Durchbruch beim Kompromiss zur Aufteilung des "ehelichen Gebrauchsvermögens". Ein Beschluss erfolgt noch vor der Sommerpause.
Es braucht künftig einen Notariatsakt, um die Aufteilung des ehelichen "Gebrauchsvermögens" (also z.B. Auto und Wohnung) zu regeln. Im Scheidungsfall soll diese Vereinbarung noch einmal vom Richter überprüft werden. Gegenüber dem im Vorjahr, noch von Ex-Justizministerin Maria Berger (S) in Begutachtung geschickten Entwurf hat die Koalition allerdings einige Punkte zurückgenommen. So wurden die neuen Rechte von Stiefeltern in der Kindererziehung abgeschwächt und auf verheiratete Stiefeltern beschränkt. Nicht enthalten ist die eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle, die Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V) bis Jahresende auf den Weg bringen will.
Die Gesetzesnovelle soll noch vor der Sommerpause beschlossen werden.
Die Neuregelungen, die mit 1. Jänner 2010 in Kraft treten sollen, im Detail:
- EHEWOHNUNG:
Deutlich erweitert wird der Spielraum für Vereinbarungen, mit denen Ehepaare die Vermögensaufteilung im Scheidungsfall - konkret die Aufteilung der Ehewohnung - vorab regeln können. Bisher werden Wohnungen, die von einem Partner bzw. einer Partnerin in die Ehe mitgebracht werden, automatisch in das aufzuteilende Vermögen einbezogen, wenn der andere Partner oder die gemeinsamen Kinder auf die Wohnung angewiesen sind. Künftig können Paare vorab vereinbaren, ob sie diese Wohnung aufteilen wollen oder nicht. Hiermit sollen z.B. Befürchtungen ausgeräumt werden, ein Ex-Ehepartner könnte nach der Scheidung ein von der Familie ererbte Wohnung erhalten. Diese Vereinbarung über das Eigentum an der Ehewohnung kann im Scheidungsfall nicht mehr angetastet werden. Allerdings kann das Gericht dem anderen Partner ein Wohnrecht in der Wohnung zugestehen, wenn andernfalls "die Sicherung der Lebensbedürfnisse des Ehegatten oder eines Kindes gefährdet" wäre bzw. wenn ein Umzug "zu einer wesentlichen Verschlechterung der bisherigen Lebensverhältnisse" führen würde. - ERSPARNISSE und SONSTIGES GEBRAUCHSVERMÖGEN:
Zwei verschiedene Vereinbarungen können zur Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des sonstigen ehelichen Gebrauchsvermögens (z.B. Auto, Motorrad, Wochenendhaus) geschlossen werden: Für die Ersparnisse ist ein Notariatsakt nötig (hier ändert sich nichts), für das sonstige Gebrauchsvermögen genügt künftig auch eine schriftliche Vereinbarung. Beide Verträge können allerdings vom Gericht aufgehoben werden, wenn einer der Partner bei der Aufteilung derart benachteiligt wurde, dass die Einhaltung des Vertrags "unzumutbar" ist. Die Neuregelungen für das "eheliche Gebrauchsvermögen" (also Wohnung, Ersparnisse und sonstiges Gebrauchsvermögen) gelten ab 1. Jänner 2010. Bereits bestehende Vereinbarungen behalten ihre Gültigkeit, wenn sie diesen Bestimmungen entsprechen. - UNTERHALTSVORSCHUSS:
Der staatliche Unterhaltsvorschuss wird beschleunigt. Hat (in der Regel die Frau) nach einer Scheidung Anspruch auf Unterhalt, aber der Partner verweigert die Zahlung, dann springt der Staat in die Bresche. Bisher zahlte die öffentliche Hand aber erst nach einem erfolglosen Exekutionsversuch gegen den Schuldner. Künftig soll es schon nach Einbringen eines gerichtlichen Exekutionsantrags Unterhaltsvorschuss geben. Das Justizministerium versucht anschließend, sich am Schuldner schadlos zu halten, was in nicht ganz der Hälfte der Fälle auch gelingt. Angepasst werden auch die Richtsätze für die Unterhaltszahlungen für die Kinder von Häftlingen bzw. für die Kinder von nicht greifbaren Unterhaltsschuldnern: Jüngere Kinder bekommen mehr, ältere weniger. Die Summe bleibt gleich. In einer Übergangszeit von vier Jahren wird das laut Justizministerium Mehrkosten von bis zu 305.000 Euro verursachen - danach werden keine Mehrkosten mehr befürchtet. - PATCHWORK-FAMILIEN:
Stiefeltern sollen künftig schulische Entscheidungen treffen dürfen, etwa Entschuldigungen für den Schulunterricht unterschreiben dürfen. Die Genehmigung medizinischer Behandlungen fällt entgegen erster Angaben nicht unter die neuen Rechte für Stiefeltern. Bei Adoptionen sollen die Gerichte künftig außerdem Strafregisterauszüge über das Umfeld der Adoptiveltern einholen. Außerdem soll der staatliche Unterhaltsvorschuss bereits früher gewährt werden: Derzeit zahlt der Staat nämlich erst nach einem erfolglosen Exekutionsverfahren gegen einen säumigen Unterhaltspflichtigen. - BERATUNGSPFLICHT
Die im Vorjahr geplante, aber von der ÖVP abgelehnte Beratungspflicht vor einvernehmlichen Scheidungen kommt nicht. Stattdessen soll der Richter im Scheidungsverfahren nachfragen, ob eine Beratung in Anspruch genommen wurde. Wenn nicht, wird den Parteien noch Zeit für eine allenfalls noch gewünschte Beratung gegeben.