ÖSTERREICH-Interview

Niederösterreich-Wahl: Absolut Erwin

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Heute zeigt sich, ob 
Stronachs Brutal-Wahlkampf Pröll die Absolute kostet.

Er bewegt die Menschen. Erwin Pröll (65) ist der mächtigste Landeshauptmann Österreichs. Er regiert mit einer absoluten Mehrheit und ist eine gefürchtete Größe in der Bundespartei. Er spricht von „Klarheit“, die er in seiner Politik umsetzt, sein polarisierender Widersacher – Frank Stronach – sprach von einer „Diktatur“, die Pröll lebe und verteidige. Diese explosive Mischung der beiden Machtmenschen machte den NÖ-Landtagswahlkampf so spannend wie schon lange keinen davor. Doch die Untergriffe auf beiden Seiten verstörten auch viele im Land. Stronach titulierte Pröll als „Schmähtandler“, beschimpfte ihn als „Feigling“. Umgekehrt wetterte Pröll, dass „der Milliardär für das Land nichts arbeiten will und am 4. März im Superjet nach Kanada fliegt“.

Absolute
Heute werden 1,4 Millionen Wahlberechtigte entscheiden, ob sie Erwin Pröll auch weiterhin die Absolute in die Hand geben wollen oder nicht. 2008 erreichte die ÖVP einen Sensationswert von 54,4 %, ein Ergebnis, das wohl nur noch schwer ­erreichbar sein wird.

Doch „ein Fünfer sollte sich ausgehen“, mutmaßen ÖVP-Insider. Fällt die Absolute, wäre dies automatisch ein Sieg aller anderen Parteien, da dies das erklärte Ziel von allen war.

Alpha-Tiere
Neben dem Kampf der Alpha-Tiere Stronach und Pröll ging es in der Auseinandersetzung vor allem um die Veranlagung der Wohnbaugelder. Dem Land, so die Kritik, sei dadurch ein Schaden von einer Milliarde Euro erwachsen. Pröll selbst konterte stets, dass man – ganz im Gegenteil – sogar Geld aus diesen Veranlagungen lukrieren konnte.

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"Es war 
ein Match acht gegen einen …"

ÖSTERREICH: Heute entscheiden 1,4 Millionen Niederösterreicher über die politische Zukunft in NÖ. Mit welchen Gefühlen gehen Sie in diesen Tag?
Erwin Pröll: Mit einem zuversichtlichen Gefühl, weil ich gerade in den letzten Wochen gespürt habe, dass die Menschen genau wissen, wer was gearbeitet hat und weiterarbeiten will. Und seit zwei Wochen habe ich auch das Gefühl, dass diese tiefen Angriffe gegen mich in der Bevölkerung in Grant übergeschwappt ist. Viele sagen: „Denen müssen wir es zeigen!“

ÖSTERREICH: Es war für Sie der härteste Wahlkampf Ihrer Laufbahn. Gab es auch verletzende Momente?
Pröll: Verletzt fühle ich mich nicht, aber was mir Sorgen macht, ist die Art und Weise, wie man mit einem Mitbewerber umgegangen ist. Der Kampf „Acht gegen einen“ hat die Sache noch mehr zugespitzt. Dabei sind wir ja ein Land, das es zu sehr viel gebracht hat – nicht zuletzt deswegen, weil wir sehr vernünftig miteinander umgegangen sind. Ich hoffe, dass die erhitzten Gemüter wieder abkühlen und es leichter wird, einen ordentlichen Umgangston zu pflegen.

ÖSTERREICH: Nun sind Sie ja Landeshauptmann und das mit einer absoluten Mehrheit. Dass Sie kritisiert werden, ist das politische Geschäft und ganz normal. Was also hat Sie so schockiert?
Pröll: Der entscheidende Punkt war, dass alle alles nur schlechtreden wollten. Auf diese Weise verhinderte man eine Kommunikation über die Zukunft. Alle anderen wollen die Mehrheit brechen, aber das ist kein Zukunftsprogramm für NÖ. Andererseits: Was will man mit jemandem über die Zukunft reden, der meint, wir haben in NÖ nur 50 Gemeinden. Dabei sind es 573.

ÖSTERREICH: Sie meinen Frank Stronach, der dies beim ORF NÖ sagte …
Pröll: Ja, und in diesem Zusammenhang muss man auch über den Umgang mit Demokratie reden. Kandidieren, aber in den Landtag zieht man nicht ein, arbeiten will man nicht, und nach der Wahl ist man wieder weg – das ist demokratiepolitisch bedenklich. Vielleicht muss dem auch eine Korrektur des Wahlrechtes folgen.

