FPÖ-Klubobmann bedauert seinen jahrelangen Einsatz für seinen ehemaligen Chef.
FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl bedauert seinen jahrelangen Einsatz für seinen ehemaligen Parteichef Heinz-Christian Strache. "Mir ist es - im Lichte der jetzt im Raum stehenden Vorwürfe - ehrlich gesagt leid um die vielen Stunden, die wir verschwendet haben", sagte er im APA-Interview. Die Rahmenbedingungen bei der Wien-Wahl sieht er "alles andere als einfach".
Nicht nur Kickl selbst, ein ganzer Stab von Mitarbeitern habe sich um Strache gekümmert, um diesen auf dessen Auftritte vorzubereiten, blickt Kickl zurück. "Es war im Nachhinein gesehen schade um die Zeit", resümiert er. Auch die "Leibwächter-Obsession des Herrn Strache" hat Kickl laut eigenen Worten nicht verstanden. "Ich glaube, das war weniger einer tatsächlichen Gefährdung geschuldet als ein starkes repräsentatives Element."
"Willfähriges Werkzeug"
Beim Strache vorgeworfenen Missbrauch von Rechnungen sieht Kickl seine Partei als "Opfer von mutmaßlich betrügerischen Aktivitäten". Er FPÖ-Klubchef sei zwar nicht in Kenntnis der Akten, aber: "Mir fällt nur auf, dass die Ermittlungen von einer Staatsanwaltschaft geführt werden, die man vielleicht in einem politischen Naheverhältnis zur ÖVP zuordnen könnte." Man habe dort die Möglichkeit, aufs Gaspedal oder auf die Bremse zu drücken - "je nachdem, was vielleicht politisch opportun ist".
Auf der Hand liegt für Kickl auch, dass sowohl ÖVP als auch SPÖ gewisses Interesse an einer Kandidatur Straches hätten. "Da hat man ein nützliches willfähriges Werkzeug gefunden", findet er. Man könne Strache beherrschen in der Hoffnung, dass er der FPÖ ein paar Stimmen wegnimmt. "Aber es werden verlorene Stimmen sein am Ende", so Kickl. Strache selbst betrachtet dessen ehemaliger Kompagnon mittlerweile weniger als politisches Projekt, sondern "mit einem gewissen psychologischen Interesse".
Einziger Gegenpol
Geht es nach Kickl, muss man die FPÖ nach wie vor "fürchten", sei man doch der einzige Gegenpol zu den anderen Parteien, die in Wien antreten. Prozentuelle Vorhersagen will er aber vermeiden. "Dass die Rahmenbedingungen alles andere als einfach sind, liegt auf der Hand. Man muss aber auch dazu sagen, dass die Rahmenbedingungen 2015 geradezu ideal waren. So etwas gibt es wahrscheinlich auch nur alle 20 Jahre. Trotzdem gilt es, das Beste daraus zu machen."
Als Klubobmann im Nationalrat greift Kickl auch dessen Präsidenten, Wolfgang Sobotka (ÖVP), an, der im Ibiza-Untersuchungsausschuss ausgesagt hat. "Interessant" sei das dort geschilderte "Ketteninserate-System". "Das zeigt, dass wir mit dem, was wir am Beginn des Ausschusses gesagt haben, richtig liegen: Es wird kein Anti-FPÖ-Ausschuss, sondern einer, der den Strukturen der Zweiten Republik in die Magengrube hineinschaut. Und wenn es um Strukturen des Machtmissbrauchs geht, dann sind wir immer bei der ÖVP zu Hause."
Kritik an Sobotka
Unzufrieden ist Kickl mit Sobotka aber auch, was dessen Initiative für Plexiglaswände zwischen den Nationalratsabgeordneten betrifft. Er hält davon gar nichts, "ich kann überhaupt nicht verstehen, was da gemacht wird". Eigentlich sei in der Präsidiale vor der Sommerpause vereinbart worden, zur gewohnten Sitzordnung überzugehen, sollte es keine "ganz massive Verschärfung der Lage" der Corona-Situation in Österreich geben. Das Parlament würde sich zudem 90.000 Euro für die Wände sparen.
Auch von den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung hält Kickl wenig, wie etwa dem Ampel-System oder einem von ihm befürchteten "Impfzwang". "Das kann ja nur dazu führen, dass es einen Aufschrei gibt. Wenn der mit den normalen parlamentarischen Maßnahmen zu wenig Gehör findet, werden wir das auch auf die Straße tragen", kündigt der FPÖ-Klubobmann an.
Das Zerreißen einer Regenbogen-Fahne auf einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen regt Kickl nicht besonders auf. "Wenn man sich die eine oder andere Demonstration am Ballhausplatz angeschaut hätte, als wir in der Regierung waren, hätte man auch Bilder finden können, wo man gesagt hätte, das ist ein bisserl schräg", findet er. Es sei immer die Frage, wohin man den Fokus richtet, denn: "Der Liebe Gott hat einen großen Tiergarten. Und ich glaube, das hält die Demokratie schon aus."