Kardinal Schönborn schaltet sich ein: Er prangert das Wirtschaftssystem als pervers an. Zudem kündigt er an, irakische Flüchtlinge aufzunehmen.
Kardinal Christoph Schönborn sieht in der aktuellen Wirtschaftskrise auch eine Chance. "Die Weltwirtschaft hat den Weg des Neoliberalismus gewählt und der steht jetzt am Ende", sagte Schönborn am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Einmal mehr appellierte er an die Regierung, die Aufnahme von christlichen Flüchtlingen aus dem Irak zu genehmigen. Die Erzdiözese Wien sei bereit, 100 irakische Familien unterzubringen. Bei innerkirchlichen Themen - etwa dem Zölibat oder dem Frauenpriestertum - bleibt Schönborn hart.
Kritik an Österreich
Schönborn kritisierte einmal mehr die
Weigerung Österreichs, sich an einer Hilfsaktion der EU für 10.000
Irak-Flüchtlinge zu beteiligen. Er bietet an, 100 Familien in der Erzdiözese
Wien unterzubringen, eine davon bei sich zuhause. Außerdem plädierte der
Kardinal für eine "klare Immigrationspolitik", weil beispielsweise das
Gesundheitswesen ohne Zuwanderer zusammenbrechen würde. Gelegenheit, diese
Punkte der Regierung vorzutragen, wird Schönborn bereits am Montag bei einem
Gespräch mit Kanzler Werner Faymann (S) haben.
In der Wirtschaftskrise sieht Schönborn auch eine Chance, weil man darüber nachdenken müsse, was falsch gelaufen sei: "Dieses System, wo die Freisetzung von Arbeitskräften Börsenkurse in die Höhe schnellen lässt, das ist etwas perverses." Die Erzdiözese Wien, die unter anderem Rücklagen für die Pensionen ihrer Priester veranlagt hat, ist von der Krise laut Schönborn wenig betroffen: Man verfolge eine "streng konservative Anlagenpolitik". Aktien hätten nur einen "sehr geringen Anteil" und würden nach ethisch strengen Maßstäben ausgewählt.
Kardinal fordert Steuernachlass für Familien
Angesichts des
Geburtenrückganges in Europa fordert Schönborn die steuerliche Begünstigung
von Familien. Im Nachhinein als Fehler bezeichnete der Kardinal die Freigabe
der Empfängnisverhütung als Gewissensentscheidung des Einzelnen in der
"Maria Troster Erklärung". "Wenn wir Bischöfe vor 40 Jahren gewusst hätten,
was wir heute über die demografische Entwicklung wissen, hätten wir die
Maria Troster Erklärung anders formuliert", so Schönborn, der aber betonte,
jetzt nicht mehr an dieser Erklärung rütteln zu wollen.
Keine Frauen als Priesterinnen
Hart bleibt Schönborn bei der
Ablehnung von verheirateten Priestern und der Frauenpriesterweihe. Er hätte
mit verheirateten Priestern zwar grundsätzlich kein Problem, bevorzuge aber
den Zölibat. "Das ist die Praxis der römisch-katholischen Kirche und ich
weiß auch nicht, ob sie sich so schnell ändern wird", betonte Schönborn.
Auch die Weihe von Priesterinnen lehnt er ab. "Keine Neuigkeit" ist für
Schönborn übrigens, dass Jesus Christus nicht am 24. Dezember geboren wurde
(das Datum des Weihnachtsfests ist auf die Wintersonnenwende zurückzuführen,
Anm.): "Wann Jesus geboren wurde, wissen wir nicht."