Wiens Bürgermeister geht nicht davon aus, dass der Lockdown gelockert wird.
Wiens Landeshauptmann und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) rechnet im Vorfeld der Gesprächsrunde zwischen Bundesregierung und Landeshauptleuten nicht damit, dass Österreich bald Corona-Lockerungen ins Haus stehen könnten. "Ich gehe davon aus, dass es Verschärfungen gibt", sagte der Sozialdemokrat am Freitag am Rande eines Medientermins. Das sei aber nur seine Vermutung. Konkrete Informationen gebe es nämlich noch nicht.
Insofern sei er "gespannt" auf das von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigte Gespräch mit den Länderchefs. Ludwig begründete seine Annahme, dass der derzeitige Lockdown noch angezogen werden könnte, mit der "Dramaturgie der letzten Tage". Dabei verwies er etwa auf den gestreuten Verdacht, dass es im Wiener Abwasser bereits Spuren der wohl deutlich ansteckenderen Virus-Variante B.1.1.7. gebe. Wenn derlei seinen Weg zu den Medien finde, deute dies wohl auf Verschärfungen hin, führte er seine "Erfahrungen aus den vergangenen Monaten" ins Treffen.
Kritik an Regierung
Wobei Ludwig hier durchaus Kritik anbrachte: "Die Politik sollte wissensbasiert agieren und nicht aufgrund von Verdachtsfällen." Außerdem vermisst der Wiener Bürgermeister klare Zielvorgaben des Bundes, wohin man bei der Pandemiebekämpfung eigentlich will. Bei klaren Zielen wäre die Bereitschaft der Bevölkerung höher, diese auch zu erreichen, glaubt der Stadtchef.
Wiewohl man aufgrund der britischen Mutation vorsichtig sein müsse, verwies der Bürgermeister bei der Gelegenheit auf die "sehr stabilen" Kennzahlen in der Bundeshauptstadt. "Wir müssten nach den Kriterien der Corona-Kommission eigentlich auf Orange geschaltet werden", sagte Ludwig. Doch offenbar gehe es jetzt darum, erst das ganze Bundesgebiet auf Orange zu schalten, wunderte er sich. Denn er könne sich noch gut erinnern "an Bemühungen, Wien als erstes auf Rot zu stellen", spielte Ludwig auf die Zeiten des Wien-Wahlkampfs im Vorjahr an.
Was die "positive Entwicklung" in Wien anbelangt, sah der Bürgermeister dies einerseits in der umfassenden Teststrategie der Stadt und andererseits im laufend verstärkten Contact Tracing begründet. Hier kündigte Ludwig an, dass zu den derzeit 650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit der Kontaktrückverfolgung beschäftigt sind, nun noch einmal 100 dazukommen. Die Aufklärungsquote liege bereits jetzt bei über 60 Prozent, der beste Wert im Bundesvergleich.