Arbeitsrecht

Hundstorfer: Schranken für "All-in"-Verträge

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Minister will transparente Arbeitsverträge - Abfuhr von ÖVP und Wirtschaft.

Schon lange haben nicht mehr nur hochbezahlte Manager sogenannte All-in-Verträge, in denen von Normalarbeitszeit bis Überstunden alles abgegolten wird. Laut einer Erhebung der Statistik Austria ist bereits jeder fünfte Arbeitsvertrag "all in". Sogar bei Hilfskräften, Handwerkern oder Verkäuferinnen ist das keine Seltenheit mehr. Für Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) ist dies ein willkommenes Wahlkampfthema: Er fordert Einschränkungen und Transparenz, aber kein Verbot. Gewerkschaften und Arbeiterkammer stärken ihm den Rücken, der Koalitionspartner ÖVP und die Wirtschaft sind wenig angetan.

Der Sozialminister will vermeiden, "dass Leute, die 20 Stunden Pauschale haben, permanent 40 machen", wie er am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal sagte. In diesen Fällen müsste es weitere Zuzahlungen geben. Durch All-in-Verträge werde indirekt der Kollektivvertrag ausgehebelt.

Rechenbeispiel

Einem Elektriker zum Beispiel, der einen All-in-Lohn von 2.500 Euro bekommt und im Monat regelmäßig 30 Überstunden leistet, entgingen im Jahr 3.600 Euro, rechnet das Sozialministerium vor: Der branchen- bzw. ortsübliche Lohn liege bei 2.200 Euro, die Überstundenpauschale beträgt hier also 300 Euro. Mit diesen 300 Euro würden aber nur 15 Überstunden im Monat abgegolten, der Arbeitnehmer bekomme daher monatlich 15 Überstunden im Wert von 300 Euro nicht abgegolten. Der Grund: Der Stundenlohn für die Normalarbeitszeit beträgt in dem Rechenbeispiel 12,71 Euro, der Überstundenlohn das 1,5-Fache, also 19,07 Euro. Und 300 Euro geteilt durch 19,07 Euro macht mehr als 15 Stunden.

Dass Elektriker All-in-Verträge haben, ist nicht mehr ganz unüblich. Laut Statistik Austria haben bereits 44.100 Handwerker einen solche Klausel im Arbeitsvertrag, das sind 9,6 Prozent. Auch rund jede zehnte Hilfsarbeitskraft (16.600 Menschen) und jeder zehnte Fabriksarbeiter oder Monteur (20.000 Personen) wird nach dem Pauschalprinzip gezahlt. Noch höher ist der All-in-Anteil bei Bürokräften (17,8 Prozent) und Verkäufern (16,4 Prozent). Bei Technikern haben überhaupt 23,5 Prozent einen All-in-Vertrag, bei Akademikern 30,4 Prozent. Am höchsten ist der Anteil freilich bei Managern: Von den 130.900 Führungskräften brauchen 54,6 Prozent keine Stunden zu schreiben.

Trotzdem entfällt nur ein Siebentel aller All-in-Verträge auf Manager, aber 17 Prozent auf Hilfskräfte, gibt Hundstorfer zu bedenken. "Das war nicht geplant, auch nicht, dass das im Verkaufs-und Dienstleistungsbereich angewandt wird." Das sei nicht im Sinne der Erfinder, weil dadurch umgangen werde, dass in manchen Fällen Überstunden korrekt entlohnt werden: "Ein Paket Überstunden wird bezahlt, aber ein ganzes weiteres Paket machst du unbezahlt."

Überstunden im Arbeitsvertrag
Die Lösung, die Hundstorfer vorschwebt, ist Transparenz. Im Arbeitsvertrag solle klar ausgewiesen werden, wie viele Überstunden durch die Überzahlung abgedeckt sind und ab wann man eigentlich gratis arbeiten würde. "Alle Überstunden, die außerhalb des vertraglich vereinbarten Gehalts liegen, müssen dann natürlich ebenfalls bezahlt werden", so der Minister in einer Aussendung.

Ganz abschaffen will Hundstorfer die All-in-Verträge aber nicht, wie er betonte. Stärker blies da am Mittwoch schon die Gewerkschaft zum Angriff. Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des Gewerkschaftsbunds (ÖGB), fordert, dass All-in-Klauseln nur mehr für leitende Angestellte erlaubt sind - "und im Vertrag muss das für die Normalarbeitszeit zustehende Grundgehalt ersichtlich sein". Auch die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) urgiert eine Beschränkung von All-in-Verträgen auf "tatsächliche Führungspositionen". FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl hält All-in-Verträge schon lange für eine "unsoziale Unsitte". Die Arbeiterkammer (AK) fände mehr Transparenz in den Verträgen gut.

Wirtschaftskammer: Fehler, Betriebe einzuschränken
Eine Abfuhr bekam Hundstorfer dagegen erwartungsgemäß von der Wirtschaft. Martin Gleitsmann, Sozialpolitikexperte der Wirtschaftskammer (WKÖ), hielte es für einen "Fehler", die Entlastungsmöglichkeiten der Betriebe einzuschränken, wie er im Ö1-Mittagsjournal sagte. Gerade in den Krisenjahren 2008 und 2009 habe die Flexibilität geholfen, die Verluste der heimischen Unternehmen in Grenzen zu halten. Auch der Koalitionspartner will von einem All-in-Verbot für normale Angestellte offenbar nichts wissen: Wenn Hundstorfer bei den Regierungsverhandlungen eine konkrete Regelung zu All-in-Verträgen ansprechen wolle, könne man das Rahmen eines Gesamtpakets diskutieren, ließ Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) dem Mittagsjournal ausrichten. Beide Minister gehen also offenbar fix davon aus, dass sie der nächsten Regierungsmannschaft angehören.

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