Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz sieht die Grenzkontrollen zu Österreich angesichts der aktuellen Migrationszahlen derzeit als ''unverzichtbar'' an.
Scholz hatte Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Freitag in Salzburg erstmals seit seinem Amtsantritt im November 2021 bilateral getroffen. Thema der Gespräche waren neben der Migrationsthematik und dem Ukraine-Krieg die Kooperation bezüglich eines Wasserstoff-Pipelinekorridors über Italien nach Österreich und Deutschland.
Der deutsche Kanzler zeigte sich gleichzeitig zuversichtlich, dass derzeit in Verhandlungen befindliche neue EU-Asylmechanismus sowie Abkommen mit Herkunfts- und Transitländern eine Verbesserung der Migrationszahlen in Europa bringen werden. Sowohl er als auch Nehammer sprachen gleichzeitig die Schwierigkeit an, dass insbesondere über Ungarn nach Österreich und Deutschland kommende Asylwerber entgegen der geltenden Regelung großteils nicht an der EU-Außengrenze registriert wurden.
Polen lehnt geplanten Asyl-Solidaritätsmechanismus ab
Nehammer bezeichnete diesbezügliche Gespräche mit Ungarn, das gemeinsam mit Polen den geplanten Asyl-Solidaritätsmechanismus ablehnt, als "bohren dicker Bretter". Ungarn müsse zu einem "Sicherheitspartner" beim Thema Migration werden. Zugleich plädierte er dafür, die Westbalkanstaaten bei dem Thema besser einzubinden. Er nannte dabei als Beispiel die Verhandlungen mit Serbien, die letztlich zur Rücknahme der serbischen Visafreiheit für indische und tunesische Staatsbürger geführt hatten, die in Österreich die Asylantragszahlen im Jahr 2022 in die Höhe trieben.
Betreffend Migrationsabkommen hob Nehammer neben einer EU-Einigung mit Tunesien Mitte Juli auch ein im Februar abgeschlossenes bilaterales Rückführungsabkommen zwischen Österreich und Marokko hervor. Dieses ermögliche einerseits die Rücknahme straffällig gewordener Marokkaner aus Österreich, lasse anderseits aber auch einen "geordneten Zuzug in den Arbeitsmarkt" Österreichs zu.
"Unglaublich große Herausforderungen"
Bezüglich der österreichischen Blockade des Beitritts von Rumänien und Bulgarien zum Schengen-Raum lobte Nehammer, dass nun erstmals innerhalb der Europäischen Union die "unglaublich großen Herausforderungen" Bulgariens bezüglich Migration "durch seine lange Außengrenze mit der Türkei" mehr in den Blick kämen. Eine Bewegung Österreichs bezüglich der Blockade deutete er allerdings nicht an. Scholz wiederholte seinerseits die deutsche Position, wonach Berlin einen Schengen-Beitritt der beiden Länder unterstützt.
In puncto Energieversorgungssicherheit erwähnte Nehammer die Kooperation Österreichs, Deutschlands und Italiens beim Ausbau von Energieliefernetzen, insbesondere auch bezüglich der Versorgung mit Wasserstoff und Flüssigerdgas (LNG). Der italienische Gasnetzbetreiber SNAM hatte im März bekanntgegeben, Österreich und Deutschland spätestens bis 2030 mit grünem Wasserstoff aus Nordafrika versorgen zu wollen. SNAM hatte 2016 mit der deutschen Allianz Capital Partners einen 49-Prozent-Anteil an der österreichischen Pipelinegesellschaft Gas Connect Austria (GCA) übernommen. Die Trasse "South H2 Corridor" soll von Tunesien und Algerien über Italien und Österreich bis nach Bayern verlaufen. Das Projekt wird laut Webseite unter anderem vom österreichischen Klimaministerium, der OMV, dem Verbund und der VoestAlpine unterstützt.