In Österreich fehlen 220.000 Plätze in Ganztagsschulen. Ministerin Schmied befragt jetzt die Eltern, um Druck auf ÖVP und Lehrer zu machen.
„Der Hut brennt!“ So lautet die Diagnose von Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) zum Bildungssystem. Es geht um ihr Lieblingsthema: die Ganztagsschulen. Gut 90.000 Plätze stehen derzeit zur Verfügung. Für Schmied zu wenig, um „den Vormarsch der Privatschulen“ – also ein Zweiklassensystem – zu stoppen. Die Arbeiterkammer (AK) hat dazu eine Studie erstellt. Fazit: Rechnet man die bundesweit 50.000 Hortplätze hinzu, klafft eine Lücke von 220.000 benötigten Plätzen im Pflichtschulbereich. Insgesamt wurde ein Bedarf von 360.000 Plätzen errechnet. Befragt wurden Eltern von Kindergartenkindern, ob sie eine spätere schulische Nachmittagsbetreuung für nötig hielten.
Studie: Vor allem in den Volksschulen hapert es
Alarmierend
auch, dass in 23 politischen Bezirken Österreichs, etwa einem Viertel der
Verwaltungsfläche, laut AK keine einzige Volksschule Nachmittagsbetreuung
anbietet. In 36 Bezirken beträgt die Betreuungsquote sogar unter fünf
Prozent.
Fragebögen an 4.900 Pflichtschulen verschickt
Schmied will
es jetzt genau wissen: Sie startet eine sogenannte Vollbefragung: In den
kommenden Wochen werden Fragebögen an 4.948 Pflichtschulen verschickt. Dort
werden sie von den Elternvertretern an 741.500 Schüler verteilt, die sie
ihren Eltern bringen sollen. Gefragt wird etwa nach dem Angebot und der
Zufriedenheit mit der ganztägigen Betreuung. Ergebnisse sollen im Jänner
präsentiert werden.
Schmied rechnet damit, dass die vorhandenen Ganztagsplätze zumindest auf 200.000 aufgestockt werden müssen, und will gleichzeitig die Qualität der Betreuung erhöhen. Dafür braucht sie 170 Mio. Euro – von Finanzminister Josef Pröll. Der ÖVP-Chef ließ sie am Dienstag vorerst abblitzen: „Ich verstehe nicht, wie Schmied schon vor einer Erhebung sagen kann, dass der Mehrbedarf 170 Millionen Euro ausmachen wird“, so Pröll: „Ja, es wird mehr Geld geben, aber zuerst müssen die Fakten auf den Tisch.“
Auch Neue Mittelschule sorgt für Zündstoff
Für
koalitionären Zündstoff sorgt auch die Neue Mittelschule. Schmied will die
Zehnprozenthürde für den Schulversuch der gemeinsamen Unterbringung der 10-
bis 14-Jährigen auf 20 Prozent erhöhen. Auch hier will Pröll „erst eine
Auswertung sehen“.
Schmied: "Mir ist fast jedes Mittel recht" |