Auch Facebook richtete der SPÖ-Chef am Freitag Worte an seine Follower.
In der parteiinternen Debatte über die Positionierung der SPÖ hat sich Freitagnachmittag Parteichef Christian Kern auf Facebook zu Wort gemeldet. In dem Statement hielt er fest, dass der Kampf gegen den Klimawandel ein Kampf für soziale Gerechtigkeit sei. Die Klimakrise sei ein Thema, das alle Lebensbereiche berührt, so der Parteivorsitzende.
"Der drohende Klimawandel ist zu einer sozialen Schlüsselfrage geworden", ob die nächsten Generation ein gutes Leben führen könne, werde sich daran entscheiden, ob es gelinge, den Klimawandel zu bremsen, verteidigte Kern den Fokus auf ursprünglich grüne Kernthemen. "Manche möchten vielleicht noch geneigt sein, dieses Thema als unwichtig oder Randerscheinung abzutun. Ich bin davon überzeugt, dass sich die Sozialdemokratie mit gleicher Leidenschaft um dieses Thema kümmern muss, mit dem wir insgesamt unseren Kampf für soziale Gerechtigkeit führen", erklärte der Parteichef.
Klimakrise als entscheidende Ursache für Migration
Die Auswirkungen des Klimawandels betreffe auch Österreich, verwies Kern auf Trockenheit, Ernteausfälle oder Überschwemmungen. "Die Klimakrise ist aber auch eine ganz entscheidende Ursache für Migration", gab er zu bedenken. Menschen, deren Lebensgrundlage zerstört ist, werde auch keine noch so hohe Mauer aufhalten: "Ohne Bekämpfung der Klimakrise kann es daher auch keine sinnvolle und vor allem wirksame Migrations- und Flüchtlingspolitik geben."
Zentrale Frage für die SPÖ seien die Arbeitsbedingungen in langen Hitzeperioden. So würde die SPÖ es "niemals zulassen, dass ein Pflasterer zwölf Stunden bei 36 Grad arbeiten muss". "Sozialdemokratische Klimapolitik rückt den Kern sozialdemokratischer Politik, nämlich die Frage nach sozialer Gerechtigkeit, auch ins Zentrum der Umweltpolitik", so Kern weiter. Auch sollen Entwicklungsländer in der Bewältigung der Klimakrise unterstützt werden.
Obmann-Streit eskaliert
Indes hat sich nun auch Kerns Sohn Niko in den internen Obmann-Streit der Roten eingemischt. Er attackierte auf Twitter Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil.
In einem mittlerweile gelöschten Tweet attackiert der Kern-Spross den ehemaligen Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, der aktuell im Burgenland als Landesrat fungiert.
Der im Ausland lebende Kern stellt in seiner Aussage die Popularität Doskozils in Frage, der als möglicher Ablöse-Kandidat des aktuellen SPÖ-Chefs gilt. Niko Kern impliziert, dass Doskozil unter SPÖ-Mitgliedern wenig Beliebtheit genießt und eher ÖVP- und FPÖ-Wähler anspricht.
Die aktuelle Diskussion um den Obmann-Sessel findet er "unnötig" und meint, dass diese allen schade.
Deutsch zündelt wieder
Er hatte bereits den Aufstand gegen Ex-SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl angeführt - jetzt zettelt Christian Deutsch, enger Wegbegleiter von Ex-SPÖ-Kanzler Werner Faymann, mit einem simplen Tweet eine indirekte Obmanndebatte gegen SPÖ-Chef Christian Kern an. Der Wiener Rote Deutsch twitterte über den einst "erfolgreichen" Parteichef Faymann und meinte: "Es ist Zeit, die SPÖ wieder derart erfolgreich an die Spitze zu führen."
Ein Ex-Sprecher von Faymann, Thomas Landgraf, äußerte - ebenfalls via Twitter - auch seinen Unmut: "Es geht um die Umverteilung. Die hart arbeitenden Menschen müssen im Mittelpunkt stehen und nicht die Start-up-Millionäre. Die SPÖ braucht einen Neustart. Auch im Bund. Es ist Zeit."
