Durchwachsen fielen die Reaktionen auf das neue Anti-Teuerungs-Paket aus.
Volles Lob kam am Dienstag nur aus den Reihen der ÖVP und Grünen. Gewerkschaften, Arbeiterkammer und Volkshilfe anerkannten zwar, dass die Regierung jetzt endlich handle, sahen aber Schönheitsfehler und Versäumnisse - weil weder Steuern auf Lebensmittel gesenkt noch Energie-Preisdeckel eingezogen werden. Caritas und Diakonie waren ziemlich zufrieden. Einige Länder kündigten Zusatz-Maßnahmen an.
"Wir begrüßen, dass der auch von uns aufgebaute Druck für Entlastungsmaßnahmen die Bundesregierung endlich zum Handeln veranlasst hat. Einige Punkte sind gelungen, insgesamt weist das Paket aber schon bei der Erstbetrachtung auch Nachteile auf", stellte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian fest - und konstatierte, dass der ÖGB "weiter Druck machen muss für dauerhafte Entlastungsmaßnahmen, die bei den Menschen ankommen". Denn das Paket sei teils "verteilungspolitisch fragwürdig", und es bestehe bei den Kurzfrist-Maßnahmen "fast ausschließlich aus Einmalzahlungen". Diese würden aber die Inflationsrate nicht bremsen und die Menschen nicht dauerhaft entlasten. Der ÖGB fordert weiter die Mietpreis-Regulierung, Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und der Mineralölsteuer oder eine höhere Besteuerung von Übergewinnen der Energiebetriebe.
Auch GPA-Vorsitzende Barbare Teiber machte im Paket "Schönheitsfehler" aus - sowie "Maßnahmen, die längerfristig sehr negativ auf die arbeitenden Menschen wirken werden". Sie ist enttäuscht, dass es keine Mehrwertsteuersenkung und keinen Preisdeckel bei Energie gibt und fordert eine Millionärssteuer. Scharf kritisierte Teiber die Lohnnebenkostensenkung: Das sei "reine Klientelpolitik, die keine Wirkung auf die Preise haben wird". Den Familienlastenausgleichsfonds "auszuräumen" und gleichzeitig Leistungen für Familien zu erhöhen sei widersinnig - und den Unfallversicherungsbeitrag zu senken sei "fatal".
Aus Sicht der Arbeiterkammer wird das Paket zwar "dazu beitragen, die Folgen der hohen Inflation abzufedern. Was aber fehlt sind Maßnahmen, die einen echten 'Preise-runter-Effekt' haben sowie Maßnahmen, die den Sozialstaat wirklich stärken und armutsfest machen würden", vermisste auch Präsidentin Renate Anderl Mehrwertsteuersenkung oder Preisdeckel. Der Effekt der Einmalzahlungen werde "schnell verpufft sein" - und das akute Armutsproblem im unteren Einkommensdrittel werde nicht - durch Verbesserungen bei Arbeitslosengeld, Notstandshilfe sowie Sozialhilfe - gelöst.
Gemischt fielen die Reaktionen der Hilfsorganisationen aus: Die Volkshilfe anerkannte zwar das "durchaus beachtliche" Gesamtvolumen und dass viele Menschen entlastet würden. Darunter seien jedoch "auch sehr viele", die nicht unter der Teuerung leiden - während es für akut armutsbetroffene Menschen und Kinder keine nachhaltige Unterstützung gebe. Denn Einmalzahlungen würden für sie nicht reichen, nötig gewesen wäre aus Sicht der Volkshilfe eine unterjährige Erhöhung von Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und Ausgleichszulage.
Positiver klang der Kommentar der Caritas: "Dieses Paket war richtig und es kommt - bei rascher Umsetzung - auch zur richtigen Zeit", begrüßte Präsident Michael Landau, dass einzelne Schritte noch im Sommer gesetzt werden sollen. Ob die Maßnahmen als - dringend nötiger - Rettungsschirm taugen, "werden wir erst sehen", merkte er jedoch an - und vermisste die grundsätzliche Reform der Sozialhilfe sowie die Schaffung einer Kindergrundsicherung. Die Diakonie freute sich über die Wertanpassung bei Sozialleistungen.
Keine große Begeisterung für die Regierungsmaßnahmen ließ im Nationalrat die Opposition erkennen. Vor allem SPÖ und FPÖ übten ziemlich scharfe Kritik, NEOS zeigten sich halb zufrieden.
Hoch zufrieden war die Wirtschaftskammer: Wesentliche Forderungen der Sozialpartner zur Entlastung von Unternehmen und Haushalten würden umgesetzt. "Damit setzt die Regierung noch vor dem Sommer die richtigen Schritte, die sowohl kurzfristig als auch mittelfristig ihre Wirkung entfalten werden", meinte WKÖ-Präsident Harald Mahrer. Viel Lob kam via Aussendung aus den Reihen der ÖVP: Die Bünde und die ÖVP-Frauen rühmten die Maßnahmen der Regierung unter Federführung von ÖVP-Kanzler Karl Nehammer. Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) kündigte Details des "historischen Entlastungspakets für Familien" beim Ministerrat am Mittwoch an.
Neben dem roten Wien - das am Dienstag bereits die Ausweitung der Energieunterstützung vorgestellt hat - kündigten auch zwei schwarze Bundesländer zusätzliche Teuerungs-Hilfen an. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wird nach dem Sommer ein Niederösterreich-Paket präsentieren. Schon bis nächste Woche will Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner weitere Akzente setzen, und zwar im Bereich der Wohnbeihilfe (keine Einmalzahlung, sondern eine strukturelle Änderung), des Familien- und des Heizkostenzuschusses und bei den Kinderrichtsätzen in der Sozialhilfe.
"Hocherfreut" zeigten sich die Wiener Grünen: Das Maßnahmenpaket sei ein "großer Wurf" und eine "echte Unterstützung für alle Österreicherinnen und Österreicher", lobten die Parteivorsitzenden Judith Pühringer und Peter Kraus in einer Aussendung.