Koalition im Clinch

Kasperl-Theater um Kommissar

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Der Streit um den EU-Kommissar wächst sich zu einer veritablen Regierungskrise aus. Die ÖVP besteht auf Molterer, die SPÖ auf Ferrero.

Zwischen den einstigen Freunden Faymann und Pröll fliegen erstmals die Fetzen. Die Regierung zankt sich bei der Frage des EU-Kommissars.

Faymann hatte der ÖVP in den Koalitions-Verhandlungen das „Vorschlagsrecht“ für den EU-Kommissar eingeräumt, dafür „freie Hand“ beim ORF erhalten – „ein schwerer Fehler“, wie viele SPÖ-Granden betonen.

Pröll versuchte seither dutzendfach, seinen Vorgänger Molterer als Kommissar in Position zu bringen. Ohne Erfolg – Molterer sei „der SPÖ nicht vermittelbar“, betonte Faymann wiederholt.

Eklat bei Barroso-Besuch: Pröll trickst Faymann aus
Donnerstag eskalierte der Streit: Bei einem „informellen“ Treffen mit Barroso wollte Faymann die – erhoffte – Antwort hören, dass Barroso von Österreich eine Frau als Kommissarin will. Barroso hat derzeit von 27 möglichen Kommissaren erst zwei (!) Frauen an Bord.

Pröll ahnte die Absicht – und trickste Faymann aus. Kurz vor dem Kanzler-Treffen erschien er selbst im Hotel Sacher und überbrachte dem EU-Präsidenten die Botschaft, „die Regierung werde Willi Molterer als Kommissar nominieren“. An Medien kommunizierte Pröll direkt danach: Barroso habe dem Vorschlag Molterer zugestimmt und für Molterer das mächtige „Agrar-Ressort“ versprochen.

Faymann sauer: „Österreich will Ferrero-Waldner!“
Der Kanzler erfuhr erst direkt vor seinem Treffen mit Barroso, dass Pröll bereits vor ihm dort war. Als ihm Barroso dann mitteilte, dass Pröll Molterer als „fix“ bezeichnet hat, platzte dem sonst sanften Faymann der Kragen. Er betonte gegenüber Barroso, dass es in der Regierung keinerlei Beschluss für Molterer gibt und die SPÖ Molterer nicht zustimmen wird. Was dann passierte, stärkt die Position von Faymann:

– Barroso betonte, dass er ein Amt als „Agrar-Kommissar“ für Molterer nicht versprechen kann.
– Barroso wünschte sich ausdrücklich eine Frau, insbesondere Ferrero, für die er das Amt der „Vizepräsidentin“ in Aussicht stellte.
– Auch Bundespräsident Fischer sprach sich Tags darauf gegenüber Barroso für Ferrero aus. .

Spannend: Ferrero ist „offen für ein zweites Mandat“
Aus Zorn auf Pröll ging Faymann mit seinem Votum für Ferrero Freitag in die „Zeit im Bild“. Gestern kam die ÖVP unter Druck. Via APA – und in einem Kurz-Telefonat mit ÖSTERREICH – richtete Benita Ferrero-Waldner aus, sie sei „grundsätzlich offen für ein zweites Mandat“. Heißt: Ferrero will bleiben – die ÖVP müßte ihre eigene Kommissarin „killen“.

Faymann sieht sich schon als Sieger: „Die ÖVP wird Ferrero zustimmen!“

Pröll trat gestern den Rückzug an: „Wir werden gemeinsam in der Regierung entscheiden!“

„Profil“ meldet ein „Geheimtreffen“ der beiden für heute. Faymann und Pröll dementieren: Heute kein Treffen, Entscheidung wird vertagt. Pröll will von Barroso die Zusage des „Agrar-Kommissar“ erhalten – und Faymann überzeugen.

Die Stimmung zwischen den beiden ist kaputt – der nächste Krach steht bevor.

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