Hintergrund der Revolte: Alte Rechnungen und das neue Parteiprogramm. Dieses und, dass SPÖ-Chef Christian Kern per Rad beim Präsidium erschien, echauffiert die "rechte" oder "pragmatische" Fraktion der SPÖ. Teile von Wien, des Burgenlandes und der Gewerkschaft ätzen, dass Kern "zu links" sei, "nur Bobos ansprechen" könne und "nicht das Ausländerthema" besetze.
Der alte Richtungsstreit in der SPÖ bricht damit wieder auf. Der Ex-SP-Kanzler will jedenfalls beim SP-Parteitag erneut antreten. Die Faymann-Vertrauten würden lieber Ex-SP-Minister Hans-Peter Doskozil oder Doris Bures an die Parteispitze hieven. Der Haken: Doskozil bereitet sich darauf vor, Landeshauptmann im Burgenland zu werden, sagen zumindest seine Vertrauten. Und Bures hat intern glaubwürdig versichert, kein Interesse am Job von Kern zu haben. Die Debatte läuft freilich weiter.
Tirols SPÖ-Chefin Elisabeth Blanik stellt sich hinter Kern.
Tirol-Chefin steht hinter Kern
Tirols SPÖ-Chefin Elisabeth Blanik hat am Freitag Parteichef Christian Kern nach der jüngsten Kritik am Bundes-Kurs aus den eigenen Reihen den Rücken gestärkt. "Das Programm ist ein sehr gutes", erklärte Blanik im APA-Gespräch: "Klimaschutz und Umwelt sind zentrale Themen. Damit kann ich gut leben." Auf die Frage, ob Kern der geeignete Parteichef sei, meinte Blanik: "Ja, selbstverständlich."
In Sachen Klimaerwärmung bestehe Handlungsbedarf, argumentierte Blanik: "Das geht uns alle an. Man braucht derzeit nur aus dem Fenster zu schauen." Außerdem sollte der Klimawandel in einem größeren Zusammenhang gesehen werden und welche Rolle er als Fluchtursache spiele. Die Sozialdemokratie sei bekannt für "internationale Solidarität" und diese sei auch in dem Bereich gefragt.
Das Thema Migration sei selbstverständlich "wichtig", so Tirols SPÖ-Chefin: "Daher bin ich auch gespannt, was die Arbeitsgruppe zu diesem Thema unter der Führung von Doskozil (burgenländischer Landesrat Hans Peter, Anm.) und Kaiser (Kärntner Landeshauptmann Peter, Anm.) liefert." Gerade Doskozil sei aufgrund seiner Erfahrungen im Bereich Integration und Sicherheit "ein Experte auf diesem Gebiet".
Dessen jüngste Kritik am Bundes-Kurs interpretierte Blanik als "PR-Geschichte". Wahrscheinlich wolle er die nötige Aufmerksamkeit auf seine Arbeitsgruppe und die Präsentation der Ergebnisse ziehen. Einen Graben mache sie innerhalb der Sozialdemokratie nicht aus. Es sei in einer Partei selbstverständlich, dass es zu unterschiedlichen Themen auch verschiedene Meinungen gibt, so Blanik: "Diese müssen dann konstruktiv diskutiert werden."
LH Niessl spricht sich für einen Kurswechsel in der SPÖ aus.
Niessl will Schwenk in andere Richtung
Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl unterstützt die Warnung von Hans Peter Doskozil vor dem neuen Kurs der SPÖ, wie er in einem Interview mit ÖSTERREICH betont.
ÖSTERREICH: Ihr Landesrat Doskozil warnt wegen des neuen SP-Programms vor einem "links-grünen Fundi-Kurs". Sehen Sie das auch so?
Hans Niessl: Ich glaube, dass wir als Sozialdemokratie unsere Kernthemen - Arbeitsplätze, leistbares Wohnen und auch Migrationspolitik - in den Mittelpunkt rücken müssen. Ich gebe Hans Peter Doskozil Recht, dass wir nicht zu sehr auf grüne Wähler schielen dürfen, sondern besser versuchen sollten, jene Wählergruppen, die uns abhandengekommen sind, zurückzugewinnen.
ÖSTERREICH: Sie wollen einen stärkeren Fokus auf Migrationspolitik?
Niessl: Wichtig ist, die Themen aufzugreifen, die die Menschen belasten: Verteilungsgerechtigkeit, Sicherheit und auch der Kampf gegen den 12-Stunden-Tag.
Kärntens LH Peter Kaiser versucht zu beschwichtigen.
