Unerwartete Einigung

U-Ausschuss zu Spionage-Affären kommt

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Anlass sind Vorwürfe der FPÖ, von einem Exekutivbeamten auf Aufforderung des Grün-Abgeordneten Karl Öllinger bespitzelt worden zu sein sowie eine Telefon-Überwachung im Auftrag der Justiz beim BZÖ-Abgeordneten Peter Westenthaler.

Der Nationalrat hat Freitagabend zum Abschluss seines Parlamentskehraus letztlich einstimmig die Einsetzung eines U-Ausschusses zu den Spitzel-Affären beschlossen. Der FPÖ war der Antrag der anderen vier Fraktionen zwar zu vage, letztlich schlossen sich die Freiheitlichen aber doch Koalition, BZÖ und Grünen an. Der Ausschuss wurde für permanent erklärt, er kann also auch während der Sommerpause tagen.

Geheimdienst-Verdacht im Verfassungsbericht
Unterdessen erklärte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer in der "ZiB2" am Freitag, dass es in dem noch nicht veröffentlichten Verfassungsbericht 2009 Hinweise auf Einflussnahmen ausländischer Geheimdienste auf aktive und ehemalige Mitglieder des Nationalrates geben soll. Prammer berief sich dabei auf Innenministerin Maria Fekter. Demnach soll im neuen Verfassungsbericht "derartiges" enthalten sein. Worum es dabei genau geht, ist noch nicht ganz klar.

Strache kritisiert Öllinger
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte in einer Kurzdebatte nochmals heftige Kritik am Grünen Sozialsprecher Karl Öllinger geübt, dem ja von den Freiheitlichen vorgeworfen wird, sie durch einen Exekutivbeamten bespitzeln zu lassen: "Ein bissl hat man den Eindruck, dass Karl Öllinger der Erich Mielke des Parlaments sein könnte", verglich der freiheitliche Parteiobmann den Grün-Mandatar mit dem ehemaligen Chef der DDR-Stasi.

"Spitzelskandal"
Eine Beleuchtung der ganzen Affäre sei jedenfalls notwendig. Strache sprach von einem Spitzelskandal, es stehe der Verdacht des Amtsmissbrauchs, des Datenklaus und der Anstiftung dazu im Raum. Zur Untermauerung der Vorwürfe habe man auch bereits eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt.

Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz unterstellte einer freiheitlichen EDV-Mitarbeiterin, in den vergangenen Tagen in den Grünen Klub gekommen zu sein. Ihre Zutrittskarte sei dort geortet worden. Aufklärung sei gefragt. Die Karte wurde von Pilz bei Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) deponiert.

"Keine Kleinigkeit"
Die Koalition zeigte sich ein wenig zurückhaltender, erkannte aber ein breites Feld, um Untersuchungen durchzuführen. Wenn beispielsweise der Verdacht im Raum stehe, dass ausländische Geheimdienste versucht hätten, auf Abgeordnete einzuwirken, sei das "keine Kleinigkeit", meinte VP-Klubobmann Karlheinz Kopf. Wenn eine Fraktion einer anderen vorwerfe, ein Bespitzelungssystem installiert zu haben, sei das auch ein schwerwiegender Vorwurf und so ein Grund für einen U-Ausschuss, betonte SP-Klubchef Josef Cap.

Beide Fraktionschefs der Koalition stellten zudem in Aussicht, dass Gesetzesänderungen als Folge der Telefon-Überwachung bei Westenthaler nötig sein könnten. Man müsse schauen, ob es hier nicht eine Lücke im Gesetz gebe, meinte Kopf. Damit bezog er sich darauf, dass nach der überwiegenden Rechtsmeinung Abgeordnete zwar nicht als Beschuldigte wohl aber als Zeugen telefonisch überwacht werden können. Cap meinte, man müsse nun eruieren, ob neben Westenthaler auch andere Mandatare von solchen Rufdaten-Kontrollen betroffen gewesen seien.

Für das BZÖ attackierte Vizeklubchef Ewald Stadler das Büro für interne Angelegenheiten und die Staatsanwaltschaft, die ein Eigenleben entwickelt hätten, das sich in der Regel gegen die Opposition richte.

FPÖ für Auslieferung Öllingers
Wie vergiftet die Stimmung derzeit ist, hatte sich davor schon bei einem Immunitätsfall gezeigt. Gegen die parlamentarischen Usancen hatte die FPÖ für die Auslieferung Öllingers in einer anderen Causa gestimmt, wiewohl dessen vermeintliches Vergehen im Zusammenhang mit dessen politischer Tätigkeit ist, was normal eine Aufhebung der Immunität ausschließt. Bei einem gleich gelagerten Fall Grünen-Chefin Eva Glawischnig betreffend stimmten die Freiheitlichen wie die anderen Fraktionen gegen die Auslieferung.

Kurz vor 22 Uhr wurde letztlich die Gesetzgebungsperiode beendet. Die nächste Tagungsperiode des Nationalrats beginnt am 8. September, das erste Plenum ist für 23. September angesetzt. Der Bundesrat tritt noch am 23. Juli zusammen, um die Beschlüsse der gerade beendete Plenarwoche nachzuvollziehen.

Verkürzte Ferien
Die Parlamentsferien dürften aber auch für die Abgeordneten des Nationalrats diesmal kurz werden. Erstens tagen mit U-Ausschuss, Finanzausschuss und Unterausschuss zur Verwaltungsreform gleich drei Gremien in Permanenz weiter und zweitens dürfte es Anfang September eine Sondersitzung geben, bei der doch noch die Lockerung des Bankgeheimnisses beschlossen werden könnte.

Nationalratspräsidentin Prammer schickte die Mandatare fürs erste trotzdem einmal in den Urlaub mit dem guten Gewissen, dass das Hohe Haus auch in dieser Gesetzgebungsperiode bewiesen habe, ein Arbeitsparlament zu sein. Appelliert wurde von der Parlamentschefin an die Abgeordneten, dass man in Zukunft die Debatten bevorzugt mit Argumenten und nicht mit Angriffen unter der Gürtellinie führen sollte.

Der Antrag im Wortlaut:

Antrag (...) auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis S : V : F : B : G = 5 : 5 : 3 : 2 : 2 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

1. Aufklärung, ob politische Mandatare in der XXIII. und XXIV. GP gesetzwidrig überwacht wurden

2. Untersuchung des in der Sitzung des Nationalrates am 10. 7. 2009 erhobenen Vorwurfs der Anstiftung zur Bespitzelung von Personen im politischen Umfeld des Parlaments sowie des Vorwurfs der tatsächlichen Bespitzelung dieses Personenkreises durch Organe der Republik auf Grund von Ersuchen von Mandataren und

3. Aufklärung darüber, welche Erkenntnisse die Sicherheitsbehörden über versuchte Einflussnahmen ausländischer Geheimdienste in der XXIII. und XXIV. GP auf aktive und ehemalige Mitglieder des Nationalrates besitzen.

Untersuchungsauftrag:
Der Untersuchungsausschuss soll durch die Anwendung aller in der VO-UA vorgesehenen Instrumente zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere durch die Vorlage von Akten der Bundesministerien für Inneres und Justiz sowie von Akten der Justizbehörden sowie durch die Anhörung von Auskunftspersonen, die den Gegenstand der Untersuchung bildenden Umstände ermitteln.

Gemäß § 33 verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte.

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