Nur Platz 3 für Parteichefin

Nach Schlappe bei SPÖ-Befragung: Rendi-Wagner steht vor Rücktritt

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Platz 3 hinter Doskozil und Babler: Mit der heutigen Mitgliederbefragung der SPÖ dürfte die politische Karriere Pamela Rendi-Wagners zu Ende gehen.

Fast 70 Prozent der Basis entschieden sich für einen ihrer Gegenkandidaten, was für die Amtsinhaberin eine empfindliche Schlappe bedeutet. Rendi-Wagner hatte im Vorfeld angekündigt, sich zurückzuziehen, sollte sie nicht Platz eins erringen.

Morgen, Dienstag, will sie die Noch-Parteichefin in einer Erklärung um 9.30 Uhr zum Ausgang der Mitgliederbefragung äußern. Alles deutet auf ihren Rücktritt hin.

Erstes Statement von Rendi-Wagner

„Ich möchte mich bei allen SPÖ-Mitgliedern bedanken, die mir das Vertrauen geschenkt haben. Ich möchte mich aber auch bei allen Mitgliedern bedanken, die an der Mitgliederbefragung teilgenommen haben. Jede Stimme, die abgegeben wurde, war wichtig – weil sie aus der Überzeugung heraus abgegeben wurde, die SPÖ wieder zu einen und stark zu machen. Auch wenn es ein sehr knappes Ergebnis ist, ist es aus meiner Sicht zu respektieren. Morgen im Präsidium und im Bundesparteivorstand werden wir gemeinsam die nächsten Schritte und den Bundesparteitag besprechen. Es muss Ziel sein, dass dieses Land endlich wieder eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung bekommt. Diesen Herausforderungen wird sich die SPÖ stellen – wie sie das immer getan hat.“

Ihr Sessel wackelt fast ständig

Die Periode Rendi-Wagners an der Spitze der SPÖ dürfte als ein großes Missverständnis in die Parteigeschichte eingehen. Die Quereinsteigerin griff zu, als niemand wollte, doch wurde die Partei mit der studierten Medizinerin nie so recht warm. Misserfolge bei Wahlen taten ihr übrigens, Rendi-Wagners Sessel ständig am Wackeln zu halten.

SPÖ stagniert seit Jahren

Vor drei Jahren trat sie noch die Flucht nach vorne an und ließ sich von der Basis - damals ohne Gegenkandidaten - deutlich bestätigen zu lassen. Doch tritt die SPÖ seither bestenfalls auf der Stelle. Man ist weder in der Regierung noch können Wahl-Erfolge bejubelt werden. Historischer Tiefstand bei der EU-Wahl, Debakel bei der Nationalratswahl mit anschließender Ansage, wonach die Richtung stimme, und zuletzt Enttäuschung um Enttäuschung bei Landtagswahlen.

Da halfen bei den Mitgliedern weder Appelle an die Frauensolidarität noch Unterstützungsbekundungen des Partei-Establishments. Der Kredit Rendi-Wagners war verbraucht.

Ungewöhnlicher Weg an die SPÖ-Spitze

Ihr Weg zur ersten weiblichen Vorsitzenden der österreichischen Sozialdemokratie war ein eher ungewöhnlicher. Klassisch war nur die Kindheit, in der sie als Tochter einer alleinerziehenden Mutter im bekannten Favoritner Gemeindebau Per-Albin-Hansson-Siedlung aufwuchs und ganz im Sinne des Kreiskyschen Bildungsideals mit Intelligenz und Fleiß den sozialen Aufstieg schaffte.

Die - wie sich selbst in einem Interview nannte - "kleine Streberin" absolvierte eilig ein Medizinstudium und spezialisierte sich auf die Impfmedizin, was Jahre später Basis ihre faktenbasierten Corona-Politik sein sollte. Eine Gastprofessur führte Rendi-Wagner nach Israel, zurück in Österreich machte die mit einem Diplomaten verheiratete Mutter zweiter Töchter dann im Gesundheitsministerium Karriere, wo sie die Position der Generaldirektorin für die öffentliche Gesundheit übernahm und sich in dieser Rolle nicht nur durch souveräne öffentliche Auftritte Meriten verdiente.

Nachfolgerin von Oberhauser (†)

Nach dem frühen Tod von Sabine Oberhauser war Rendi-Wagner - wiewohl noch nicht einmal Parteimitglied - die logische Nachfolgerin als Gesundheits- und Frauenministerin. Große Spuren konnte sie nicht hinterlassen, schon alleine deshalb, weil die Koalition mit der ÖVP rasch platzte. Der Partei gefiel ihre Performance dennoch, Rendi-Wagner erhielt einen vorderen Listenplatz für die Nationalratswahl und als nach dem überstürzten Abgang von Christian Kern niemand an die Spitze wollte, griff sie einfach zu.

Seither sind über vier Jahre vergangen, in denen sich Rendi-Wagner schon einmal über eine Vertrauensfrage an die Basis im Amt halten musste. Innerparteiliche Ruhephasen waren stets nur kurz. Hans Peter Doskozil schoss aus dem Burgenland in regelmäßigen Abständen quer, auch die Parteilinke wurde mit der Chefin nie so recht warm. Dass sie jetzt sowohl von Doskozil als auch vom linken Aushängeschild Babler hinter sich gelassen wurde, muss entsprechend bitter sein.

Kein Erfolg mit Mitte-Kurs

Rendi-Wagner, die meist freundlich, aber ein wenig distanziert auftritt, schaffte es nie, überzeugend eine klare inhaltliche Linie zu repräsentieren. Die Parteivorsitzende referierte eisern typische gewerkschaftliche Positionen, ohne selbst ein Leitthema gefunden zu haben. Ihr Kurs war jener der Mitte und der scheint aktuell nirgendwo en vogue.

Die Zeiten, als übercoachte Auftritte die Zuseher eher beklommen zurückließen, sind bei Rendi-Wagner vorbei. Volkstribunin ist sie trotzdem keine geworden, dafür eine Machttechnikerin erster Güte. Auch wenn die Auswahl ihrer Berater in der Partei stets Anlass für Stirnzrunzeln war, hat sie sich über lange Zeit die richtigen Förderer bzw. Schutzleute gesucht. Mit Wiener SPÖ und Gewerkschaftern im Rücken gelang es Rendi-Wagner bis heute, jeglichen Sturm zu überstehen. Doch scheint das Establishment nun für die Basis nicht mehr die entscheidende Stimmhilfe zu sein.

Rückkehr in Gesundheitsbereich?

Sollte es zum angekündigten Rückzug kommen, steht wohl einer beruflichen Karriere in ihrem angestammten Bereich wenig entgegen. Kontakte von damals sollten wie Kompetenz ausreichend vorhanden sein.

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