SPÖ-Chefin traut Regierung keine faire Steuerreform zu.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner mahnt anlässlich des 130-jährigen Parteijubiläums ihre Genossen zur Einigkeit: Man müsse zurück zum Mut finden, "wo wir hart in der Sache diskutieren, aber dann auch gemeinsam für diese Sache eintreten". Nach den Diskussionen der letzten Tage verteidigte Rendi-Wagner auch ihre Haltung zur Vermögenssteuer. Der Regierung traut sie keine faire Steuerreform zu.
Die SPÖ feierte ihr Jubiläum am späten Dienstagnachmittag bei einer Veranstaltung in Hainfeld, wo zum Jahreswechsel 1888/89 der Gründungsparteitag stattgefunden hat, bei dem Victor Adler die zersplitterten Lager der Arbeiterbewegung geeint hat. Auch in den vergangenen Monaten war die SPÖ vor allem mit sich selbst beschäftigt und kam kaum zur Ruhe. Jüngst war Rendi-Wagner mit Widerspruch aus den Ländern konfrontiert, weil sie im APA-Interview gemeint hatte, dass derzeit nicht der richtige Zeitpunkt für eine Erbschafts- und Vermögenssteuer sei.
"Besinnung auf dsa Wesentliche"
In ihrer Rede in Hainfeld ging Rendi-Wagner (laut schriftlichem Redetext, Anm.), auf die Flügelkämpfe zur Gründungszeit ein: Die Antwort sei damals "die Besinnung auf das Wesentliche" gewesen, "die Menschen". Sozialdemokratischer Antrieb sei es, deren Leben besser und leichter zu machen - an dieser Grundhaltung habe sich in 130 Jahren nichts geändert.
Die Frage sei, was Verteilungs-, Steuer- und Chancengerechtigkeit heutzutage bedeuteten. "Der Kapitalismus unserer Zeit findet zu einem überwiegenden Teil europäisch, international statt", kritisierte Rendi-Wagner etwa internationale Konzerne wie Facebook, Amazon und Google, die so gut wie keine Steuern bezahlten. "Unsere Antwort darauf kann nicht allein die nationale Vermögenssteuer sein", sprach Rendi-Wagner das parteiinterne Reizthema der letzten Tage an. "Ist sie Teil eines gerechteren Steuersystems? Ja, das ist sie - aber eben nur ein Teil", befand die SPÖ-Chefin. Der "Kampf gegen die Ausbeutung" müsse international sein wie die Ausbeutung selbst, zitierte sie aus dem "Hainfelder Programm". Es brauche also auch eine Digitalsteuer, eine Finanztransaktionssteuer und eine Besteuerung international agierender Konzerne, forderte Rendi-Wagner.
Türkis-Blau kümmert sich nicht um Arbeiter
Die SPÖ müsse gemeinsam die "Steuergerechtigkeit des 21. Jahrhunderts" denken - denn die ÖVP-FPÖ-Regierung werde die Arbeitnehmer nicht entlasten und keine Maßnahmen setzen, damit das Wohnen leistbarer wird, glaubt Rendi-Wagner. "Sie wird jene entlasten, die die Regierungsparteien fleißig unterstützt und gespendet haben." Um die Arbeitnehmer werde sich dagegen die SPÖ kümmern - "Seite an Seite mit unseren Freunden in der Gewerkschaft".
Es dürfe nur einen Antrieb für Politik geben, nämlich für die Menschen zu arbeiten - wer das vergesse, schade der Bewegung, mahnte Rendi-Wagner. "Unser Kampf für die Menschen ist auch immer wieder ein Kampf gegen unsere Eitelkeiten, gegen unsere Bequemlichkeiten, gegen unser Beharren, gegen Verengung", betonte die Parteichefin. "Jede große Zeit der Sozialdemokratie entstand aus einer solchen Phase der Uneinigkeit und der Schwäche."
Die letzten Jahre seien für die SPÖ "keine leichten" gewesen, räumte Rendi-Wagner ein. Die Partei definiere sich zwar über Selbstkritik, "aber wem genau soll es helfen, wenn wir unsere Diskussionen am 1. Mai mit Pfeifkonzerten austragen?", fragte die Parteichefin ihre Genossen. "Wem soll es helfen, wenn Debatten über eine politische Ausrichtung zuallererst öffentlich stattfinden?" Man solle zwar hart in der Sache diskutieren, "aber dann auch gemeinsam für diese Sache eintreten", appellierte sie an ihre Mitstreiter. Denn wenn man zaghaft und uneins sei, werde am Ende für die Bevölkerung "die falsche Politik gemacht".