ÖVP-Sicherheitssprecher Günter Kössl hatte Ex-BKA-Chef Herwig Haidinger als "Garant für Lügen" bezeichnet. Alle Ermittlungen gegen Haidinger wurden indes eingestellt.
Eine Schlappe hat die ÖVP in einem medienrechtlichen Verfahren erlitten, das der frühere Bundeskriminalamts-Chef Herwig Haidinger initiiert hatte, nachdem er im September 2008 vom ÖVP-Sicherheitssprecher Günter Kössl in einer OTS-Aussendung als "Garant für Lügen" und Betreiber einer "Sudelkampagne" bezeichnet worden war. Dafür setzte es am Mittwochnachmittag im Wiener Straflandesgericht einen Schuldspruch nach §6 Mediengesetz. Haidinger bekam für die erlittene Kränkung eine Entschädigung von 2.000 Euro zugesprochen.
Die ÖVP muss dem Ex-Kripo-Chef die Summe binnen 14 Tagen überweisen. Außerdem hat sie die gesamten Verfahrenskosten zu tragen und die Urteilsveröffentlichung vorzunehmen. Die ÖVP ergreift keine weiteren Rechtsmittel gegen das am Urteil. "Diese Altlast ist somit erledigt", hieß es dazu im Büro von ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger.
Haidinger: "Habe Gerechtigkeit erfahren"
"Ich
habe Gerechtigkeit erfahren", kommentierte Haidinger nach der
Verhandlung das Urteil. Werner Suppan, der Rechtsvertreter der ÖVP, war
indes erwartungsgemäß nicht bereit, den Schuldspruch zu akzeptieren.
Wie Richterin Katja Bruzek in ihrer ausführlichen Urteilsbegründung darlegte, habe das umfangreiche Beweisverfahren "keine Anhaltspunkte ergeben, dass Haidinger gelogen, die Unwahrheit gesagt oder vernadert hätte". Der Anfang Februar 2008 vom damaligen Innenminister Günther Platter (ÖVP) abgesetzte BK-Leiter war vorübergehend vom Dienst suspendiert worden, nachdem er unmittelbar nach seiner Abberufung im Innenausschuss des Nationalrats erklärt hatte, im Fall Natascha Kampusch wäre nicht allen Hinweisen auf das entführte Mädchen nachgegangen worden und das Kabinett des Innenministers hätte die Akten für den Banken-Untersuchungsausschuss vor deren Übermittlung ans Parlament angefordert.
"Üble Nachrede"
Dass die ÖVP Haidinger daraufhin
per Presseaussendung der Lüge bezichtigte, erfüllte für die Richterin "ganz
klar den Vorwurf der üblen Nachrede". Dieser Vorwurf sei "ein
sehr heftiger", bemerkte Bruzek. Bei der Höhe der Entschädigung wurde
berücksichtigt, dass eine OTS-Aussendung nicht dieselbe "Breitenwirkung
wie ein Printmedium" habe.
Ermittlungen gegen Haidinger eingestellt
Indes hat die
Staatsanwaltschaft Wien sämtliche anhängigen Ermittlungen gegen Haidinger
eingestellt. Das gab Richterin Katja Bruzek am Mittwoch am Rande des
genannten Medienverfahrens bekannt. Behördenintern wurde Haidinger
allerdings bestraft, weil er sich unter anderem nicht an den Medienerlass
des Innenministeriums gehalten haben soll.
Das gegen Haidinger eingeleitete Disziplinarverfahren endete mit einem Schuldspruch in einigen Anklagepunkten. Die erstinstanzliche Verurteilung bezieht sich allerdings explizit nicht darauf, dass der Ex-BK-Chef die Unwahrheit gesagt oder ein sonstiges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten gesetzt hätte. Neben dem Verstoß gegen den Medienerlass wurde ihm letztlich angelastet, er habe mit seinem Verhalten "das Vertrauen der Allgemeinheit in die Sachlichkeit seiner Dienstausübung gestört", wie in dem Disziplinarurteil festgehalten wird.
Dafür soll die Disziplinarbehörde dem Vernehmen nach eine Geldstrafe in Höhe eines halben Monatsbezugs verhängt haben. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, Haidinger bekämpft diese bei der Disziplinaroberkommission.
In strafrechtlich Hinsicht hat Haidinger demgegenüber nichts mehr zu befürchten. Nachdem er dem Innenministerium Machtmissbrauch im Zusammenhang mit den BAWAG-Ermittlungen unterstellt und erklärt hatte, im Fall Kampusch wäre nicht hineichend ermittelt worden, wurde er wegen falscher Zeugenaussage und Verleumdung angezeigt. Die diesbezüglichen Erhebungen der Staatsanwaltschaft erbrachten jedoch offensichtlich keine Indizien, die für eine Anklageerhebung ausgereicht hätten.