Nahost

Schallenberg: Komplette Waffenruhe würde Hamas stärken

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Eine komplette Waffenruhe im Gaza-Krieg würde nach Ansicht von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) vor allem die im Gazastreifen herrschende radikale Palästinenserorganisation Hamas stärken.  

Für die "Linderung der Not der Menschen im Gazastreifen" hält er gleichzeitig Feuerpausen für akzeptabel, sagte er der "Presse" (Sonntag).

Schallenberg erinnerte gleichzeitig an die rund 240 israelischen Geiseln, die nach wie vor von der Hamas festgehalten werden. "Manchmal habe ich den Eindruck, die mehr als 200 Geiseln sind schon in Vergessenheit geraten. Das erste Ziel ist ihre bedingungslose Freilassung." Er nahm weiters Israel gegen Vorwürfe in Schutz, das Land würde das Völkerrecht missachten oder gezielt Zivilisten angreifen: "Das ist kein Staat, der blindwütig um sich schlägt und Rache übt, sondern einer, der sehr gezielt und strategisch versucht, eine Terrororganisation zu vernichten, die bewusst Spitäler und Schulen für ihre Zwecke missbraucht."

Menschen in Gaza helfen, aber Hamas nicht stärken 

Der Außenminister konterte auch den Vorwürfen des palästinensischen Vertreters in Österreich, Salah Abdel Shafi, der der Bundesregierung mangelnde Empathie für palästinensischen Zivilisten vorgeworfen hatte, und verwies auf die finanziellen Hilfen Österreichs. "Wir wollen den Menschen in Gaza helfen, aber nicht die Hamas stärken. Die Hamas sitzt auf einer Million Liter Diesel, die aber leider nie bei Generatoren für Spitäler und die Wasserversorgung landen. Die Hamas will eine humanitäre Krise hervorrufen. Ihr menschenverachtender Zynismus ist nicht zu überbieten."

Offen kritisch äußerte sich Schallenberg über die Aussage von UNO-Generalsekretär António Guterres, der gemeint hatte, der blutige Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober habe nicht in einem Vakuum stattgefunden. "Ich fand diese Stellungnahme schon verwunderlich, um es diplomatisch auszudrücken." Der Außenminister betonte: "Wenn jemand eine Person umbringt, dann ist es Mord. Man kann natürlich auf die schwierige Jugend eines Mörders hinweisen. Das ist aber keine Rechtfertigung für Mord."

EU-Beitritt der Ukraine?

Schallenberg äußerte sich auch zu der Empfehlung der EU-Kommission, Beitrittsgespräche mit der Ukraine aufzunehmen. Er bezeichnete sich als "etwas unglücklich über die Art, wie jetzt vorgegangen wird". Er habe "das Gefühl, auf den Balkan wird mit der Lupe geschaut und auf die Ukraine mit der rosaroten Brille", bemängelte er. "Da wird es sicher noch intensive Diskussionen auf europäischer Ebene geben." Der Außenminister plädierte für einen abgestufteren Weg hin zu einer EU-Vollmitgliedschaft: "Wir müssen von dem binären Denken wegkommen, wonach es nur Vollmitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft gibt und dazwischen nichts." Er betonte: "Ich will die Ukraine in der EU an Bord haben, aber es muss nicht sofort eine klassische Vollmitgliedschaft sein."
 

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