Oberst kassierte 300.000 Euro

So spionierte Putin uns aus

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300.000 Euro kassiert ein Militär für die Weitergabe von topgeheimen Informationen.

Österreich hat mit Russland vorerst ausgetanzt. Ein 70-jähriger, mittlerweile pensionierter Oberst des Bundesheeres soll mehr als 20 Jahre lang Geheimnisse an einen russischen Führungsoffizier weitergegeben und dafür 300.000 Euro kassiert haben.

Oberst soll in den 
Verhören geständig sein

Den Fall deckte nicht das Abwehramt selbst auf, sondern ein Tipp „von einem befreundeten Dienst“ ließ den Salzburger vor einigen Wochen auffliegen. Das gaben ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und FPÖ-Verteidigungsminister Mario Kunasek in einer eilig einberufenen Pressekonferenz Freitagfrüh bekannt.

Der Spionagefall liegt bei der Staatsanwaltschaft. Diese ermittelt wegen Verrats von Staatsgeheimnissen (§252 Abs 1 StGB), bestätigt ein Sprecher. Mit diesem Delikt, das auch nach Militärstrafrecht verfolgt wird, drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Er soll geständig sein, erfuhr ÖSTERREICH aus dem Heer.

Er saß im Ministerium

Und so lief die Spionage laut Insider-Informationen ab: In regelmäßigen Abständen war der Offizier mit Dienstort Verteidigungsministerium mit dem russischen Verbindungsmann – er hatte laut Presse den Decknamen „Jurij“ – persönlichen, Telefon- oder E-Mail-Kontakt. Die Russen interessierten sich vor allem für Artillerie und Luftabwehr, detaillierte Persönlichkeitsprofile von Heeresmitarbeitern, deren Adressen usw.

Die Beziehungen zu Russland würden sich durch die Vorkommnisse „eher nicht verbessern“, so Kurz. Für den Oberst gilt die Unschuldsvermutung. (knd)

Oberst des Bundesheeres arbeitete direkt im Verteidigungsministerium

Jener Mann, der die Russen mit Geheim-Informationen aus dem Heer versorgte, ist ein 70-jähriger Salzburger, der direkt im Verteidigungsministerium arbeitete. Zu Ende seiner Karriere war er in der Verwaltung tätig. Seit den 90er-Jahren war der verheiratete Mann in Kontakt mit dem russischen Verbindungsmann „Jurij“. Er belieferte ihn auch noch nach seiner Pensionierung vor fünf Jahren. 2006 wollte er aussteigen, doch er machte weiter. Ob er erpresst wurde, ist unklar.

So spionierte Putin uns aus
© oe24

Kneissl sagt Moskau-Reise ab: 'Beziehungen belastet'

Moskau. Zuerst war Präsident Wladimir Putin bei der Hochzeit der Außenministerin. Und dann das: Der Fall des russischen Spionagefalles im Bundesheer sorgte am Freitag für diplomatische Wellen – allerdings keinesfalls für einen Orkan. Wien reagierte bislang wohldosiert.

■ Reise abgesagt. Außenministerin Karin Kneissl sagte ihre für Anfang Dezember angesetzte Reise nach Moskau ab. „Wenn sich die Verdachtslage erhärtet, wäre dies eine schwere Belastung der bilateralen Beziehungen zu Russland“, ließ sie ÖSTERREICH wissen.

■ Geschäftsträger einbestellt. Der russische Geschäftsträger in Wien wurde ins Außenamt zitiert, das Gespräch sei „höflich, aber ohne jede Annäherung verlaufen“. Soll heißen: Der Russe hat die Spionage nicht zugegeben.

■ Lawrow grantelt. Im Gegenteil: In Moskau äußerte sich Außenminister Lawrow empört: „Wir werden beschuldigt und es gibt Aufforderungen, dass wir uns für eine Sache entschuldigen, von der wir nichts wissen.“ Der Minister gab sich „unangenehm überrascht“ über die Vorwürfe aus Wien. Lawrow beklagte die „Megafon-Diplomatie“ Wiens. Man hätte sich erst an Russland wenden sollen.

■ Botschafter einbestellt. Russland schlug zurück: Lawrow ließ umgehend den österreichischen Botschafter in Moskau, Johannes Eigner, einbestellen. Das Gespräch sollte am Freitagnachmittag stattfinden.

Insgesamt ist die Reaktion Wiens zurückhaltend, auch wenn die Absage der Reise als „klares Signal“ gewertet wird. Etliche andere Länder reagierten heftiger und verwiesen den russischen Botschafter ihres Landes.

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