ÖSTERREICH: Eine Folge von akuter Politikverdrossenheit haben wir diese Woche in Italien gesehen. 25 Prozent wählten einen Polit-Anarcho. Ihr steirischer Amtskollege Franz Voves hat in einer Reaktion darauf auch die großen österreichischen Volksparteien gewarnt, dass sie bald Volksparteien ohne Volk sein werden, wenn sie sich nicht erneuern. Teilen Sie seinen Befund?
Pröll: Zunächst einmal kann ich für die NÖ-Volkspartei sagen, dass ihr das Volk nicht abhandenkommt. Doch gefährlich sind Tendenzen, wie jene von Herrn Stronach, der groß redet, er möchte dem Volk dienen, und sein Leben lang nie gedient hat, sondern immer an den Menschen verdient hat. Darum war er ja so gegen die Gewerkschaft in seinen Firmen.

ÖSTERREICH: Aber wo sehen Sie Erneuerungsbedarf in den großen beiden Bundesparteien?
Pröll: Wissen Sie, wir wurden in der Vorwahlphase oft für das NÖ-Wahlrecht kritisiert, dabei setzen wir durch eine Reform auf mehr Persönlichkeitswahlrecht. Die Sehnsucht der Bevölkerung, lieber Menschen als Institutionen zu wählen, hat sich ganz klar erfüllt. Dadurch hatten wir 2008 eine gestiegene Wahlbeteiligung.

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ÖSTERREICH: Wollen Sie ein Persönlichkeitswahlrecht auch auf Bundesebene?
Pröll: Die Politik als Ganzes muss interessant bleiben, genauso auf Bundesebene. Ja, ich möchte, dass das Persönlichkeitswahlrecht zum Durchbruch kommt, und wenn sich nicht wieder eine Blockade auf Bundesebene breitmacht, sehe ich sogar eine Chance für die Nationalratswahl.

ÖSTERREICH: Sie möchten, dass bereits bei der Nationalratswahl 2013 das Persönlichkeitswahlrecht gilt?
Pröll: Warum nicht?

ÖSTERREICH: Persönlichkeiten werden aber nicht nur gewählt, sondern auch von Regierungen ausgewählt. Rückblickend betrachtet: War die Besetzung von Finanzlandesrat und LH-Stellvertreter Wolfgang Sobotka eine gute Entscheidung?
Pröll: Ja, das glaube ich schon. Man übersieht in der Kritik oft, dass Sobotka als Finanzreferent keinen Alleingang gemacht hat. Die Veranlagungen waren ein politischer Auftrag von SPÖ, FPÖ und ÖVP. Auch die Grünen haben einen derartigen Beschluss 2004 mitgetragen. Drei Parteien haben sich auf der Ferse umgedreht, als es schwieriger wurde, also blieben nur wir für die Führungsverantwortung.

ÖSTERREICH: Wolfgang Sobotka wird also auch noch morgen, am 4. März, von ­Ihnen unterstützt?
Pröll: Ja, mit meinem Team bin ich in die Wahl gegangen. Mit diesem Team will ich auch weiterar­beiten.

ÖSTERREICH: Sie versprechen politische Klarheit und wirtschaftliche Dynamik. Was haben Sie denn für konkrete Vorstellungen für die Zukunft Niederösterreichs?
Pröll: Diese Frage freut mich, sie war kein Thema der anderen Parteien im Wahlkampf. Ich möchte NÖ in drei Bereichen weiterbringen. Einmal mit Arbeitsplätzen. In den kommenden fünf Jahren werden etwa 80.000 junge Niederösterreicher geboren – ihnen will ich eine Chance bieten, hier zu arbeiten. Hier sollen unsere Technologiestandorte beitragen, Betriebe anzusiedeln und Jobs zu schaffen. Dann möchte ich, dass wir schneller sind als andere. Wir haben keine Bodenschätze, aber wir können Chancen schneller ergreifen als andere. Das sehe ich als Aufgabe. Und der dritte Teil ist der Umgang der Generationen miteinander. Die Menschen werden älter, diese Perspektive birgt finanziellen Sprengstoff. Umso mehr kann man es jungen Familien nicht zumuten, dass sie in Existenznot geraten, wenn ein Familienmitglied Pflege braucht.

ÖSTERREICH: Kann Niederösterreich diesen finanziellen Rucksack denn tragen?
Pröll: Ja. Wir haben den Regress abgeschafft und dabei bleibt es. Und wir finanzieren zum Teil auch diese Kosten mit Geldern, die wir aus den so heftig kritisierten Veranlagungen verdient haben.

ÖSTERREICH: Wie werden Sie den heutigen spannenden Wahltag verbringen?
Pröll: Ich werde ausgiebig mit meiner Frau frühstücken, dazu war jetzt wenig Zeit, dann zur Wahl gehen, danach ziehe ich mich zurück, esse mit der Familie zu Mittag. Dann werden wir sehen, was der Tag so bringt … 


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