Kanzler im Interview

Kurz: 'Meine Pläne für 2019'

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Kanzler Sebastian Kurz über Steuerreform, neues Pflegemodell und ein Jahr Türkis-Blau.

 

ÖSTERREICH: Ein Jahr türkis-blaue Regierung: Wie fällt Ihre Bilanz Ihres ersten Kanzler­jahres aus?

Sebastian Kurz: Dieses Jahr war ein Erfolg. Ich bin sehr ­zufrieden, dass wir die versprochenen Punkte umsetzen konnten. Wir haben mit dem Familienbonus eine echte Steuerentlastung und wichtige Reformen wie die Mindestsicherung umgesetzt. Das Positivste war für mich aber der Budgetbeschluss. Nach über 60 Jahren macht Österreich erstmals keine neuen Schulden mehr.

ÖSTERREICH: Zuletzt hat es den Eindruck gemacht, dass die Stimmung zwischen ÖVP und FPÖ nicht mehr ganz so harmonisch ist wie am Anfang.

Kurz: In einer Zusammen­arbeit gibt es natürlich auch Herausforderungen. Das „Ali-Video“ oder die Diskussion um den niederösterreichischen Landesrat Gottfried Waldhäusl waren solche. Dazu habe ich meine Meinung auch klar ausgesprochen. Aber ich bin froh, dass wir gemeinsam daran arbeiten, das Regierungsprogramm umzusetzen.

ÖSTERREICH: Ist es im vergangenen Jahr eigentlich auch einmal lauter zwischen Ihnen und dem Koalitionspartner geworden?

Kurz: Nein, ich bin kein Mensch, der lauter wird. Wir sind unterschiedliche Parteien mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und Zugängen, die sich auf ein Programm geeinigt haben. Dass man da hin und wieder diskutiert, liegt ja in der Natur der Sache.

ÖSTERREICH: Sie haben eine große Pflegereform angekündigt. Wie soll die ausschauen?

Kurz: Es muss in Österreich die Pflege zu Hause und ein ­Altern in Würde möglich sein. Das ist mir sehr wichtig. Wir brauchen bei der Pflege mehr Unterstützung für Angehörige, gut ausgebildete Pflegekräfte und eine nachhaltige Finanzierung. Bis zum Ende des kommenden Jahres werden wir ein genaues Modell aus­arbeiten, das dann mit 1. Jänner 2020 in Kraft tritt.

ÖSTERREICH: Wird das in Form einer Pflegeversicherung kommen?

Kurz: Die Pflegeversicherung ist eine sinnvolle Idee. Aber es gibt verschiedene Ideen für die Finanzierung, das werden die Experten jetzt ausarbeiten. Dazu werden wir auch eine Studie in Auftrag geben.

ÖSTERREICH: Sie haben auch ­eine große Steuerreform angesagt. Von welchem Volumen sprechen wir? Werden es mehr als fünf Milliarden Euro?

Kurz: Das ist sicher eine ­Größenordnung, die wir anstreben. Das genaue Volumen der Steuerreform werden wir bis 15. April festlegen und im Oktober den Beschluss dazu fassen. Es wird jedenfalls eine deutliche Steuerentlastung für kleine und mittlere Einkommen geben, die Menschen müssen von ihrem Einkommen leben können. Hier werden wir mit dieser Steuer­reform eine Trendwende einleiten und wollen im Gegensatz zu den Vorgängerregierungen die Abgabenquote nicht erhöhen, sondern endlich senken.

ÖSTERREICH: Wie stellen Sie sich diese Steuerreform genau vor?

Kurz: Ich will eine wirkliche Vereinfachung des Steuersystems. Zudem wollen wir nicht nur in die Steuerstufen eingreifen, sondern auch die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge in Angriff nehmen, die mittlerweile schon einen höheren Teil der Steuern und Abgaben auf Arbeit ausmachen als die tatsächliche Lohnsteuer.

ÖSTERREICH: 2019 soll es eine große Digitalisierungsoffensive geben. Was heißt das konkret?

Kurz: Ganz wichtig ist mir 
 die Einführung des digitalen Amts. Die Bürgerinnen und Bürger sollen möglichst un­bürokratisch agieren können, ohne mühsame Behördenwege. Und dann geht es natürlich auch um den Infrastrukturausbau. Ich will, dass Österreich beim 5G-Ausbau Vorreiter in Europa wird.

ÖSTERREICH: Es gab diese Woche viel Kritik am niederösterreichischen Landesrat Gottfried Waldhäusl. Sollten ihm die Asylagenden entzogen werden?

Kurz: Es ist richtig, dass die Landeshauptfrau hier schnell und klar reagiert hat. Der Landesrat bekommt jetzt eine letzte Chance.

ÖSTERREICH: Zurzeit sind Sie in Afrika. Was ist das Ziel Ihrer Reise?

Kurz: Wir sind in Äthiopien und Ruanda, um das Afrika­forum in Wien vorzubereiten. Im Rahmen dieses Wirtschaftsforums möchten wir künftig eine stärkere wirtschaftliche Kooperation mit den afrikanischen Staaten sicherstellen. Wir müssen die Lebensbedingungen in diesen Ländern vor Ort verbessern.

ÖSTERREICH: „Schweigekanzler“ wurde zum Wort des Jahres gewählt. Sind Sie ein Schweigekanzler?

Kurz: Nein, aber ich bin auch nicht der Chefkommentator der Republik.

Niki Fellner

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