"Überfallsartige Entscheidungen"

Platter ärgert sich über Sperrstunden-"Horuck-Aktion"

Teilen

Landeshauptmann kann Vorverlegung "ohne Zustimmung der Bundesländer" nach wie vor nicht nachvollziehen.

Innsbruck. In Tirol gibt es unter Touristikern und an der schwarzen Landes-Spitze nach wie vor massiven Unmut über die auf 22.00 Uhr vorverlegte Sperrstunde in Hotels und Lokalen. Es ärgere ihn nach wie vor, "dass die Sperrstunde in einer Horuck-Aktion und ohne Zustimmung der Bundesländer vorverlegt wurde", kritisierte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in der "Tiroler Tageszeitung" (Mittwochausgabe).

"Solche überfallsartigen Entscheidungen führen nur zu weiteren Verunsicherungen und werden uns im Kampf gegen die Pandemie und Omikron nicht weiterbringen", zeigte Platter Verständnis für den Unmut vielerorts. Einmal mehr argumentierte der Landeshauptmann damit, dass durch die Vorverlegung der Sperrstunde die Menschen in den unkontrollierten, privaten Bereich getrieben würden, wo die Ansteckungsgefahr um vieles höher sei als im kontrollierten und mit Auflagen versehenen öffentlichen Bereich.

Gerber appelliert an Nehammer

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte die Vorverlegung der Sperrstunde - auch zu Silvester - im APA-Interview verteidigt. Zuvor war der Kanzler von Tiroler ÖVP-Touristikern aufgefordert worden, einzugreifen. Der Tourismusobmann in der Tiroler Wirtschaftskammer und ÖVP-LAbg. Mario Gerber appellierte gegenüber der APA an Nehammer, mit Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) das Gespräch zu suchen und von der Vorverlegung wieder abzusehen. Die NEOS kritisierten die Sperrstunden-Regelung ebenfalls scharf und setzten Hoffnung in den Hauptausschuss des Nationalrates am Donnerstag.

Besonders in Tirol waren die führende schwarze Touristiker und Kammervertreter zuletzt verbal auf die Barrikaden gestiegen und hatten vor allem Mückstein unter Beschuss genommen. Von einem "Desaster", "Wahnsinn" war die Rede, Existenzen würden aufs Spiel gesetzt. Von vielen Abreisen von ob der Sperrstunden-Regelung verärgerten Urlaubern wurde berichtet.

Auch der Druck auf die Landesspitze dürfte zuletzt gestiegen sein. 15 namhafte Touristiker sollen Landeshauptmann und Tourismusreferent Platter zum Handeln aufgefordert haben. Auch die Überlegung, Protestaktionen zu veranstalten, wurde ventiliert.

Kritik an der Kritik der schwarzen Touristiker

Kritik an der Kritik der schwarzen Touristiker und Kammerfunktionäre übte indes der grüne Koalitionspartner auf Landesebene. Dessen Tourismussprecher Georg Kaltschmid sprach von einem "Dauerlobbyismus-Feuer", von Gerber, ÖVP-Tourismussprecher Abg. Franz Hörl und Tirols Wirtschaftskammerchef Christoph Walser: "Ihr Ego ist groß, ihr Verantwortungsbewusstsein klein". Die, die derzeit "Chaos" schreien würden, seien genau diejenigen, die "zwei Tage vor Silvester das komplette Wirrwarr mit der Forderung nach der Aufhebung der Sperrstunde lostreten wollen. Das ist verantwortungslos und peinlich", so Kaltschmid.

Platter sah Kaltschmid auf grüner Seite, deshalb stärke er dem Landeschef demonstrativ den Rücken: "Landeshauptmann Platter hat in den vergangenen Wochen die Linie des Bundes zu recht mitgetragen. Von uns hat er die volle Unterstützung diesen Kurs beizubehalten und zu zeigen, dass die Bewältigung der Pandemie nicht durch die Befriedigung von Einzelinteressen gelingen wird, sondern nur durch den Blick auf die gesamte Pandemieentwicklung und die Auswirkungen auf die Gesellschaft als Ganzes".

Gänzlich anderer Meinung war naturgemäß die Tiroler FPÖ. "Die Sperrstundenregelung ist der Todesstoß für die heimische Hotellerie und Gastronomie", übte Landesparteichef Markus Abwerzger massive Kritik und ergänzte: "Das Virus macht keine Sperrstunde, daher ist es ja vollkommen egal, wann zugesperrt wird, ob 22.00 Uhr, 23:00 Uhr oder Mitternacht, denn die Gäste in der Gastronomie und Hotellerie müssen ja einen 2G Nachweis haben". Der blaue Frontmann ortete mangelnden Einfluss von Platter auf die Bundesregierung als Noch-Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.