Geheimberichte

USA "extrem enttäuscht" von Österreich

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Faymann und Darabos wird geringes Interesse an Außenpolitik attestiert.

US-Diplomaten zeichnen in Geheimberichten ein wenig schmeichelhaftes Bild von Österreich und seiner Regierungspolitik. Bundeskanzler Werner Faymann (S) und Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) attestieren sie mangelndes Interesse an Außenpolitik, während Außenminister Michael Spindelegger (V) sich weitgehend auf die Förderung von Wirtschaftsinteressen konzentriere, berichtet "Der Spiegel". Die Diplomaten äußern sich mehrfach "frustriert", "extrem enttäuscht" und "besorgt" über ihre österreichischen Ansprechpartner.

Im Bundeskanzleramt pocht man auf die Souveränität Österreichs. "Ein neutraler Staat wie Österreich trifft seine Entscheidungen souverän", betonte ein Sprecher von Bundeskanzler Werner Faymann. Der Sprecher wollte keinen Kommentar zu den vom "Spiegel" kolportierten Diplomatenberichten abgeben, da diese noch nicht im Originaltext vorliegen. Es dürfte sich aber um "Einzelmeinungen von Diplomaten handeln".

Darabos fordert Klarstellung
Darabos (S) lässt die Kritik an seiner Person nicht auf sich sitzen. "Wir erwarten uns eine Klarstellung des (US-amerikanischen) Botschafters", sagte Darabos-Sprecher Stefan Hirsch. Der Minister sei nämlich "sehr überrascht und verwundert" über die Kritik, die "nicht Ausdruck eines hohen politischen Verständnisses ist". Anders als behauptet seien nämlich internationale Militäreinsätze für Darabos "sehr wichtig".

Kritik
Insgesamt bescheinigen die US-Diplomaten ihrem Gastland eine "Kluft zwischen dem Bild, das Österreich sich selbst von seiner Rolle in der Welt macht, und seiner tatsächlichen, zunehmend bescheidenen Leistung". Über den Kanzler schreiben sie: "Es ist klargeworden, dass Faymann kein persönliches Interesse an Außenpolitik hat." Außenminister Spindelegger sei "weitgehend darauf konzentriert, das Vordringen der österreichischen Wirtschaft" zu befördern. Und Verteidigungsminister Norbert Darabos sei nicht nur "uninteressiert an Außen- und internationaler Sicherheitspolitik", sondern dazu noch "offen ablehnend gegenüber Plänen, österreichische Truppen auf gefährliche Einsätze ins Ausland zu schicken".

Mehrere Konfliktfelder
Die US-Depeschen offenbaren gleich mehrere Konfliktfelder, etwa die Weigerung Österreich zur Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen oder die Geschäftsbeziehungen österreichischer Unternehmen zum Iran und Nordkorea. Immer wieder kritisiert werden der Energiekonzern OMV, Waffenhersteller Steyr-Mannlicher und die Raiffeisenbank.

Laut dem "Spiegel" mussten sich zwei Raiffeisen-Manager im Jahr 2006 wegen der Treuhänderschaft für ein korruptionsumwittertes Gasgeschäft des russisch-ukrainischen Joint Ventures RosUkrEnergo vor US-Diplomaten verantworten. Die Manager hätten angegeben, dass die damaligen Präsidenten Wladimir Putin und Viktor Juschtschenko Kenntnis von allen Einzelheiten des Deals hatten. Der US-Botschafter kritisierte die Rolle der Österreicher in dem Geschäft. "Es fällt schwer, nicht zu vermuten, dass die Treuhänderschaft nicht einfach ein Feigenblatt ist für ein unappetitliches Arrangement."

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