Wahlkampftour fortgesetzt

Türkei: "Unsere Brüder in Österreich sagen Ja"

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Türkische Politiker unbeeindruckt von Auftrittsabsagen in Österreich

Türkische Regierungspolitiker zeigen sich unbeeindruckt von den Absagen ihrer Auftritte in Österreich. Der AKP-Abgeordnete Muhammet Müfit Aydin und Ex-Energieminister Taner Yildiz haben am Wochenende ihre Wahlkampftour durch Österreich fortgesetzt. "Egal, was sie tun. Unsere Brüder in Österreich sagen Ja", schrieb Aydin am Samstagabend nach einem Auftritt in Bregenz auf Facebook.

Nach dem Platzen einer Veranstaltung in Hörbranz waren Aydin und Yildiz kurzerhand in ein Büro des AKP-Ablegers UETD (Union Europäisch-Türkischer Demokraten) in Bregenz ausgewichen. Auf Fotos hielten die beiden Politiker, UETD-Chef Fatih Karakoca sowie Teilnehmer der Veranstaltung Schilder mit der Aufschrift "Unsere Entscheidung - Ja" (Kararimiz - Evet) in die Höhe, obwohl Wahlkampfveranstaltungen im Ausland nach türkischem Recht verboten sind.

Türken zeigen sich empört
Die UETD kritisierte das Platzen von Veranstaltungen in Hörbranz, Linz, Herzogenburg und Wiener Neustadt scharf. "Die Saalbesitzer werden bedroht und erpresst", hieß es in einer am Sonntag verbreiteten Facebook-Mitteilung. Demokratische Werte würden in Europa "mit Füßen getreten": "Unsere Antwort zu diesen Skandalen werden wir bei der Wahlurne mit einem kräftigen 'Ja' geben", hieß es mit Blick auf das umstrittene Verfassungsreferendum am 16. April, das die Türkei in ein präsidentielles Regierungssystem umwandeln soll.

Veranstaltung in NÖ und Vorarlberg abgesagt
Der Bürgermeister von Herzogenburg (St. Pölten-Land), Franz Zwicker (SPÖ), teilte der APA am Sonntag mit, dass der für Sonntagvormittag geplante Auftritt Aydins gemäß dem Veranstaltungsgesetz untersagt sei. Daraufhin sei das Ansuchen zurückgezogen worden. Aydin wollte am Nachmittag auch in Wiener Neustadt auftreten, doch hatte das dortige Hotel schon am Freitagabend die Reservierung storniert. In Hörbranz (Bezirk Bregenz) untersagte die Gemeinde einen Auftritt am Freitagabend, eine für Samstagabend in Linz geplante Veranstaltung platzte, weil ein Bosniakenverein die Nutzungsvereinbarung gekündigt hatte.

Die in Österreich lebenden Türken gelten als besonders treue Unterstützer des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, dem die Verfassungsreform einen massiven Machtzuwachs bescheren würde. Bei der jüngsten Parlamentswahl im November 2015 kam die AKP hierzulande auf 69 Prozent der Stimmen, verglichen mit 49,5 Prozent in der Endabrechnung. Bei der Wahlbeteiligung gab es aber noch Luft nach oben: Offiziellen Zahlen zufolge gaben von den 107.880 Wahlberechtigten in Österreich 40,6 Prozent ihre Stimme ab. Ab 27. März kann in den diplomatischen Vertretungen in Wien, Salzburg und Bregenz abgestimmt werden.

Forderungen nach Auftrittsverbot
Nachdem sich österreichische Politiker in den vergangenen Tagen mit Forderungen nach Auftrittsverboten überboten hatten, fielen die Aussagen im Lichte der Eskalation zwischen den Niederlanden und der Türkei zurückhaltender aus. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache antwortete am Sonntag in der ORF-Pressestunde ausweichend auf die Frage, ob er Einreiseverbote für türkische Politiker wie in den Niederlanden wolle. Es gebe "unterschiedliche Ebenen", um Wahlkampfauftritte zu verhindern, sagte der Oppositionsführer. Auch bei Gesetzesänderungen müsse man sehr vorsichtig sein. Man könne schon jetzt Veranstaltungen wegen Sicherheitsbedenken verbieten, richtete Strache Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) aus: "Wenn man will, kann man."

Der SPÖ-EU-Abgeordnete Eugen Freund plädierte in der Debatte um ein Wahlkampfverbot für türkische Politiker in Österreich für mehr Gelassenheit: Die demokratischen Institutionen in Österreich seien "stark genug, um auch einen türkischen Präsidenten auszuhalten", meinte er in einem Youtube-Video. Freund stellt darin die Frage, warum eine Demokratie wie Österreich genauso handeln sollte wie ein Staat, der die Freiheitsrechte einschränke, Journalisten kneble und Oppositionsabgeordnete einsperre. "Ein wenig mehr Gelassenheit könnte nicht schaden", so Freund, der darauf hinwies, dass Erdogan gar nicht vorhabe, Österreich zu besuchen. "Und wenn dann irgendein türkischer Minister auftaucht, zeigen wir ihm doch, was eine offene Gesellschaft aushält - da kann er was dazulernen."

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