Spitzel-Skandal

Republik Österreich ermittelt gegen NSA

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US-Agenten: Telefone & Internet abgezapft. Anzeige wegen Spionage in Wien.

Unser Innenministerium hat Anzeige eingebracht: wegen US-Spionage in Österreich.

Kalter Krieg mitten in Österreich. Jetzt lehnt sich unser kleines Land gegen die dreisten Spionage-Praktiken der USA auf: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hat bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet.

Vorwurf: flächendeckende US-Spionage zum Nachteil unserer Republik.

Agenten hackten sich in 
Wiener Internet-Knoten
Der Verdacht im Detail: Der US-Geheimdienst NSA habe in Österreich massiv über Jahre hinweg geschnüffelt: Telefone abgehört, das Internet abgezapft. Brisante neue Infos:

  • Ein wahrscheinlicher Lauschposten: der Internet-Knoten „Vienna Internet Exchange“ – hier hackten sich US-Agenten ein und durchforsteten den heimischen Internet-Verkehr – das berichtet das profil.
  • 120 Firmen (etwa der Telekom-Konzern AT&T aus den USA) hätten sich mit ihrer Technologie beteiligt.
  • Mysteriös immer noch die Rolle einer Villa im 18. Wiener Gemeindebezirk. Von hier aus sollen heimische Politiker-Handys bespitzelt worden sein.

Jetzt spricht ein Ex-Agent der NSA in ÖSTERREICH. Er berichtet, wie schlimm die Spionage wirklich sei: Die Überwachung in Österreich ist, „intensiver als selbst in Deutschland … Wien ist weiterhin Tummelplatz für Spione“ (s. unten).

Österreich protestiert 
gegen US-Bespitzelung
„Wir haben gegenüber den USA dagegen protestiert“, sagt VP-Außenminister Michael Spindelegger im ÖSTERREICH-Interview und bestätigt die Ermittlungen gegen die NSA.

Besonders pikant: Spin­del­eggers Ansagen über den Aufdecker des weltumspannenden Skandals – er könne „Asyl für Snowden (in Österreich, Anm.) nicht ausschließen“.
 

Spindelegger: "Schließe Asyl für Snowden nicht aus"

ÖSTERREICH: Der heimische Geheimdienst hat wegen möglicher NSA-Abhörungen gegen Österreicher nun Anzeige erstattet. Wieso das?
Michael Spindelegger: Es wurde Anzeige erstattet, weil wir uns diesen Dingen stellen müssen. Die Behörden werden jetzt ermitteln. Das ist nötig.

ÖSTERREICH: Wurden doch heimische Politiker von der NSA abgehört?
Spindelegger: Mir liegen keine detaillierten Indizien dafür vor, aber es wäre möglich. Wir haben gegenüber den USA dagegen protestiert. Entscheidend ist jetzt, dass wir uns künftig besser gegen Abschöpfungen unserer Bürger oder Unternehmen schützen.

ÖSTERREICH: Wie kann sich die Republik besser schützen?
Spindelegger: Wir brauchen hier ein EU-weites Vorgehen, um die Datensicherheit zu erhöhen: ein europäisches Schlüsselsystem und sicherere elektronische Übermittlung unserer Daten. Wir als EU müssen unsere Sicherheitsstandards anheben und müssen da unabhängig von den USA und anderen Ländern werden. Daher bin ich auch für neue europäische Server, bislang läuft das ja über die USA oder Asien.

ÖSTERREICH: In Deutschland und auch in Österreich wird ein Asyl für NSA-Aufdecker Snowden diskutiert. Ist Asyl für ihn hier möglich?
Spindelegger: Eine Grundvoraussetzung hat Snowden noch nicht erfüllt: Er hat nicht angegeben, nach Österreich zu wollen. Sollte er einen Asylantrag stellen, werden wir ihn genauso ernst behandeln wie alle Anträge. Ich kann Asyl für Snowden nicht ausschließen.

Ex-NSA-Agent: "Wien ärger als Berlin"

ÖSTERREICH: Wie umfassend ist die NSA-Überwachung in Österreich?
Thomas Drake: Intensiver als selbst in Deutschland, würde ich sagen. Österreich wird von der NSA eher weniger als Freund eingestuft. Das Land wird nicht so sehr als Verbündeter gesehen wie Deutschland. Dazu ist Wien weiterhin ein Tummelplatz für Spione.

ÖSTERREICH: Ist Kanzler Faymann unter den 35 abgehörten Staatsführern?
Drake: (lacht) Ich wäre sehr überrascht, wenn er nicht direkt abgehört würde …

ÖSTERREICH: Er sagte, auf ein Krypto-Handy beim Gros der Anrufe zu verzichten …
Drake: Das ist enorm naiv. Surreal! Und es ist auch ein Versagen des österreichischen Geheimdienstes. Wie können die das zulassen?

ÖSTERREICH: Sie trafen Ed Snowden in Moskau: Würde er Asyl in Österreich wollen?
Drake: Ja. Obwohl er in Moskau am sichersten ist.


 

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