Wirtschaftskammer-Präsident Leitl wies die Kritik Molterers an den Sozialpartnern zurück. Kdolsky gestand mangelnde Kommunikation ein.
Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (V) hat Fehler bei der Gesundheitsreform zur Sanierung der Krankenkassen eingestanden. "Es ist inhaltlich ein richtiger Schritt. Auf emotionaler und kommunikativer Ebene ist es ein Misserfolg", sagt sie in einem Interview für die Sonntag-Ausgabe des "Kurier". Und weiter: "Es war nicht so, dass ich arrogant über alles drüber gefahren bin. Aber offensichtlich habe ich es nicht geschafft, genug zu kommunizieren, vor allem mit den Ärzten. Asche auf mein Haupt: Da nehme ich auch gern einen Teil der Schuld auf mich."
Verständnis zeigt Kdolsky auch für die innerparteiliche Kritik des ÖAAB und von Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. "Der ÖAAB ist halt in Sorge um die Selbstverwaltung, das kann ich nachvollziehen. Und Rasinger ist ein hervorragender Arzt, der aber halt nur die große Reform sieht und nicht die ersten Schritte. Da ist Grant auf vielen Seiten, und das bauscht sich dann wunderhübsch zu einer Eruption auf."
Leitl weist Vorwürfe zurück
Wirtschaftskammer-Präsident
Christoph Leitl hat am Sonntag die Kritik von Vizekanzler und ÖVP-Obmann
Wilhelm Molterer an den Sozialpartnern in der Gesundheitsdebatte
zurückgewiesen. "Wir haben unseren Auftrag erfüllt",
sagte Leitl. Mit dem ÖAAB, der die Kassenreform ablehnt, gestand der Obmann
des ÖVP-Wirtschaftsbundes einen "sachlichen Konflikt" ein.
Aber ein Konflikt sei "keine Katastrophe, sondern in einer Demokratie
etwas Normales". An die Kritiker der Reform richtete Leitl die
Aufforderung, nicht nur Nein zu sagen, sondern auch konstruktive Vorschläge
zu machen.
Die Kritik Molterers, wonach die Sozialpartner ihr Konzept zu wenig mit den Betroffenen abgestimmt hätten, lässt Leitl nicht gelten. "Als Unternehmer bin ich gewohnt Aufträge zu erfüllen." Wirtschaft und ÖGB seien von der Regierung gebeten worden, ihre Vorschläge zur Sanierung der Kassen vorzulegen. "Das haben wir getan. Punkt." Wenn die Regierung einen Zusatzauftrag mit der Bitte um Koordination habe, dann müsste man darüber reden, diesen habe es aber nicht gegeben.
Keine Dramatisierung
Dass sich Molterer mit seinem Vorwurf an
den Sozialpartnern abputzen wollte, glaubt Leitl nicht. Man habe das
gemeinsame Interesse, das Gesundheitswesen zu sichern und auszubauen.
Zweites gemeinsames Ziel sie es, ohne Zusatzbelastung der Beitrags- und
Steuerzahler das Gesundheitssystem finanziell stabil zu halten.
Nicht dramatisieren wollte der Wirtschaftskammer-Präsident die ÖVP-interne Auseinandersetzung mit dem ÖAAB, der die Reform ablehnt. "Das ist ein sachlicher Konflikt, die menschliche Komponente ist davon nicht betroffen", sagte Leitl. Unterschiedliche Standpunkte seien in einer Demokratie "etwas Natürliches". Zur Tatsache, dass diese zwischen Parteifreunden hier auch öffentlich ausgetragen werden, erwiderte Leitl, dass man den Vorwurf der "Packelei" erheben würde, wenn es nur hinter verschlossenen Türen geschehen würde. Leitl zeigte sich aber zuversichtlich, dass man eine gemeinsame Linie finden werde.
Keine konstruktiven Vorschläge
Den Kritikern warf der
Wirtschaftskammer-Präsident vor, selbst keine konstruktiven Vorschläge auf
den Tisch zu legen. Jeder sage nur, wie es nicht gehe. Wie es besser gehe,
sage niemand. "Das vermisse ich." Alle seien eingeladen, bessere
Vorschläge vorzulegen, um das Ziel der Sicherung und finanziellen Stabilität
des Gesundheitssystems ohne Belastung der Steuerzahler zu erreichen. Es sei
gut, dass jetzt der Sozialausschuss am 17. Juni die Beratungen im Parlament
aufnehme. Die Abgeordneten hätten nun die Möglichkeit zu zweckdienlichen
Lösungen zu kommen.
Hart ging Leitl mit der Kritik der Ärztekammer ins Gericht. "Wenn (Ärztekammer-Präsident Walter) Dorner statt (Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karlheinz) Kopf die Verantwortung übernehmen möchte, dann können wir darüber reden." Aber dann müsste die Ärztekammer auch ihr Vermögen einsetzen, um die finanziell am schwersten angeschlagenen Kassen, wie die Wiener oder die Niederösterreichische, zu sanieren, meinte der Wirtschaftskammer-Präsident.
"Kompletter Unsinn"
Als "kopletten Unsinn"
wies Leitl Vermutungen zurück, die Sozialpartner hätten sich auf einen Deal
verständigt, wonach die Wirtschaft in den Trägern mehr Macht und der ÖGB
Geld zur Sanierung der Kassen bekomme. Der Wirtschaftskammer-Präsident
sprach von einer "gleichberechtigten Partnerschaft". Daran ändere
sich auch nichts dadurch, dass die Rechte der Kontrollversammlung - und
damit der Wirtschaft - erweitert werden.
Zur Kritik, dass die Spitäler nicht in dem Reformentwurf enthalten sind, stellte Leitl fest, dass man dies anfangs überlegt habe und die Finanzierung aus einer Hand ja auch im ursprünglichen Konzept der Sozialpartner angesprochen gewesen sei. Dann sei aber der Einwand gekommen, dass man dafür den Finanzausgleich mit den Ländern aufmachen hätte müssen. Deshalb habe man sich darauf verständigt, die Spitalsfinanzierung in einer zweiten Stufe zu erledigen. Leitl erklärte dazu, er sei dafür, dass man einen Riesenstein nicht auf einmal hebe. Eine Etappenlösung sei durchaus vernünftig, allerdings müsse der zweite Schritt dann auch wirklich folgen.