Elsner Tochter

"Mein Papa ist Bauernopfer"

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Elsner-Tochter Marie-Therese Kinsky über den Fußfessel-Skandal.

Eigentlich hätte es heute ein großes Familienfest für Helmut Elsner im Penthouse geben sollen. Vier Jahre hat Österreichs prominentester U-Häftling seine drei Enkelkinder Clemens (13), Valerie (12) und Camilla (8) nicht mehr gesehen. Den Besuch beim Opa in der U-Haft will der Ex-Bawag-General den Kindern seiner Tochter Marie-Therese Kinsky (38) ersparen. Und Freigänge gibt es in der U-Haft nicht.

„Dieses Mal war ich so sicher, dass mein Vater mit Fußfessel aus dem Gefängnis kommt, dass ich meinen Kindern erzählt habe, der Opi kommt nach Hause“, so Kinsky im Interview.

Keine Freiheit.
Am Dienstag gegen 10.45 Uhr wusste sie, dass sie ihre Kinder vertrösten muss. Der Opa kommt nicht mit der elektronischen Fußfessel nach Hause. Helmut Elsner bleibt weiter in U-Haft. So will es die Justiz. Richter Christian Böhm befürchtet, dass der herzkranke Elsner bei einem Arztbesuch flüchten könnte. Ein weiterer Grund: Beim ersten Technik-Check gab es ein Funkloch in Bügelzimmer des Penthouse (siehe Fotos rechts).

Trotz Gelöbnis, das Penthouse nicht zu verlassen, lehnte Richter Böhm den Fußfesselantrag ab. „Für mich ist diese Entscheidung unverständlich und ein Justizskandal“, klagt die Elsner-Tochter an.

Bis jetzt blieb die dreifache Mutter und Hausfrau im Hintergrund, versuchte, ihre Kinder zu schützen, und überlies ihrer Stiefmutter Ruth Elsner die Rolle der Kämpferin in der Öffentlichkeit.

Tochter spricht.
Nachdem der 16. Versuch, ihren Vater aus der U-Haft zu boxen, am Dienstag scheiterte, sieht auch sie rot. Im Interview erzählt sie, wie enttäuscht sie von Wolfgang Flöttl ist und warum ihr Vater ein Bauernopfer ist.

"Meine Kinder werden angepöbelt"

ÖSTERREICH: Frau Kinsky, wie sicher waren Sie sich am letzten Dienstag, dass Ihr Vater mit der Fußfessel in den Hausarrest entlassen wird?

Marie-Therese Kinsky: Wir haben fix damit gerechnet, weil ja auch die Staatsanwaltschaft zugestimmt hat. Auch befreundete Anwälte waren sich sicher, dass da nichts mehr schiefgehen wird. Zu zweifeln habe ich erst begonnen, als die Verhandlung länger als 30 Minuten gedauert hat. Da wusste ich, die Sache steht aufs Messers Schneide.

ÖSTERREICH: Wie haben Sie den Moment erlebt, als Sie erfahren haben, dass Ihr Vater weiterhin in U-Haft bleibt?

Kinsky: Es war ziemlich hektisch vor dem Landesgericht. Jede Menge Journalisten, die Ruth (Elsners Ehefrau, Anm.) umringt haben. Plötzlich habe ich gesehen, wie ein Mann aus dem Landesgericht kommt, der die Ruth zur Seite nimmt und sich mir ihr ein paar Schritte von der Journalistentraube entfernt. Ich bin ihnen nachgelaufen und habe Ruth gefragt: Wer ist das? Was ist los? Es war der Bewährungshelfer, der Ruth gerade mitteilte, dass der Antrag abgelehnt wurde.

ÖSTERREICH: Wie haben Sie die Enttäuschung verkraftet?

Kinsky: Ich dachte: „Das kann nicht sein, das darf einfach nicht wahr sein.“ Der Tag war auch für meine Kinder sehr hart. Denn ich habe ihnen in einem sehr intensiven Gespräch erzählt, dass der Opi nach Hause kommt. Wir haben schon vorsichtig Pläne für die Zukunft geschmiedet. Während ich vor dem Landesgericht wartete, rief mich eine Lehrerin meines Sohnes an und erzählte mir, dass er heute so unruhig und auffällig ist. Und die Valerie wurde in der Schule angepöbelt, dass ihr Opi ein Verbrecher ist. Die kleine Camilla weiß gar nicht, dass der Opi im Gefängnis ist. Sie ist erst acht Jahre und glaubt, dass der Opi im Krankenhaus liegt.

