Wirbel um Abschaffung

Notstandshilfe: 167.000 wären betroffen

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Riesenwirbel um Aus für die Notstandshilfe.

Die ÖVP-FPÖ-Regierung will die Notstandshilfe abschaffen bzw. in das befristete Arbeitslosengeld integrieren und Langzeitarbeitslose künftig in die Mindestsicherung bringen. Davon betroffen wären laut zuletzt verfügbaren Zahlen rund 167.000 Menschen in Österreich. Der Großteil davon sind Männer (101.500), geht aus Daten der Statistik Austria und des AMS für das Jahr 2016 hervor.

Notstandshilfe kann beantragt werden, sobald der Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist. Sie ist also eine Anschlussleistung an das Arbeitslosengeld. Sie kann zeitlich unbegrenzt bezogen werden, wird jedoch jeweils für längstens 52 Wochen bewilligt. Nach Ablauf dieses Zeitraums muss ein neuer Antrag gestellt werden. Die Höhe der Notstandshilfe beträgt grundsätzlich 92 Prozent des vorher bezogenen Arbeitslosengeldes. Liegt das Arbeitslosengeld (ohne Familienzuschläge) unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende (derzeit 909 Euro im Monat), beträgt die Notstandshilfe 95 Prozent des Arbeitslosengeldes.

Von den 167.000 Notstandshilfebeziehern 2016 bekamen 135.200 weniger bzw. rund 880 Euro im Monat - inklusive der Familienleistungen für Partner oder Kinder. Damit sind Notstandshilfebezieher finanziell kaum bessergestellt als Bezieher der Mindestsicherung, die im Gros der Bundesländer für Einzelpersonen bei etwa 840 Euro liegt. Mindestsicherung wird in Österreich von rund 307.500 Personen bezogen, mehr als die Hälfte (56 Prozent) lebt in Wien. Darunter fallen auch Personen, deren Notstandshilfe niedriger ist als der Betrag für die Mindestsicherung, so genannte "Aufstocker".

Arbeitslosengeld

Das Arbeitslosengeld wird demgegenüber grundsätzlich für 20 Wochen genehmigt, sofern die Mindestbeschäftigungsdauer erfüllt ist. Dafür muss man innerhalb der letzten zwei Jahre 52 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtig tätig gewesen sein. Die Bezugsdauer kann sich je nach Alter des Betroffenen und Dauer der vorangegangenen Beschäftigung auf bis zu 52 Wochen erhöhen. Das Arbeitslosengeld beträgt 55 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens. Im Jahr 2016 waren es laut Statistik Austria im Schnitt 31 Euro pro Tag. 2016 bezogen 146.000 Personen Arbeitslosengeld, also weniger als Notstandhilfe. Das AMS zahlte 2016 1,9 Mrd. Euro Arbeitslosengeld und 1,6 Mrd. Euro Notstandshilfe aus. Finanziert wird das aus den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung (ALV), die rund 6,4 Mrd. Euro betragen.

Das Vorhaben der Regierung würde bedeuten, dass aus einer zumindest indirekten Versicherungsleistung eine Transferleistung gemacht wird und steht daher im Verdacht eines neuen Hartz IV nach deutschem Vorbild. Hartz IV ist das Ergebnis einer Reform des Arbeitslosengeldes, der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe in Deutschland im Jahr 2005 durch eine Kommission unter Vorsitz von Peter Hartz. Das neue Gesetz war das "Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" und erhielt in der Umgangssprache bald den Namen des Leiters der Kommission mit dem Zusatz der Zahl 4. Das Hartz IV Gesetz fasste die Sozialhilfe mit der Arbeitslosenhilfe im neuen Arbeitslosengeld II zusammen. Das Arbeitslosengeld I blieb als Sozialversicherungsleistung bestehen und wird für maximal ein Jahr gezahlt. Das Arbeitslosengeld II ist die "Grundsicherung für Arbeitssuchende".

Die Höhe des Arbeitslosengeld II (ALG II) ist mit der deutschen Grundsicherung/Sozialhilfe nahezu identisch. Der Regelsatz für einen Alleinstehenden beträgt 416 Euro im Monat plus Wohnungs- und Heizkosten. Diese Leistung kann wie die Mindestsicherung in Österreich nur bezogen werden, wenn zuvor das Vermögen des Betreffenden (mit Ausnahme bestimmter Freigrenzen) aufgezehrt wurde. In Deutschland leben sechs Millionen Menschen von Hartz-IV, 1,7 Mio. davon sind Kinder.

FPÖ-Sozialministerin Beate Hartinger hatte sich in ihren ersten Interviews dagegen ausgesprochen, Arbeitslose nach Ende des Arbeitslosengeldes in die Mindestsicherung zu schicken, vielmehr war sie für ein unbefristetes Arbeitslosengeld. Nach einer Zurechtweisung durch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ruderte sich wieder zurück, bekräftigte aber erneut, dass es keinen Zugriff auf das Vermögen geben werde. Von der ÖVP war eine derartige Zusage bisher allerdings nicht zu hören.

Eine zu den Vorhaben der Regierung passende Umfrage in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil" zeigt, dass eine Mehrheit von 57 Prozent der Österreicher Verschlechterungen für ältere Arbeitnehmer und Arbeitslose erwartet. Laut der vom Meinungsforschungsinstitut unique Research durchgeführten Umfrage glauben dementgegen 31 Prozent der Befragten, dass sich die Situation von älteren Arbeitnehmern und Arbeitssuchenden nicht verschlimmern wird. Besonders kritisch stehen den geplanten Maßnahmen der Regierung Wähler der SPÖ und der FPÖ gegenüber. Die Mehrheit der ÖVP-Wähler erwartet keine Verschlechterungen.
 

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