Kaiser in der Mitte
Peter Kaiser, Landeshauptmann von Kärnten und Kern-Vertrauter, erarbeitet mit Doskozil einen Migrationsplan. Er versucht im Interview mit ÖSTERREICH zu beschwichtigen.
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zu Doskozils Warnung vor einem "links-grünen Fundi-Kurs" in der SPÖ?
Peter Kaiser: Ich sehe weder einen links-grünen Fundi-Kurs noch eine nationalistische Politik bei uns. Beides wird es nicht geben. Gerade im letzten Parteivorstand und Präsidium wurde das breit diskutiert, und wir waren sehr geschlossen. Daher wundern mich solche Schlussfolgerungen. Das scheint das Sommerloch zu sein.
ÖSTERREICH: Oder Unmut über das geplante Parteiprogramm, weil Migrationspolitik darin zu wenig vorkomme?
Kaiser: Das neue SPÖ-Parteiprogramm wurde von 86 Prozent der Mitglieder bestätigt. Da ist Integration vor Zuwanderung enthalten, und Doskozil und ich erarbeiten zur Migrationspolitik gemeinsam einen Leitantrag.
Wien schweigt
In Wien gab es am Freitag gegenüber der APA weder aus dem Büro des Bürgermeisters Michael Ludwig noch aus der Landespartei eine Stellungnahme zu dem Thema. Sehr wohl kommentieren wollte die Debatte Nationalratsabgeordneter Harald Troch, der auch SPÖ-Bezirksparteichef in Simmering ist. Er sieht die Aussagen Doskozils "positiv". Es sei gut, dass Positionen in der Öffentlichkeit diskutiert würden. "Die SPÖ muss mehrheitsfähige Politik machen", findet Troch. Da werde man um die Themen Flüchtlinge, Migration und Integration nicht herumkommen. Denn dies beschäftige viele Leute. "Und es genügt nicht nur, den Menschen zuzuhören, sondern man muss Vorschläge machen." Parteichef Christian Kern wollte Troch nicht angreifen - im Gegenteil sogar "verteidigen". Denn dieser wolle verständlicherweise Akzente setzen. "Aber für den Parteivorsitzenden stellt sich eben die Frage: Was ist mehrheitsfähig?"
Der designierte Vorarlberger SPÖ-Landesvorsitzende Martin Staudinger hingegen zeigte sich "verwundert" über die Diskussion um den Kurs seiner Partei. Dass es im Parteivorstand am Dienstag über die grünen Themen unterschiedliche Positionen gab, bestritt Staudinger. "Nein, es wurde gar nicht gestritten. Ich erwarte mir, dass jetzt auch medial nicht gestritten wird", sagte er zur APA.
Harte Kritik an Doskozil
Die oberösterreichische SPÖ-Vorsitzende Birgit Gerstorfer hat am Freitag heftige Kritik an Hans Peter Doskozil wegen dessen Aussagen am Kurs der Bundes-SPÖ geübt. Unterstützung kam von ihr auch für den Parteichef: "Christian Kern ist der Beste", hieß es zur APA. Unterstützung für Kern kam auch aus Salzburg.
"Wir hatten gestern, als Herr Doskozil das gesagt hat, mit 37 Grad den Höhepunkt der Hitzewelle", stellte Gerstorfer in einer Stellungnahme einen Zusammenhang der Diskussion mit dem Wetter her. Und: "Die paar Zwischenrufe aus dem Burgenland gehen im Neusiedlersee unter." Christian Kern habe in der SPÖ extrem großen Rückhalt, er werde bei der nächsten Nationalratswahl als Bundeskanzler kandidieren, gewinnen und dieses Land in eine bessere Zukunft führen. Die Regierung Kurz habe hingegen innerhalb weniger Monate gezeigt, "dass sie nichts, absolut nichts zusammen bringt - von Tempo 140 als Testversuch und ein paar Polizeipferden mal abgesehen".
Der Vorwurf, dass die Migration im Parteiprogramm nicht behandelt werde, "ist einigermaßen seltsam", findet Gerstorfer. Denn Doskozil leite gemeinsam mit dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser die Arbeitsgruppe Integration und Migration. "Diese Kritik richtet er also gegen sich selbst. Aber das lässt sich ja leicht ausräumen - Herr Doskozil müsste nur konkrete Ergebnisse vorlegen."