Alexander Wrabetz bündelt Argumente gegen Budgetfinanzierung.
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz meldet sich in der jüngsten Debatte über die ORF-Gebühren mit einer eindringlichen Warnung vor einer Budgetfinanzierung zu Wort. Dies würde eine "massive politische Einflussnahme" bedeuten. Und eine "massive Reduktion der Einnahmen" des ORF hieße "weniger Programm und weniger Programmvielfalt".
Dramatische Einschnitte
Dort in Europa, wo auf "Staatsfinanzierung" umgestellt wurde - in Spanien, den Niederlanden und derzeit Dänemark - sei dies nicht nur mit mehr Staatsnähe, sondern auch "dramatischen" Einschnitten bei den Sendern passiert, blickte Wrabetz bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten nach Europa. Das sei auch "nicht verwunderlich" angesichts knapper Budgets. "Am Schluss streitet man dann, werden zwei Panzer mehr gekauft oder wird das Filmbudget erhöht." Überwiegend sei aber "Beitragsfinanzierung nach wie vor vorherrschend in Europa".
Angesichts der derzeit kolportierten Zahlen hieße ein solcher Systemwechsel auch eine "Mehrbelastung des Bundesbudgets" von rund 900 Millionen Euro, rechnete der Generaldirektor vor. Denn von dem, was die GIS bei den Teilnehmern einhebt, lande ja nicht alles beim ORF, erinnerte er einmal mehr an rund 147 Millionen Euro Landesabgabe pro Jahr und rund 139 Millionen Euro, die derzeit an den Bund gehen. Da sei abzusehen, dass man bei den etwa 620 Millionen, die der ORF derzeit als Programmentgelt erhält, ansetzen werde. "Man würde sicher das beliebte Wort 'Sparen im System' hören."
Sparen sei aber im ORF schon seit Jahren an der Tagesordnung. Zum einen gelte es seit bald 20 Jahren, den kontinuierlichen Rückgang der Werbeeinnahmen zu kompensieren, zum anderen sei das Programmentgelt "relativ deutlich unter der Inflation" angepasst worden. "Die Einnahmen des ORF sind real seit 2005 gesunken." Man habe somit durch verschiedene Maßnahmen schon 180 Millionen Euro eingespart, zugleich aber das "Leistungsangebot ausgebaut". Wrabetz verwies überdies auf das permanent laufende Restrukturierungsprogramm, das über fünf Jahre die Einsparung weiterer 300 Millionen Euro vorsieht.
Einsparungen
Alles "in einer vernünftigen Form zu bewältigen, mit größten Anstrengungen", sagte der ORF-Chef. Doch wenn künftig, wie kolportiert, bis zu 200 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen sollten, "ist der Angebotsumfang des ORF substanziell nicht aufrechterhaltbar", verbunden mit massivem Personalabbau: "Man kann es ja relativ leicht umrechnen - eine Million weniger Einnahmen des ORF sind rund 15 Beschäftigte weniger im ORF. 100 Millionen hieße grob gesprochen 1.500 Leute weniger." Forderungen, der ORF solle "in der Technik sparen", griffen da zu kurz: "Alle Techniker zusammen sind 700." Solche Einsparungen gingen zwangsläufig auch zulasten der Regionalität: "Wenn das 150 Millionen Euro weniger sind, dann wird's auch nicht mehr neun Landesstudios geben können."
Man würde insgesamt "ein gut funktionierendes Unternehmen in der Substanz gefährden", und es gäbe Verlierer auf allen Seiten: Das Publikum, "das mit weniger Programm und weniger Programmvielfalt" rechnen müsse, der ORF, weil er nicht mehr zukunftsorientiert arbeiten könne, der Bund wegen verstärkter Budgetbelastung, die Länder, wenn die Landesabgaben entfielen, und der Medienstandort von Filmwirtschaft über Zulieferindustrie bis hin zu Sportverbänden.
Zweidrittelmehrheit
Wrabetz ist auch der Ansicht, dass solche ein Systemwechsel "nur mit Zweidrittelmehrheit" im Nationalrat zu beschließen wäre. Zudem stellten sich beihilfenrechtliche Fragen auf EU-Ebene. Dass man den politischen Einfluss durch eine gewisse Automatik minimieren könnte, kann sich der ORF-Chef nicht so recht vorstellen. Ein gewisser Verhandlungsbedarf sei bei Bundesbudgetposten schlicht nicht zu vermeiden.
Wrabetz appellierte abschließend an die Politik, bei der ORF-Reform mit "Bedachtsamkeit" vorzugehen - konkret auch an die FPÖ. Den "Hardlinern" bei den Freiheitlichen ginge es gar nicht um eine Gebührenreduktion, sondern darum, den ORF zu "zerstören", glaubt er. Eine von ihm jüngst aufs Tapet gebrachte Volksabstimmung sollte nicht die Frage der Gebührenfinanzierung stellen, sondern den Leistungsumfang des ORF zum Thema haben. "Wenn man den Österreichern einen Gutteil des ORF wegnimmt", müsse man sie auch fragen, ob sie dem zustimmen. "Wir reden ja vom Eigentum der Bevölkerung."