Spindelgger-Besuch

Papst ist besorgt um Österreich

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Das Thema Menschenrechte stand im Zentrum der Unterredung im Vatikan.

13 Minuten nahm sich Papst Benedikt für ein Vieraugengespräch mit VP-Vizekanzler Michael Spindelegger Zeit. Gleich zu Beginn eine Überraschung: Beim Vieraugengespräch zeigte sich der Heilige Vater „erstaunlich gut über die politische Situation in Österreich“ informiert, so Spindelegger.

Tatsächlich sprach der Außenminister und gläubige Katholik – Spindelegger gehört dem Orden der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem an – mit dem 84-jährigen Papst auch über Probleme der katholischen Kirche in Österreich. Benedikt XVI. (er ist mit Wiens Erzbischof Christoph Schönborn befreundet) sprach die „Ungehorsam“-Initiative von Pfarrer Helmut Schüller sogar von sich aus an. Schüller will, dass Frauen Kirchenämter bekleiden dürfen und fordert ein Ende des Zölibats.
Auch über die Probleme der ÖVP war der Papst sogar im Detail informiert.

Aufräumen in der ÖVP.
Für Spindelegger (er reiste mit Ehefrau Margit nach Rom) war der Besuch eine willkommene Auszeit von der ÖVP-Krise. Im Österreich-Interview geht der VP-Chef jetzt erstmals klar in die Offensive: Er möchte angesichts des Korruptionssumpfes einen Ehrenkodex für die Politik, insbesondere für seine Partei. Dem Koalitionspartner, vor allem auch SP-Kanzler Werner Faymann, richtete er klare Worte aus: „Wir fürchten uns nicht vor Wahlen.“ Und: Faymann solle seinen Leuten klarmachen, dass auch er keine Neuwahlen wolle.

In seiner Partei möchte Spindelegger jetzt aufräumen: Laut Insidern dürfte Wiens VP-Chefin Christine Marek statt Wolfgang Schüssel ins Parlament einziehen. Dafür will Spindel­egger einen neuen Obmann an der Spitze der angeschlagenen Wiener ÖVP.

Die Skandale rund um Buwog, Telekom, Eurofighter lassen den schwarzen Vizekanzler derzeit freilich noch ratlos zurück. Denn, so ein VP-Grande zu ÖSTERREICH: „Wir wissen noch nicht, was noch alles aufgedeckt wird und was auf uns zukommen könnte.“

 

ÖSTERREICH: Wie war Ihr Vieraugengespräch mit dem Papst?
Michael Spindelegger: Er wusste erstaunlich gut über unsere Politik Bescheid.

ÖSTERREICH: Haben Sie mit ihm über die „Ungehorsam“-Initiative von Ex-Caritas-Chef Helmut Schüller geredet?
Spindelegger: Der Heilige Vater hat die Initiative selber angesprochen. Er hat mir seine Ansicht gesagt. Ich bitte um Verständnis, dass ich nicht mehr über das Vier­augengespräch sagen kann!

ÖSTERREICH: Sie haben erzählt, dass der Papst über die ÖVP-Probleme Bescheid weiß. Wie kommen Sie aus der Defensive?
Spindelegger: Im Zentrum steht ein Korruptionssumpf, der mehrere Parteien umfasst und der das Vertrauen der Menschen in die Politik erschüttert. Ich unterstütze daher den Vorstoß von Christoph Leitl für einen Ehrenkodex für Politiker. Politiker müssen einen höheren moralischen Anspruch haben, wir brauchen ein moralisches Grundkonzept!

ÖSTERREICH: Derzeit ist die Stimmung in der Koalition alles andere als gut …
Spindelegger: Was mich derzeit am Koalitionspartner stört, ist, dass die SPÖ Themen – die Wehrpflicht oder Vermögenssteuern – hochspielt, die sie populistisch nutzen will, aber die in der Sache nichts bringen! Faymann muss sich an das halten, was vereinbart wurde.

ÖSTERREICH: Befürchten Sie Neuwahlen?
Spindelegger: Der Kanzler sagt mir, dass es keine Neuwahlgedanken gebe. Aber das soll er auch seinen Leuten klarmachen. Meine Aufforderung ist: Er muss seiner Partei klarmachen, dass er der Chef ist und das nicht will. Wir fürchten uns nicht vor Wahlen, aber ich stehe zur Regierungsarbeit und möchte weiterarbeiten und ich hoffe, Faymann will das auch!

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