Politiker kassieren

Neuer Rekord bei Nebenjobs im Parlament

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140 von 183 Abgeordneten sind offenbar nicht ausgelastet und gehen Nebenjobs nach – sie sehen im Job-Spagat kein Problem. Gefordert wird jetzt mehr Transparenz.

Abgeordneter müsste man sein. Neben einem Grundgehalt von 8.160 Euro (4.080 Euro für Bundesräte) haben die meisten genügend Zeit und Muße, sich nebenbei noch Zusatzgagen zu erarbeiten. 140 Abgeordnete im National- und 60 Mandatare im Bundesrat fetten sich solcherart ihr Haushaltsbudget auf.

81% mit Nebenjob
In Zahlen sind das 81 Prozent aller Parlamentsvertreter – das ist neuer Rekord. Im Ranking der Nebenjob-Kaiser punkten dabei vor allem Abgeordnete von ÖVP und FPÖ. Vereinzelt treten auch die Kollegen von SPÖ und BZÖ zum Vorschein – die grünen Volksvertreter bilden die große Ausnahme.

Die beste Entfaltungsmöglichkeit bei Nebentätigkeiten bietet offenbar der Bundesrat: Georg Spiegelfeld-Schneeburg, Schlossbesitzer, Forstverwalter, Immobilienberater und eben auch ÖVP-Mandatar, geht laut der vom Parlament erstellten Liste gezählten neun (!) Nebenjobs nach. Gagenkaiser gibt es auch im Nationalrat: FPÖ-Mandatar Alois Gradauer sitzt etwa nebenbei im Aufsichtsrat von gleich drei Firmen.

„Geht sich locker aus“
Beide Herren schwächen gegenüber ÖSTERREICH ab. Seine Aufsichtsrats-Tätigkeit gehe sich neben dem Parlaments-Job „locker aus“, meint etwa Gradauer.

„Blödsinnige Debatte“
Und Schlossherr Spiegelfeld findet die Debatte „blödsinnig“. Denn: „Nur weil ich als Bauträger sechs Steuernummern habe, lukriere ich noch lange nicht Einkünfte aus neun Nebenjobs“, so Spiegelfeld. Darüber hinaus ortet Spiegelfeld – er kassiert geschätzte 100.000 Euro jährlich aus Nebeneinkünften – eine Neiddebatte: „Wenn ein Abgeordneter im Zivilberuf gute Arbeit leistet und unabhängig ist, sollte das als Qualitätsmerkmal gelten.“

Korruptions-Regeln
Wie unabhängig Parlamentarier letztlich sind (oder eben nicht), zeigt deren Umgang mit der neuen Anti-Korruptionsregelung. Denn Abgeordnete bleiben von der Regelung weiterhin ausgenommen – nicht zuletzt deshalb, weil etwa Mandatare, die gleichzeitig Kammerfunktionäre sind, dann wegen verbotener Geschenkannahme belangt werden könnten, so die Befürchtung.

Die Grünen kritisieren an der Nebenjob-Regelung vor allem die fehlende Angabe über die Höhe der Einkommen. Denn aus der bisherigen Auflistung geht nur hervor, bei welchen Unternehmungen Abgeordnete mehr als 1.142 Euro im Jahr verdienen. Grünen-Chefin Eva Glawischnig im ÖSTERREICH-Interview: „Es macht einen Unterschied, ob man 1.000 oder 100.000 Euro pro Jahr bekommt.“

Prammer fordert
Auch Nationalrats-Präsidentin Barbara Prammer forderte gegenüber ÖSTERREICH eine genauere Offenlegung der Gehälter nach deutschem Vorbild. Dort stehen die Nebeneinkommen jedes Abgeordneten in drei Stufen (bis 3.500 Euro, von 3.500 –7.000 Euro, über 7.000 Euro) auf der Bundestags-Homepage.

Politik als Nebenjob
Einen völlig neuen Aspekt zur Nebenjob-Debatte liefert ÖVP-Gagenkaiser (vier Nebenjobs) Ferry Maier. Der ÖVP-Nationalratsabgeordnete erklärt nämlich kurzerhand seinen Politiker-Posten zum Nebenjob. Maier zu ÖSTERREICH: „Ich habe keine Nebenjobs, mein Hauptjob ist der zivile Beruf beim Raiffeisenverband. Darüber hinaus bin ich Nationalratsabgeordneter.“ Nachsatz: „Bei einer 80-Stundenwoche geht sich das locker aus.“

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