Erster Machtkampf um Bürokratieabbau in der Regierung! Staatssekretär Schellhorn erinnert per Brief seine Ministerkollegen daran, dass er für Entbürokratisierung zuständig ist – und fordert enge Zusammenarbeit. Doch Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer verfolgt eine eigene Offensive.
Neos-Staatssekretär Sepp Schellhorn will jetzt Klarheit: „Wir brauchen keine doppelten Strukturen“, schrieb er an Minister aus ÖVP und SPÖ und lud sie zur Kooperation ein. Im Fokus steht unter anderem der Abbau von Bürokratie, die laut Schellhorn unnötige Hürden für Unternehmer schafft.

Hattmannsdorfer mit eigener Entbürokratisierungs-Offensive
ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer setzt auf eigene Maßnahmen – und reklamiert den Bürokratieabbau für sein Ressort. „Er schaut in seinem Haus, was möglich ist“, kommentierte Schellhorn in einem Standard-Interview. Dort sprach er zuerst über den Brief, den er seinen Ministerkollegen aus ÖVP und SPÖ geschickt hat. Darin steht, dass er eigentlich für die Entbürokratisierung verantwortlich ist. So könne er ohne Steuergeld in die Hand zu nehmen Nutzen schaffen.
Ministerien beschwichtigen
Gegenüber oe24 betonten beide Seiten, dass die Zusammenarbeit gut sei. Offiziell will man keine Konflikte – doch hinter den Kulissen könnte sich ein Machtkampf entwickeln.
Wer setzt sich am Ende durch? Der Wettlauf um den Titel „größter Bürokratie-Abbauer der Regierung“ hat begonnen.
Beim Besuch des Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim zeigte die Regierung jedenfalls Einigkeit.
Bis Jahresende wollen Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP), Infrastrukturminister Peter Hanke (SPÖ) und Staatssekretär Josef Schellhorn (NEOS) eine Strategie zur Stärkung des Industrie- und Wirtschaftsstandorts Österreich vorlegen, erklärten sie dort am Montag.
Es gehe vor allem darum, die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern, Investitionen zu erleichtern und Schlüsselbranchen zu fördern.
"Wir müssen die Deindustrialisierung in Österreich und Europa stoppen und unseren Standort nicht nur sichern, sondern gezielt weiterentwickeln", sagte Hattmannsdorfer. "Die Industrie ist das Rückgrat unseres Wohlstands – sie steht für Innovation, Forschung, Versorgungssicherheit und zukunftsfähiges Wachstum."
"Ein wettbewerbsfähiger Industriestandort Österreich ist das Ergebnis eines starken Innovationsstandorts Österreich", merkte Hanke an. "Im Global Innovation Index belegt Österreich weltweit Platz 17. Unser Ziel ist es, unter die Top 10 zu kommen", so das Ziel des Ministers.
Und der für Entbürokratisierung verantwortliche Staatssekretär meinte: "Mit einer zentralen Anlaufstelle sollen zum ersten Mal eine Bürokratiebremse umgesetzt, Planungs- und Rechtssicherheit für Unternehmen gestärkt, Genehmigungsverfahren erleichtert und die Gewerbeordnung verschlankt werden", sagte Schellhorn.
Blaue Kritik
Die FPÖ spart nicht mit Kritik: "Das ist etwa so, wie wenn ich mir selbst ins Knie schieße und dann einen Arbeitskreis gründe, der in einem Jahr die Behandlungsmethode präsentiert", meinte der freiheitliche Industrie- und Energiesprecher Axel Kassegger Montagnachmittag in einer Aussendung. Die Deindustrialisierung sei hausgemacht, so der FPÖ-Politiker unter Verweis auf die hohen Energiepreise und die "ungebremste Inflation".