Sicherung der mazedonischen Grenze "sinnvollste Lösung für die Region".
Mit politischen Gesprächen in Sarajevo hat Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) am heutigen Montag eine Westbalkan-Reise begonnen, die ihn bis Freitag in alle sechs Länder der Region führen wird. "Das zentrale Thema ist die Flüchtlingskrise", sagte Kurz zum Auftakt seiner Gespräche. Er will vor allem in Serbien, Mazedonien und Albanien über konkrete Maßnahmen zum Schutz der Grenzen sprechen.
Griechen stellen sich quer
"Ich bin nicht bereit, auf eine Lösung mit Griechenland zu warten", sagte der Außenminister. In Athen gebe es nämlich "kaum Bereitschaft, die Flüchtlingskrise zu lösen". Das Land sei in einer "komfortablen" Situation, "weil kein Flüchtling länger als 24 Stunden dort bleibt" und die Balkanroute damit noch attraktiver werde. Kurz empörte sich in diesem Zusammenhang darüber, "dass die Griechen europäische Gelder für den Fährtransport" der Flüchtlinge aus der Ägäis bekämen.
Balkan-Tour
Die "sinnvollste Lösung für die Region" sei daher eine Sicherung der mazedonisch-griechischen Grenze, betonte Kurz. Es gebe hier einen "Schulterschluss" Österreichs mit Kroatien und Slowenien. Mazedonien sei offen für den Vorschlag, konkret soll er am Freitag beim Besuch des Außenministers in Skopje erörtert werden. Der größte Teil der Balkanroute verläuft über Serbien, das Kurz bereits am morgigen Dienstag besuchen will. Am Mittwoch wird er in Albanien erwartet, das als mögliche "Ausweichroute" bei einer Abriegelung der mazedonisch-griechischen Grenze ebenfalls eingebunden werden soll. Weitere Stationen der Reise sind Montenegro und der Kosovo.
Mit seinem Besuch in allen Westbalkan-Staaten will Kurz auch das Engagement Österreichs für eine EU-Annäherung der Region bekräftigen. Um diese zu beschleunigen, hat Österreich erstmals mit allen Ländern bilaterale Aktionspläne vereinbart, die konkrete Unterstützungsmaßnahmen enthalten. Schließlich plant der Außenminister in allen sechs Hauptstädten Treffen mit Wirtschaftstreibenden. Österreich sei jeweils unter den größten Investoren, die Wirtschaftsbeziehungen mit der Region "sichern unzählige Arbeitsplätze" in Österreich.
Dichtes Programm
In Bosnien-Herzegowina trifft Kurz am Montagvormittag mit Ministerpräsident Denis Zvizdic und den Mitgliedern des dreiköpfigen Staatspräsidiums (Dragan Covic, Bakir Izetbegovic und Mladen Ivanic) zusammen. Mit Außenminister Igor Crnadak unterzeichnet er zu Mittag ein Abkommen über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit. Außerdem wohnt er im bosnischen Nationaltheater der Auftaktveranstaltung des österreichisch-bosnischen Kulturjahres bei. Auftreten wird dabei die österreichische Gruppe Square Waltz, die Walzermusik modern interpretiert. Das Kulturjahr mit 50 Veranstaltungen in beiden Ländern soll laut Kurz zu einem "besseren, zeitgenössischen Verständnis" voneinander beitragen. So sind in Bosnien erstmals Werke zeitgenössischer österreichischer Künstler wie Friedensreich Hundertwasser zu sehen, während mehrere junge bosnische Künstler zu Gastaufenthalten nach Wien eingeladen werden.
Das Abkommen über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit soll vor allem den Know-how-Transfer verbessern. Wirtschaftlich steht das Land gar nicht so schlecht da. Im Vorjahr ist die Wirtschaft um 2,2 Prozent gewachsen, die Auslandsinvestitionen steigen. Mit 1,3 Milliarden Euro ist Österreich der größte Investor. Bemerkenswerterweise ist Bosnien-Herzegowina auch das einzige Land der Region, aus dem Österreich mehr importiert als exportiert. Für viele österreichische Unternehmen ist das Land mit seinem niedrigen Lohnniveau nämlich zu einer verlängerten Werkbank geworden.
Bosnien als Chance
Vor seinen politischen Gesprächen traf Kurz zu einem Wirtschaftsfrühstück mit österreichischen Unternehmern zusammen. "Bosnien ist ein Land voller Chancen für österreichische Unternehmen", betonte der Außenminister. Mit Blick auf den bevorstehenden EU-Beitrittsantrag Bosnien-Herzegowinas äußerte der Außenminister die Sorge, dass es im Land zu einer "Frustration" kommen könnte, "wenn danach zu lange nichts passiert". Während nämlich andere Westbalkan-Länder "auf einem guten Weg" in die Europäische Union seien, laufe "das Ganze in Bosnien natürlich schleppender", sagte Kurz mit Blick auf die politischen Blockaden im Land. Der internationale Bosnien-Beauftragte Valentin Inzko, den Kurz bereits am Sonntagabend in Sarajevo traf, rechnet damit, dass "15 bis 20 Jahre" vergehen könnten, ehe Bosnien der EU beitreten wird.