Politik-Insider

Wie BVT-Agent Ott über viele Jahre weitermachen konnte

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2017 wurde der mutmaßliche Russen-Spion erstmals suspendiert - mit seinen internationalen Kontakten konnte er aber weitermachen.

Spionagefall. Viele der Vorwürfe gegen den Ex-BVT-Beamten Egisto Ott sind (noch) unbewiesen. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. In seinen Vernehmungen hat der Kärntner Spionage abgestritten, der sehe sich als „Aufdecker von Schweinereien“. Ott wird jetzt auch in den U-Ausschuss geladen.

Das Motiv. Doch die Ermittler sind längst der Frage auf der Spur, warum Ott – so der Haftbefehl – Infos an Russland verkaufte. Neben Unzufriedenheit dürfte auch der Wunsch nach Geld Motiv sein. Bewohnt doch Ott in Paternion (Ktn.) ein Haus, dessen Größe Richtung Villa geht.

Bar aufs Konto. So soll es beträchtliche Bareinzahlungen auf das Konto Otts geben. Die Ermittler laut Falter: „Zwischen 2015 und 2017 betrugen die Bareinzahlungen durchschnittlich ca. 93.000 Euro jährlich. Sie reduzieren sich ab 2018 in den folgenden Jahren auf 28.000 Euro.“

Tatsache ist: Ott konnte lange weitermachen, obwohl man ihm seit 2017 auf der Spur war: Damals erhielt BVT-Chef Peter Gridling einen Tipp eines befreundeten Dienstes, dass es ein Leck geben könnte. Da Ott dienstliches an seine private Mail­adresse gepostet hatte, wurde er suspendiert – der erste von drei Versuchen, ihn kaltzustellen.

Ott berief. Acht Monate später – im Februar 2018 – hob das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Suspendierung aber auf, laut Gericht habe es gegen Ott keine „sachdienlichen Ermittlungen“ des Ministeriums gegeben. Trotzdem ließen Gridling & Co. nicht locker: Einer neuerlichen Suspendierung im März 2018 – Minister war damals pikanterweise Herbert Kickl (FPÖ) – folgte eine neuerliche Aufhebung. Kickl sagte im U-Ausschuss zwar, er habe von Otts Suspendierung erst später erfahren. Im Frühjahr 2018 allerdings zerschlug er das BVT – und suspendierte Gridling. Argumentationshilfe für Kickl war ein Pamphlet, das ausgerechnet Ott verfasst haben soll, wie ein Gutachten festgestellt hat.

Ott wurde in die Sicherheitsakademie in der Wiener Marokkanerkaserne versetzt. Gleichzeitig gab es aber intensive Kontakte zum FPÖ-Abgeordneten Hans Jörg Jenewein. Laut Chats und einem Organigramm aus dem U-Ausschuss sollte ein Geheimdienst im Außenamt aufgebaut werden – mit Ott.


Doch erst Anfang 2021 wurde es wirklich eng: Im Jänner gab es die erste Festnahme-Anordnung gegen Ott, zudem wurde er erneut suspendiert. Diesmal kam er mit seiner Beschwerde nicht durch. Am Karfreitag 2023 schließlich die endgültige Festnahme – nach dem Platzen des Wirecard-Skandals rund um Otts „Führungsoffizier“ Jan Marsalek sowie Geständnisse bulgarischer Mit-Agenten flog das Netz auf. Game over.


Weiss. Um zu verstehen, warum aus dem umtriebigen Geheimdienstler Ott ein – mutmaßlicher – umtriebiger Doppelagent wurde, lohnt ein Rückblick in die 90er: Damals war Ott – wie Gridling – beim BVT-Vorgänger EBT (Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus). Und lernte Martin Weiss kennen. Jenen Weiss, der später Otts Abteilungsleiter und Abwehrchef beim BVT war. Und der Jahre später Marsalek zur Flucht nach Moskau verholfen haben soll und sich inzwischen nach Dubai abgesetzt hat. Mit Ott war er in Sachen Terror-­Bekämpfung, verdeckte Ermittlungen tätig – Ott knüpfte von 2009 bis 2012 zudem Auslandskontakte als Verbindungsoffizier in Rom und Ankara.


Von 2015 an soll Ott damit begonnen haben, Hunderte Anfragen in Sicherheitsdatenbanken über russische Regimegegner, Aufdecker-Journalisten sowie linke Aktivisten zu stellen und sie nach Russland zu melden, es soll mehr als 300 (!) Betroffene geben. Mit seiner Suspendierung 2017 verlor Ott zwar den Datenzugang, weswegen weniger Geld hereinkam – weiter machte er aber trotzdem: Kollegen aus Großbritannien und Italien wussten nichts von der Suspendierung und waren behilflich. Am weitesten soll Ott im Fall des Aufdeckers Grozev gegangen sein – laut Haftbefehl soll der längst suspendierte Ott mit einer Polizeimarke ins Meldeamt Spittal/Drau marschiert sein und mittels Dienstmarke Grozevs Privatadresse ausspioniert haben. Die Folge: Ein Einbruch bei Grozev – der floh in die USA: Lebensgefahr.

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