Die Kommission will eine einheitliche Schulgesetzgebung, ein gemeinsames Dienstrecht für Lehrer und das Ende der Pragmatisierung.
Eine Vereinheitlichung des Systems der Schulverwaltung fordert die Expertenkommission "Zukunft der Schule" in ihrem zweiten Zwischenbericht. Das System soll damit weniger bürokratisch und effizienter werden.
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Konzentration
Künftig soll es nur einen Schulerhalter statt drei
(Bund, Länder, Gemeinden) geben. Für die Schul-Gesetzgebung soll nur der
Bund, für die Verwaltung die Länder zuständig sein. Die Lehrer sollen ein
einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht ohne Pragmatisierung bekommen.
Ihre Ausbildung soll an einer Stelle konzentriert werden (derzeit: Lehrer
für höhere Schulen an Unis, Pflichtschullehrer an Pädagogischen
Hochschulen).
"Kleingartenzirkus"
Kommissions-Vorsitzender Bernd
Schilcher will Doppelverwaltungen mit 200 bis 250 Leuten in den Ländern, wo
die Hälfte genügen würde, loswerden. Einheitliche Bundesgesetze findet er
schon wegen der Größe Österreichs sinnvoll - "Österreich
ist zu klein, um sich diesen Kleingartenzirkus leisten zu können",
so Schilcher. Vorarlberg sei so groß wie der Bezirk Liezen, habe aber eine
eigene Schulgesetzgebung. Gleiches gelte beim Dienstrecht.
Autonomie
Der Direktor soll sich seine Lehrer aussuchen, damit
er voll hinter ihnen stehen kann. Dafür soll die Auswahl der Direktoren
geändert werden - die derzeit zuständigen Landesschulratskollegien sollen
nicht mehr proporzmäßig besetzt werden und außerdem nur mehr beraten dürfen.
Verantwortung
Der Schule soll die Zeiteinteilung im Unterricht
überlassen werden, wie lange einzelne Lernphasen dauern und welche Abfolge
von Stillarbeit, Projektarbeit und Facharbeit es geben soll. Auch die
Anwesenheitszeit der Lehrer könnte autonom geregelt werden. Die Spitze der
Schulverwaltung wiederum soll sich nicht in die Details einmischen, sondern
strategische Vorgaben machen.
Startschuljahr
Die Kommission fordert ein verpflichtendes,
kostenfreies "Startschuljahr" für alle Kinder. Der Bildungsbeginn
mit sechs Jahren erfolgt für Schilcher zu spät. Auch der muttersprachliche
Unterricht für Migrantenkinder setze zu spät ein - er müsste mit drei, vier
oder fünf Jahren beginnen. Generell würden die rund 300.000 Schüler mit
Migrationshintergrund derzeit schlecht behandelt.
Millionenshow
Verändern will die Kommission auch den Unterricht
und das Angebot an Schulen. An den Pflichtschulen gebe es wenig für begabte
Kinder, das Kultur-Angebot (Theater, Literatur, Musik oder Tanzen) sei zu
gering, es wird vielfach als unverbindliche Übung behandelt und bei
Kürzungen als erstes gestrichen, so Schilcher. Außerdem würden im Unterricht
hauptsächlich Antworten auf Fragen gegeben, die im Leben sonst nur in der
Millionenshow gestellt würden ("Wer hat 'Tu felix austria nube'
gesagt?").
Militärschule
Nach Ansicht Schilchers leidet Österreich
noch unter der "preußisch-habsburgischen Militärschule",
deren Klassengröße von anfangs 120 durch die Kompaniestärke vorgegeben war.
Relikte wie das Habt-Acht-Stehen zu Beginn des Unterrichts, die
50-Minuten-Unterrichtseinheit ("eine Stunde Exerzieren minus zehn
Minuten Austreten und Pfeiferauchen") oder das reine Fehler-Suchen bei
Prüfungen als einzige Beurteilungschance bei 120 Schülern würden noch
nachwirken.
Teamwork
An die Stelle des reinen Mitteilens von Wissen müssten
die Lehrer gefordert werden, Talente zu entdecken und zu fördern, . Dazu
benötige es Teamwork zwischen den Pädagogen anstelle des derzeitigen "Einzelkämpfer-Lehrers,
findet Schilcher.
Gesamtschule
Wie schon im ersten Zwischenbericht spricht sich
die Kommission für eine "Schule für alle" zwischen dem
sechsten und 15. Lebensjahr aus. Die Heterogenität von Kindern aus allen
Schichten, Kulturen und Begabungen müsse als Reichtum, Vorteil und Chance
gesehen werden. In allen Bereichen sollen Leistungsstandards eingeführt
werden. Schulen sollen ganztags geführt werden.
Und das Ganze vor 2080
All diese Punkte will Schilcher
gleichzeitig angehen. Wenn man diese Themen nacheinander bearbeite, habe man
nach Abschluss schon das Jahr 2080.
SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied sieht sich durch den Zwischenbericht der Expertenkommission bestätigt und bedauert, dass sich viele der Vorschläge nicht von heute auf morgen realisieren lassen.
Für ÖVP-Bildungssprecher Fritz Neugebauer ist der Bericht nur eine Zusammenführung bekannter Vorschläge. Er vermisst eine Auflistung konkreter Vor- und Nachteile.