Neuer Plan

ÖVP will Grasser als Vizekanzler

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Bis zum Wochenende soll die Entscheidung fallen, ob Karl-Heinz Grasser in der Politik bleibt. Schüssels Plan, ihn zu halten: Grasser soll auch Vizekanzler werden.

Die Entscheidung Karl-Heinz Grassers, sich aus der Politik zu verabschieden, war so gut wie fix. Doch noch in diesen Tagen soll jetzt ein alles entscheidendes Gespräch mit ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel stattfinden. Schüssel will dabei versuchen, Grasser in der Politik zu halten.

Ein erstes Gespräch zwischen Schüssel und Grasser fand schon gestern, unmittelbar nach den Koalitionsverhandlungen statt. Im Beisein von VP-Klubobmann Molterer kam es zu einer fünfzigminütigen Unterredung der beiden im Parlament. Grasser versuchte das Gespräch im Anschluss gegenüber ÖSTERREICH herunterzuspielen und hüllte sich in Schweigen, ob über Personalpolitik gesprochen wurde: "Wir haben über die Koalitionsverhandlungen und über Budgetpolitik gesprochen. Ich habe jede Menge Arbeit für die kommenden Tage ausgefasst.“

Vize- und dann Kanzler
Ein VP-Insider dazu: "Schüssel bearbeitet Grasser schon seit Wochen, doch jetzt zeigt Grasser Wirkung.“ Der Plan: Schüssel bietet Grasser in der Großen Koalition nicht nur den Finanzminister, sondern auch den Vizekanzler an. Zusätzlich im Paket: Die Option, bei der nächsten Wahl als Spitzen- und Kanzlerkandidat der ÖVP zu sein.

Schüssels Kalkül: Der smarte Politiker, den sich die Österreicher in allen Umfragen weiterhin als Finanzminister wünschen, soll das Image der ÖVP aufpolieren und ein Signal für die Verjüngung der Partei sein. So geben 55 Prozent der Befragten bei der aktuellen Gallup-Umfrage für ÖSTERREICH an, dass sie wollen, dass Grasser auch in der kommenden Regierung Finanzminister bleibt.

Koalitionsgespräche entscheidend
Ungewiss ist freilich, ob sich Grasser noch umstimmen lässt. Denn er hat bisher immer wieder durchklingen lassen, dass er mehrere konkrete Angebote aus der Privatwirtschaft hat (siehe Story im Anhang) Zudem war er vom bisherigen Verlauf der Koalitionsgespräche wenig angetan.

Jetzt registrieren Freunde Anzeichen eines Sinneswandels. Ein Vertrauter: „Ihm ist es wichtig, seine Inhalte wie Budgetpolitik oder Staatsreform durchzubringen. Dann wäre ein Verbleib möglich.“ Weniger altruistisch, aber umso glaubwürdiger, die Begründung eines anderen Grasser-Intimus: „Er spürt, dass er die Chance, Vize und dann vielleicht Kanzler zu werden, nicht oft bekommt.“

In der ÖVP mehren sich ebenfalls Stimmen, die Grasser halten wollen. Selbst der mächtige Erwin Pröll hat sich in den vergangenen Tagen verstärkt für Grassers Verbleib ausgesprochen.

Allerdings: Diese Rechnung ist bisher ohne SPÖ gemacht. Für sie gilt Grasser seit Jahren als rotes Tuch. SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos stellte den Verbleib Grassers in einer rot-schwarzen Regierung bereits öffentlich infrage.

Kabinettschef geht
Gerüchte, Grasser könnte sich doch aus der Politik verabschieden, bekommen durch den Abgang seines engsten Mitarbeiters, Kabinettschef Matthias Winkler, Nahrung (siehe Kasten).

Grund genug für den Strategen Schüssel schnell zu agieren. Karl-Heinz Grasser hat ihm versprochen, sich noch diese Woche zu entscheiden.

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