Nationalrat

Spindelegger 'schwänzte' Golan-Debatte

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Opposition über unentschuldigtes Fehlen empört. Lopatka und Klug verteidigen Abzug.

Weitgehende Einigkeit über die Richtigkeit des Abzugs österreichischer Blauhelm-Soldaten von den Golanhöhen hat am Donnerstag im Nationalrat geherrscht. Lediglich das BZÖ wich hier ab, und auch für Sticheleien über mögliche Wahlkampfmotive für die kurzfristig getroffene Entscheidung war in der Debatte Platz. Groß war die Empörung aber vor allem über die unentschuldigte Abwesenheit von Außenminister Michael Spindelegger (V). Ein Antrag der Grünen auf seine Herbeischaffung scheiterte an der Koalitionsmehrheit.

Fernbleiben Spindelegger sei "Missachtung des Parlaments"
Die Grüne Klubobfrau protestierte "auf das Schärfste", denn das Kommen Spindeleggers sei in der Präsidiale fix vereinbart worden. Dass er der Debatte ohne irgendeine Erklärung fernbleibe, sei eine "außerordentliche Vorgangsweise" und eine Missachtung des Parlaments. Von ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf kam umgehend eine Entschuldigung. Wichtige Termine mit außenpolitischen Konsultationen hätten sich verschoben. Es sei verabsäumt worden, dies den anderen Klubs mitzuteilen. "Das tut mir sehr leid."

Staatssekretär Lopatka stellte sich Fragen des Plenums
Für Spindelegger sprang Staatssekretär Reinhold Lopatka ein. Man habe vom ersten Tag eine klare Position vertreten und immer betont, dass Österreich nach Ende des Waffenembargos in eine Situation kommen könne, die den Abzug notwendig mache. Für die operative Entscheidung verwies er auf Verteidigungsminister Gerald Klug (S). Im besten Einvernehmen mit der UNO werde man nun den geordneten Abzug der Truppen sicherstellen.

Klug: Reißleine musste gezogen werden
Klug selbst verteidigte die von ihm getroffene Entscheidung. "Seit dem vergangenen Donnerstag ist die Lage nicht mehr beherrschbar, daher war die Reißleine zu ziehen." Die Versorgung und Rotation der Truppe, die dem Mandat entsprechende Überparteilichkeit sowie die Sicherheit der Soldaten seien nicht weiter gewährleistet gewesen. Der Abzug werde professionell erfolgen, Österreich aber auch weiter ein verlässlicher Truppensteller bleiben, betonte er.

Zuvor hatte es in der Debatte schon ÖVP-Mandatar Werner Amon geschafft, Spindelegger aus seiner Wortmeldung weitgehend herauszuhalten. Statt dessen verwies auch er auf die Lagebeurteilung durch das Verteidigungsministerium.

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Cap: Golan-Abzug zum richtigen Zeitpunkt

SPÖ-Klubchef Josef Cap sprach von einer präzisen Vorgangsweise, es seien zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Schritte gesetzt worden. Angesichts von Kampfhandlungen in der entmilitarisierten Zone habe das UN-Mandat nicht mehr aufrechterhalten werden können. Nun gebe es Suspendierungsverhandlungen. Forderungen nach Beteiligung an einem "robusteren" Mandat wies er zurück, denn das würde eine bewaffnete Intervention der UNO bedeuten.

Zustimmung zum Rückzug kam von der FPÖ. Die entmilitarisierte Zone sei nicht mehr gegeben, das EU-Waffenembargo ausgelaufen - da sei der Abzug die logische Konsequenz. Mit Waffengewalt den Frieden zu sichern, sei nicht Aufgabe eines neutralen Landes wie Österreich, so Klubobmann Heinz-Christian Strache.

Grüne Kritik an Spindelegger

Kritik an Spindelegger kam von den Grünen. Dieser habe Österreich durch sein Agieren rund um das UNDOF-Mandat in eine bemerkenswerte Situation gebracht. Gemäß dem Truppenstellerabkommen von 1974 hätte der Abzug 90 Tage zuvor an die UNO gemeldet werden müssen, was aber nicht geschehen sei. "Das ist keine Art, wie man internationalen Verpflichtungen nachkommt, dass man Entscheidungen über Nacht umstößt." Dass Spindelegger Österreich und das Bundesheer lächerlich gemacht habe, meinte auch Christoph Hagen vom Team Stronach.

Herbert Scheibner (B) äußerte Verständnis für einen Abzug, sofern es zu einer fundierten, nicht beherrschbaren Bedrohung gekommen sei. Sollte dies aber nur aus Wahlkampfgründen geschehen sein, sei es der österreichischen Außenpolitik "unwürdig". Erneut redete er einem veränderten Mandat das Wort und verwies dazu als Vorbild auf den Einsatz Österreichs im Kosovo.

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