Sabine Jungwirth im Interview

Koglers Partnerin: "Ich bin keine Beiwagerl Frau"

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Anfang März finden Wirtschaftskammer-Wahlen statt. Für die Grünen kämpft Sabine Jungwirth, die Partnerin von Werner Kogler, um ein zweistelliges Ergebnis.

Bei Wahlen hat Sabine Jungwirth in den vergangenen Jahren zur Genüge gezittert. Ihr Lebensgefährte Werner Kogler kämpfte zwei Jahre lang um den Wiedereinzug der Grünen, zunächst bei der Europawahl, dann, mit Happy End und Regierungsbeteiligung, bei der Nationalratswahl. Jetzt ist die Vorsitzende der Grünen Wirtschaft selbst mit Wahlkampf an der Reihe: Vom 2. bis 5. März führt die 51-jährige Steirerin die Grünen in die Wirtschaftskammerwahlen.

Zwischen Kindergarten und eigenem Unternehmen

Auch wenn Jungwirth jetzt viel Aufmerksamkeit bekommt, weil sie seit neun Jahren die Lebensgefährtin von ­Vizekanzler Werner Kogler ist, stellt sie klar: „Ich bin selbst Politikerin und keine Beiwagerl-Frau.“ Sie kämpft in der Kammer vor allem für kleine Betriebe, für die Ökologisierung der Unternehmen und mehr Frauen in den Führungsetagen.

Davor saß Jungwirth sechs Jahre für die steirischen Grünen im Landtag und war auch deren Klubobfrau. Sie gründete ein Unternehmen, als ihre Kinder (zwei Buben und ein Mädchen, heute 30, 24 und 20 Jahre alt) noch in den Kindergarten gingen.

Jungwirth hatte noch eine weitere Herausforderung in ihrem Leben zu meistern. Tochter Miriam hat Down­syndrom. Beim Bundeskongress der Grünen holte sie Werner Kogler auf die Bühne: „Die Miriam ist ein Sonnenschein“, sagte er damals. Dass Kogler gut mit Kindern, auch mit Miriam so auskommt, war für Jungwirth „eine Überraschung von Anfang an.“

»Quote? Das geht bei der ÖVP da rein und da raus«

Insider: Die Grünen machen sich seit jeher für die Arbeitnehmer stark. Sie vertreten die andere Seite, die Unternehmer. Wer ist da bei der Wirtschaftskammerwahl Ihre Zielgruppe?

Sabine Jungwirth: Unsere Zielgruppe sind durchwegs Unternehmen, die sich ökologisch oder sozial in irgendeiner Form engagieren. Prinzipiell wollen wir zur Weltverbesserung beitragen, aber wir erwarten von niemandem, dass er perfekt ist. Von der Größe her haben wir uns immer besonders für die Ein-Personen-Unternehmen engagiert.

Insider: Für die Ein-Personen-Unternehmen wollen Sie eine bessere soziale Absicherung. Was konkret?

Jungwirth: Das Krankengeld bei den Selbstständigen muss verbessert werden. Ein Riesenanliegen ist uns auch die Abschaffung der Mehrfachversicherung. Und dann geht es natürlich ums Arbeitslosengeld. Das Arbeitslosengeld für Selbstständige gibt es zwar als Modell, aber es funktioniert überhaupt nicht und wird auch nicht angenommen, weil es untauglich ist. Wenn man nachrechnet, habe ich tatsächlich mehr davon, wenn ich das Geld auf mein Sparbuch lege.

Insider: In Ihrem Programm findet sich auch das „mobile Arbeitszimmer“, für das Sie steuerliche Erleichterungen wollen. Was bitte ist ein mobiles Arbeitszimmer?

Jungwirth: Das mobile Arbeitszimmer ist eigentlich nur ein Ausdruck dafür, dass immer mehr Selbstständige nicht mehr im klassischen Büro arbeiten, sondern einmal zu Hause am Küchentisch, einmal im Kaffeehaus oder sonst wo. Diese „mobile workers“ brauchen tatsächlich einen Pauschalbetrag.

Insider: Frauenförderung in Unternehmen haben Sie ebenfalls in Ihrer Kampagne. Geht es Ihnen um Sichtbarkeit oder um Quoten? Ich nehme an, Sie sind eine Freundin der Quote?

Jungwirth: Ja, wer nicht? Die Quote brauchen wir auch in den Gremien der Wirtschaftskammer. Aber das geht beim ÖVP-Wirtschaftsbund da rein und dort raus. Die ÖVP hat jetzt gleich viele Frauen wie Männer in der Regierung. Vielleicht hat sich Sebastian Kurz da bemüht, weil es sonst neben den Grünen blöd aussieht. Aber schauen Sie sich die Chefetagen der großen Konzerne an, die sind weiterhin männlich.

Insider: Viele Frauen schrecken vielleicht auch davor zurück, weil sie als Mütter in der Selbstständigkeit ihre Arbeitszeiten schwer abschätzen können.

Jungwirth: Eher im Gegenteil. Viele Frauen, die wir befragt haben, machen sich selbstständig, damit sie die Vereinbarkeit besser hinbekommen. Ich habe mich auch selbstständig gemacht, als meine Kinder noch klein waren. Ich bin am Vormittag im Büro gesessen, wenn die Kinder im Kindergarten waren, am Nachmittag war ich da und habe sie noch ins Bett gebracht, dann bin ich wieder reingefahren.

Insider: Großes Thema ist mit der grünen Regierungsbeteiligung natürlich die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie. Rennen Ihnen die Unternehmer nicht die Türen ein mit Befürchtungen, dass sie zusätzliche Abgaben für klimaschädliches Verhalten nicht auch noch stemmen können?

Jungwirth: Genau umgekehrt. Sogar die Logistiker kommen und sagen: Bitte schaut’s drauf, dass wir schnell umsteigen können und die Bahn günstiger wird. Die, die innovativ sind, werden nichts zu befürchten haben. Aber Ölhändler werden nicht hundert Jahre ihr Geschäftsmodell ­fortführen können. Kodak hat auch zusperren müssen, weil sie den Schritt in die digitale Fotografie verpasst hat.

Insider: Sie leben seit neun Jahren mit Werner Kogler zusammen, der jetzt Vizekanzler ist. Wie ist diese neue Rolle in der Öffentlichkeit für Sie?

Jungwirth: Das ist für mich nichts Ungewohntes. Ich war sechseinhalb Jahre Landtagsabgeordnete und auch Klubobfrau, da hat man genauso Repräsentationspflichten. Ich bin keine Beiwagerl-Frau, tut mir leid, das ist nicht mein Ding. Ich bin selbst Politikerin.

Insider: Wie haben Sie die vergangenen zwei Jahre erlebt, als die Grünen aus dem Parlament flogen und Werner Kogler übernommen hat?

Jungwirth: Anstrengend, extrem stressig. Die Grünen waren ein Lebensprojekt vom Werner. Das ist so, wie wenn ein Unternehmen an der Kippe zum Konkurs steht. Stressig ist es jetzt auch, aber es ist völlig anders, ein positiver Stress.

Insider: Ihre Tochter hat Downsyndrom. Am grünen Bundeskongress hat sie Kogler auf die Bühne geholt. Das war ein sehr persönlicher Moment, hatte man den Eindruck.

Jungwirth: Ja, die beiden mögen sich total gern. Die Miriam ist immer total begeistert, wenn er kommt. Der Werner war da für mich sowieso eine Überraschung von Anfang an, dass der mit Kindern so gut kann, obwohl er selbst keine hat. Es gibt genug Beziehungen, wo das schwierig ist. Bei uns war das nie so.

D. Knob

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