Hauptstadt-Grünen auch "konstruktiv vermehrt Kritik an der (türkis-grünen, Anm.) Bundesregierung üben" würden.
 
Hebein nahm das heutige Hintergrundgespräch auch zum Anlass, um eine inhaltliche Bilanz über ihre Amtszeit zu ziehen. Es sei gelungen, der Stadt eine grüne Handschrift zu verpassen. Als Beispiele nannte sie die Einführung von Klimaschutzgebieten, wo in Neubauten nicht mehr mit Öl und Gas geheizt und gekühlt werden darf, die Erstellung der Hitzekarte und daraus abgeleitete Maßnahmen wie die "Coolen Straßen", die Schaffung von mehr Platz für Fußgänger im öffentlichen Raum oder groß angelegte Baumpflanzungen. Es sei ihr "eine Freude und ein Privileg" gewesen, als Vizebürgermeisterin etwas für diese Stadt beitragen zu dürfen.
 
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