Nach Feuer-Katastrophe

Österreichs Grüne am Weg ins Flüchtlingslager Moria

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Ewa Ernst-Dziedzic gibt nicht auf. "Wir sind mit der ÖVP laufend im Gespräch und werden den Druck weiter aufbauen", so die außenpolitische Sprecherin der Grünen.

Nach dem verheerenden Brand im Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen besucht die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, die Ostägäis-Insel, um "die Situation dort aufzuzeigen", wie sie am Mittwoch im APA-Gespräch sagte. Auch wenn die Fronten verhärtet sind, will sie sich weiterhin für einen Dialog mit der ÖVP über die Aufnahme von Geflüchteten einsetzen.

"Wir sind mit der ÖVP laufend im Gespräch und werden den Druck weiter aufbauen", so Ernst-Dziedzic. Während die Türkisen strikt gegen die Aufnahme von Menschen aus den meist überfüllten griechischen Camps, in dem katastrophale Zustände herrschen, sind, haben sich mehrere Grün-Politiker und auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen dafür ausgesprochen.

Moria
© AFP/APA
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Doch, "Fakt ist, wir haben aktuell keine Mehrheit im Parlament", sagte Ernzst-Dziedzic. Selbst wenn die Grünen mit den Oppositionsparteien SPÖ und NEOS stimmen würden und damit gegen den Koalitionspartner - also einen Koalitionsbruch begehen würden - kämen sie gemeinsam auf nur 81 Stimmen, während die ÖVP und die FPÖ auf 101 Stimmen im Nationalrat kommen, erklärte die Abgeordnete. "Ich fände es unverantwortlich zu sagen: 'Gut, wir riskieren das trotzdem' und verbauen uns hier die Möglichkeiten, mit dem Koalitionspartner und anderen Stakeholdern zu schauen, was wir akut tun können in der derzeitigen Situation."

Österreichs Grüne am Weg ins Flüchtlingslager Moria
© APA/AFP/Manolis LAGOUTARIS
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Sie wolle jedenfalls den "Diskurs eröffnen und auch aufzeigen, dass hier dringend etwas getan werden muss". "Ich will nicht in Wien sitzen, lamentieren und sagen: 'Wir können ohnehin nicht viel tun, weil wir der kleinere Koalitionspartner sind'", begründete Ernst-Dziedzic ihre Reise.

Im Zuge des Besuches in dem Camp, das bei dem Großbrand in der Nacht auf Mittwoch fast völlig zerstört wurde und durch den fast 13.000 Menschen obdachlos wurden, möchte sie zudem herausfinden, wie akut geholfen werden kann. Mittel- und langfristig gehe das nur mit einer Reform des EU-Asylsystems, betonte Ernst-Dziedzic, die bereits Anfang März das Camp Moria besucht hatte. Damals drohte die Situation an der griechisch-türkischen Grenze zu eskalieren, dann kam die Coronakrise und die Situation entspannte sich leicht.

Camps wie Moria und die dortigen Zustände seien "nicht nur menschenunwürdig, sondern auch ein Armutszeugnis für Europa, das sich immer für Freiheit und Menschenrechte eingesetzt hat", hielt die Politikerin fest. Derzeit würden Menschenrechte "mit Füßen getreten".

Zur Aussage von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), der die mutmaßliche Brandstiftung in Moria durch Geflüchtete mit den Worten "Gewaltbereite Migranten haben keine Chance auf Asyl in Europa" kommentierte, sagte Ernst-Dziedzic, dass knapp 13.000 Menschen "nicht unter Generalverdacht" gestellt werden könnten. Auch sei es zynisch zu glauben, dass die Bilder von überfüllten Camps als "Abschreckung" für potenziell neue Migranten diene. "Flucht und Migration sind keine kurzfristigen Phänomene".

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wiederum hatte am Mittwochabend in der ORF-"ZiB2" argumentiert, mit der Diskussion um die Aufnahme von Flüchtlingen, unterstütze man nur das Geschäft der Schlepper. "Das Geschrei nach Verteilung kann nicht die Lösung sein", meinte Schallenberg. Die EU dürfe nicht in die "alte Debatte" zurückfallen und über die Verteilung von Flüchtlingen reden.

"Wir müssen diese Debatte deemotionalisieren und rationalisieren", sagte der Außenminister. "Wenn wir die Hoffnung geben, dass es geht, werden sich auch andere auf den Weg machen." Auf die Frage, ob es nicht zynisch sei, wenn Tausende Menschen, darunter Hunderte Kinder, ohne Obdach seien, erklärte Schallenberg: "Es geht immer nur um ein paar hundert Kinder." Das sei nicht zynisch, "sondern die Wahrheit" und "eine Frage des Hausverstands".

Der Europasprecher des Grünen Parlamentsklubs, Michel Reimon, twitterte am Mittwochabend zu den Ereignissen in Moria und dem Unwillen der ÖVP zur Aufnahme von Minderjährigen: "Ich hab heute versagt. So richtig." Fragen dazu wollte er auf APA-Anfrage zunächst nicht beantworten.


 
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