ÖSTERREICH: Wie haben Sie den beiden älteren Kindern die Verurteilung zu 9,5 Jahren Haft erklärt?

Kinsky: Ich sage meinen Kindern immer, vor Gericht gibt es keine Gerechtigkeit. Es gibt ein Urteil und das ist das, was wir bekommen haben. Und gegen dieses Urteil versuchen wir anzukämpfen.

ÖSTERREICH: Warum haben Sie sich bis jetzt eher im Hintergrund gehalten?

Kinsky: Wir haben viele schreckliche Dinge erlebt und ich wollte meine Kinder schützen. Sie sollten anonym bleiben, damit sie eine schöne Kindheit verbringen können. Aber das geht sowieso nicht. Sie werden immer wieder damit konfrontiert und beispielsweise beim Skikurs wegen ihres Opas bösartig gehänselt.

ÖSTERREICH: Haben Sie Ihren Vater nach der negativen Entscheidung am Dienstag schon besucht?

Kinsky: Ja, gleich am Mittwoch bin mit Ruth ins Gefängnis gegangen. Er ist frustriert und unglücklich. Aber trotzdem versucht er, uns zu beruhigen.

ÖSTERREICH: Für Sie ist Ihr Vater das Bauernopfer im Bawag-Skandal?

Kinsky: Ja, absolut. Das wurde im Prozess sogar von Vorstandsmitglied Peter Nakowitz ausgesprochen. Er hat im Prozess ausgesagt, dass es Anfang 2006 eine Sitzung mit ihm, Dietmar Ecker, Ewald Nowotny, Johann Zwettler, Stephan Koren und Günter Weninger gab, wo beschlossen wurde, dass mein Papa das Bauernopfer wird.

ÖSTERREICH: Ihr Vater war ein angesehener Bank-Manager und wurde 2006 zum Buh-Mann der Nation. Wie haben Sie den tiefen Fall miterlebt?

Kinsky: Er war für mich vollkommen unverständlich, wenn man zum Beispiel an seine Abschiedsfeier in der Nationalbibliothek denkt. Da war alles, was in Österreich Rang und Namen hatte. Mein Papa wollte dieser Feier gar nicht, die haben ihm die beiden ÖGB-Chefs Günter Weninger und der Friedrich Verzetnitsch aufgedrängt. „Du musst dich feiern lassen“, haben sie zu ihm gesagt. Sie wussten ja von den Verlusten, haben aber damals Lobeshymnen auf meinen Vater gehalten. Später haben sie ihn fallen gelassen.

ÖSTERREICH: Gab es Momente, in denen Sie aus Verzweiflung geweint haben?

Kinsky: Ich habe oft geweint. Aber ich habe gehofft, dass im Prozess herausgearbeitet wird, was wirklich passiert ist. Aber schon bei der zweiten Frage von der Richterin wusste ich, dass das nicht passieren wird. Sie hat meinen Vater gefragt, was sein Golfhandicap ist. Das ist unglaublich, im sogenannten größten Wirtschaftsprozess der Zweiten Republik fragt sie nach dem Golfhandicap. Da war klar, dass es nur um Neid geht. Die Richterin hat gemeint, weil mein Vater gut Golf gespielt hat, hätte er keine Zeit gehabt, in der Bank zu arbeiten. Unfassbar.

ÖSTERREICH: Ihr Vater und Wolfgang Flöttl waren gute Freunde. Wie haben Sie Wolfgang Flöttl erlebt?

Kinsky: Da er der Sohn vom Vorgänger meines Vaters in der Bank ist, kenne ich ihn seit meiner Kindheit. Ich hab ihn immer nur nett erlebt. Flöttl hat immer gesagt, wir sind seine Familie. Ich hätte mir nie gedacht, dass sich dieser Mensch so ändert. Das ist mir bis heute unverständlich.

ÖSTERREICH: Ihr Vater ist schwer krank, wie hat er sich in der Haft optisch verändert?

Kinsky: Er schaut schrecklich aus, sein Gesicht ist vollkommen geschwollen. Wenn man ihn von früher kennt, ist man entsetzt.

ÖSTERREICH: Hat die Haft ihn auch menschlich verändert?

Kinsky: Ich sehe ihn nur einmal pro Woche für 30 Minuten. Da ist keine Zeit für private Gespräche oder Empfindlichkeiten. Meinem Vater geht es immer um die Sache. Er will seine Unschuld beweisen, das beschäftigt ihn rund um die Uhr. Für ihn gab es 48 Jahre nur die Bank und die Familie, was anderes kenne ich nicht. Er will diese Ungerechtigkeit nicht auf sich sitzen lassen.

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