Richterspruch

"Töchter" in Hymne gesetzeskonform

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Das Handelsgericht hat den Antrag auf Einstweilige Verfügung zurückgewiesen. Christina Stürmers Eingriff in den Originaltext "schadet nicht".

Das Handelsgericht Wien hat nichts gegen Töchter in der österreichischen Bundeshymne. Das Gericht hat einen Antrag der Erben der Autorin Paula von Preradovic sowie des Sessler-Verlags auf Einstweilige Verfügung zurückgewiesen. Preradovic' Rechtsnachfolger hatten versucht, die "Bildungsreform"-Kampagne des Unterrichtsministeriums zu stoppen, in der Christina Stürmer in der Hymne Söhnen und Töchter besingt.

Rekurs angekündigt
Begründung der Richterin: Die Autorin habe damals ihre Urheberrechte an den Staat abgetreten und im Rahmen des Werknutzungsrechts sei die Änderung zulässig und "schadet nicht", geht aus dem Beschluss hervor. Sesslers Rechtsvertreter Georg Zanger kündigte Rekurs an.

Töchter "gesetzeskonform"
Die entsprechenden Radio- und Fernsehspots der Werbeagentur Lowe GGK sind für das Wiener Handelsgericht "gesetzeskonform", weshalb ein Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung abgewiesen wurde, mit dem Fritz Molden, der Sohn der Textdichterin Paula von Preradovic, und der Sessler-Verlag, der die Preradovic-Erben in Urheberrechtsfragen betreut, die weitere Ausstrahlung der Spots mit der Neuinterpretation verbieten wollten.

Urteil ist "falsch"
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Zanger bezeichnete die Entscheidung des Gerichts am Donnerstag als "falsch" und kündigte an, dagegen umgehend Rekurs einlegen zu wollen. "Auch bei anderen Urheberrechtsexperten löst diese Entscheidung nur Kopfschütteln aus", betonte Zanger.

Siehe Bundespräsident
Für das Handelsgericht ist aus der umstrittenen Textzeile keine Urheberrechtsverletzung ableitbar. "Das Geschlechterverständnis hat sich in den über 60 Jahren seit der Schaffung des Textes der Bundeshymne dahingehend verändert, dass nicht mehr der Begriff Österreicher auch für Österreicherinnen steht, nicht mehr der Begriff Bürger auch für Bürgerinnen steht, sondern, dass Bürgerinnen und Bürger bzw. Österreicherinnen und Österreicher, wie auch bei allen Ansprachen des Bundespräsidenten in den letzten Jahren festzustellen ist, gleichberechtigt nebeneinander genannt werden", ist dem Gerichtsbeschluss zu entnehmen.

Eingriff "schadet nicht"
Das geänderte Geschlechterverständnis zur öffentlichen Diskussion zu stellen, sei "absolut legitim", hält Richterin Maria-Charlotte Mautner-Markhof fest. Eine Diskussionsbasis über eine mögliche Textänderung der Bundeshymne könne am besten dadurch geschaffen werden, "wenn dem davon betroffenen Österreicher bzw. der davon betroffenen Österreicherin dies in einer modernen zeitgemäßen Form durch einen in Österreich anerkannten Popstar nahegebracht wird." Dass in den Originaltext eingegriffen wurde, um die geänderte Wortfolge "Söhne und Töchter" hervorzuheben, "schadet nicht", so das Erstgericht.

Die Richterin habe sich mit der rechtlichen Thematik "in keiner Weise auseinandergesetzt" und "lediglich ihre Absicht, den Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung abzuweisen, ausgedrückt", kritisierte dazu Klägervertreter Zanger. Insbesondere fehle eine Begründung dafür, "wieso die Richterin davon ausgeht, dass die ausdrückliche Gesetzesbestimmung über den Schutz des höchstpersönlichen Rechtes des Urhebers entgegen der bisherigen Judikatur nicht mehr gelten soll".

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